Stolz und Vorurteil - Vollständige Ausgabe (German Edition)
Schritt unternahm, seitdem die Heirat feststand. Ich denke, Du wirst mir beistimmen, daß es für ihn wie für Lydia das beste sein wird, wenn sie von seinen früheren Freunden fortkommen. Wickham möchte in ein anderes Regiment eintreten, und er hat noch einige Bekannte, die ihm dabei behilflich sein wollen. Man hat ihm bereits ein Offizierspatent in einem Regiment, das jetzt im Norden steht, versprochen. Ein großer Vorteil, daß das so weit von hier entfernt ist. Ich habe die Hoffnung, daß sie beide unter fremden Menschen etwas mehr auf ihren Ruf achten und sich ein wenig zusammennehmen werden. Ich habe an Oberst Forster geschrieben, ihn von unseren bisherigen Abmachungen unterrichtet und ihn gebeten, die verschiedenen Gläubiger in Brighton mit dem Versprechen baldiger Bezahlung zu beruhigen. Bitte, nimm Dir doch die Mühe und tue dasselbe in Meryton; ich füge eine Liste seiner dortigen Gläubiger bei, die ich nach seinen Angaben angefertigt habe. Der Anwalt hat Anweisung erhalten, und ich denke, daß in einer Woche alles bereinigt und erledigt sein wird. Die beiden werden dann unverzüglich nach dem Norden fahren, falls sie nicht vorher noch nach Longbourn eingeladen werden. Meine Frau sagt mir, daß Lydia sich sehr danach sehnt, euch alle noch einmal zu sehen, bevor sie den Süden verläßt. Es geht ihr gut, und sie bittet, ihren Vater und ihre Mutter zu grüßen.
Dein E. G.‹
Mr. Bennet und seine ältesten Töchter erkannten den Vorteil, der in Wickhams Ausscheiden aus seinem alten Regiment lag, so klar wie Mr. Gardiner. Nur Mrs. Bennet wollte es gar nicht gefallen, daß Lydia nach dem Norden ziehen sollte, ›weil sie sich doch so auf die Gesellschaft ihrer verheirateten Tochter gefreut hatte — denn sie hatte den Plan, daß Wickham ein Haus in der Nähe kaufen sollte, durchaus nicht aufgegeben. Und außerdem war es doch zu schade, daß Lydia ein Regiment verlassen mußte, in dem sie so viele gute Bekannte hatte, so viele wirklich gute Freunde.‹
»Sie hat Mrs. Forster so gern«, sagte sie, »es ist grausam, sie von ihr zu trennen! Und da sind doch auch ein paar von den jüngeren Offizieren, die sie immer so gern mochte. Vielleicht sind die Offiziere in dem neuen Regiment gar nicht so nett!«
Die Bitte seiner Tochter — denn so faßte Mr. Bennet den Satz in dem Brief seines Schwagers auf —, noch einmal nach Longbourn kommen zu dürfen, stieß zunächst auf energischen Widerstand bei ihm. Aber Jane und Elisabeth, die es für den Ruf ihrer Schwester für unerläßlich hielten, daß sie nach ihrer Heirat von ihren Eltern wieder aufgenommen wurde, baten ihn so eindringlich und wußten so vernünftige Gründe für ihre Bitte anzugeben, daß er sich schließlich überreden ließ, ihrem Rat zu folgen und das Paar doch in sein Haus einzuladen. Mrs. Bennet sollte also wenigstens die Genugtuung haben, sich mit ihrer verheirateten Tochter vor den Nachbarn zeigen zu können, bevor Lydia nach dem Norden verbannt wurde. .
So schrieb denn Mr. Bennet seinem Schwager seine Einwilligung, und es wurde ausgemacht, daß die beiden Sünder nach der Trauung nach Longbourn kommen sollten. Elisabeth wunderte sich, daß Wickham sich damit einverstanden erklärte; wenn sie an seiner Stelle gewesen wäre, wäre eine Begegnung mit der Familie das letzte gewesen, was sie sich gewünscht hätte.
51. KAPITEL
D er Hochzeitstag ihrer Schwester war herangekommen, und Jane und Elisabeth empfanden ein Mitleid mit ihr, das Lydia selbst wahrscheinlich für höchst überflüssig gehalten hätte. Der Wagen wurde dem Paar entgegengeschickt und sollte mittags mit ihnen eintreffen. Die beiden älteren Schwestern sahen der Begegnung mit recht gemischten Gefühlen entgegen. Besonders Jane, die bei Lydia dieselben Empfindungen vermutete, die sie gehegt haben würde, wenn sie die Schuldige gewesen wäre, vermutete wunder was für Seelenqualen bei ihrer Schwester.
Endlich war es so weit. Die Familie hatte sich im Frühstückszimmer versammelt, um sie zu empfangen. Mrs. Bennet strahlte übers ganze Gesicht, als der Wagen vorfuhr; ihr Mann sah undurchdringlich ernst aus, ihre Töchter besorgt, ängstlich und aufgeregt.
Lydias Stimme erklang in der Halle. Die Tür wurde aufgerissen, und sie stürmte herein. Mrs. Bennet eilte auf sie zu und bewillkommnete sie mit überströmender Freude, gab darauf Wickham mit dem liebenswürdigsten Lächeln der Welt die Hand und wünschte beiden in einer Weise Glück, die deutlich zeigte, daß sie an diesem
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