Stolz und Vorurteil - Vollständige Ausgabe (German Edition)
oder das andere oder auch alle Häuser gekauft haben, wollen wir uns über eins ganz klar werden: zu einem Haus in dieser Nachbarschaft sollen die beiden niemals Zutritt haben. Ich will sie nicht noch für ihren dummen Streich belohnen, indem ich sie hier auf Longbourn aufnehme!«
Eine lange Auseinandersetzung folgte dieser Kriegserklärung; ein Wort gab das andere, und Mrs. Bennet mußte zu ihrem Entsetzen erfahren, daß ihr Mann auch nicht ein einziges Pfund für Lydias neue Kleider zu stiften gedachte. Er schwor, daß er zu der Hochzeitsfeier nichts beitragen werde, was Lydia als Zeichen seiner Freude auffassen könne. Mrs. Bennet glaubte ihren Ohren nicht zu trauen. Daß sein Zorn so weit gehen sollte, seiner Tochter das einzige zu verweigern, was einer Hochzeit erst den eigentlichen Sinn verlieh, ging einfach über ihren Verstand. Die Schande, die ein allzu geringer Kleideraufwand für die Hochzeit ihres Kindes mit sich bringen mußte, erschien ihr furchtbar, während sie ein Schamgefühl über alles Vorangegangene gar nicht kannte.
Elisabeth tat es jetzt von Herzen leid, daß sie sich damals in ihrer Aufregung dazu hatte hinreißen lassen, Darcy ihre Befürchtungen wegen ihrer Schwester mitzuteilen. Nun, wo der bedauerliche Seitensprung mit einer ordnungsgemäßen Heirat enden sollte, durfte sie ja hoffen, die Hintergründe würden allen verborgen bleiben, die nicht unmittelbar in die Angelegenheit verwickelt waren.
Sie fürchtete nicht, daß Darcy weitererzählen würde, was sie ihm anvertraut hatte, gab es doch keinen Menschen, den sie ihres Vertrauens für würdiger erachtet hätte; andererseits gab es auch niemanden, dessen Mitwisserschaft ihr jetzt unangenehmer gewesen wäre. Nicht weil sie annahm, daß sie selbst dadurch berührt werden könnte, denn zwischen ihnen schien ja sowieso eine unüberbrückbare Kluft zu liegen. Selbst wenn Lydias Heirat in aller Ordnung und Ehrbarkeit zustande gekommen wäre, war es ihr erst recht höchst unwahrscheinlich, daß Darcy sich mit einer Familie hätte verbinden mögen, die zu allem anderen nun auch noch in engste verwandtschaftliche Beziehung zu dem Mann trat, den er mit Recht aufs tiefste verachtete.
Elisabeth ergab sich voll Trauer in das Unvermeidliche; sie bereute etwas, sie wußte nur nicht recht was. Sie hätte jetzt, wo sie nichts mehr von ihm zu hoffen hatte, um seine Achtung betteln mögen. Sie sehnte sich nach einem Wort von ihm, obwohl doch gar keine Aussicht mehr bestand, das zu hören, was sie am liebsten von ihm gehört hätte. Sie wußte jetzt, daß sie mit ihm hätte glücklich werden können; aber was half ihr das — alles sprach dagegen, daß sie ihn überhaupt jemals auch nur wiedersehen würde. Wie würde er triumphieren, dachte sie bisweilen, wenn er wüßte, daß der Antrag, den sie vor kaum vier Monaten so verächtlich abgewiesen hatte, jetzt mit aller Dankbarkeit und Liebe erhört werden würde!
Sie fing jetzt an zu verstehen, daß er gerade der Mann war, der nach Charakter und Veranlagung am besten zu ihr gepaßt hätte. So sehr sie sich auch beide in ihrem Temperament und ihrer ganzen Wesensart voneinander unterschieden, so sehr hätten sie sich auch ergänzt. Es wäre eine Verbindung geworden, die beiden Gewinn gebracht hätte: ihre leichte und natürliche Art hätte seine Strenge gemildert, seine Ecken und Kanten abgeschliffen, und sie hätte von seiner Bildung, Einsicht und Lebenserfahrenheit den größten Gewinn ziehen können.
Aber so, wie die Dinge jetzt lagen, würden sie niemals den Leuten zeigen dürfen, wie eine wirklich glückliche Ehe aussieht. Eine andere Ehe, auf einer ganz anderen Grundlage aufgebaut, würde nun bald in ihrer Familie geschlossen werden und jede Hoffnung für sie zunichte machen.
Wie Wickham und Lydia jemals einigermaßen ohne Geldsorgen würden leben können, wußte sie nicht. Aber sie konnte sich leicht vorstellen, wie wenig Glück für ein Paar zu erwarten war, das nur zueinander gefunden hatte, weil triebhafte Leidenschaft über die Tugend den Sieg davontrug.
Mr. Gardiner schrieb seinem Schwager bald wieder. Er berührte nur kurz die Dankesschuld, von der Mr. Bennet geschrieben hatte, indem er versicherte, daß das Wohlergehen seiner Familie ihm jetzt ebensosehr wie früher am Herzen liege, und indem er bat, niemals wieder von diesen Dingen zu ihm zu sprechen. Der Hauptteil seines Briefes berichtete, Wickham sei entschlossen, sein Regiment zu verlassen.
›Es war mein Wunsch, daß er diesen
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