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Stolz und Vorurteil - Vollständige Ausgabe (German Edition)

Stolz und Vorurteil - Vollständige Ausgabe (German Edition)

Titel: Stolz und Vorurteil - Vollständige Ausgabe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Austen
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er sich in der Gegenwart ihrer Mutter nicht so ungezwungen, wie er es in der Gesellschaft ihrer Tante und ihres Onkels hatte sein können.
    Bingley sah zugleich erfreut und verlegen aus. Mrs. Bennet empfing ihn mit einer so überschwenglichen Herzlichkeit, daß ihre beiden ältesten Töchter sich für sie schämen mußten, zumal die förmlich kühle Begrüßung, die sie seinem Freund zuteil werden ließ, sich allzu deutlich davon abhob.
    Darcy fragte Elisabeth, wie es Mr. und Mrs. Gardiner ginge — eine Frage, auf die sie nicht ohne Verwirrung antworten konnte —, und danach verstummte er fast gänzlich. Das mochte seinen Grund auch darin haben, daß er nicht neben ihr saß. In Derbyshire war es allerdings nicht so gewesen: dort hatte er sich, wenn er nicht mit ihr sprechen konnte, angeregt mit ihren Verwandten unterhalten. Aber jetzt verstrichen viele Minuten, bevor man seine Stimme zu hören bekam; und wenn Elisabeth, außerstande, ihrer Neugierde zu widerstehen, gelegentlich zu ihm aufblickte, bemerkte sie, daß er ebenso oft wie sie selbst Jane ansah und sich im übrigen für nichts anderes als für den Fußboden zu interessieren schien. Zweifellos war er heute viel nachdenklicher gestimmt und viel weniger darum bemüht, ihr zu gefallen, als bei ihrem letzten Zusammensein. Sie fühlte sich enttäuscht und ärgerte sich, daß sie es war.
    »Was konnte ich denn anderes erwarten?« dachte sie. »Aber warum ist er dann nur gekommen?«
    Sie war keineswegs in der Stimmung, sich mit jemand anderem als Darcy zu unterhalten, aber ihn anzureden, dazu fehlte ihr der Mut.
    Sie fragte wohl nach seiner Schwester, aber dann schwieg sie wieder.
    »Es ist sehr lange her, seitdem Sie uns verlassen haben, Mr. Bingley«, sagte Mrs. Bennet.
    Bingley nickte.
    »Ich hatte schon Angst, Sie würden überhaupt nicht wieder zurückkommen. Die Leute hier behaupteten, Sie hätten Netherfield für immer den Rücken gekehrt, aber ich hoffte immer, daß es nicht stimmen möchte. Seit dem vorigen Herbst hat sich ja hier so manches verändert: Miss Lucas ist Mrs. Collins geworden und wohnt jetzt in Kent; und meine jüngste Tochter hat auch geheiratet. Ich nehme an, Sie haben davon gehört; Sie müssen es ja in den Zeitungen gelesen haben. Die Anzeige stand in der ›Times‹ und im ›Courier‹, aber sie war leider nicht ordentlich abgefaßt; da stand nur ›George Wickham, Esq. und Miss Lydia Bennet geben sich die Ehre‹ und keine Silbe von ihrem Vater und dem Besitz, auf dem wir leben! Mein Bruder Gardiner ist schuld daran; ich weiß gar nicht, was er sich dabei gedacht hat, das Ganze so zu verpatzen. Haben Sie die Anzeige gesehen?«
    Bingley erwiderte, ja, er habe sie gelesen, und brachte dann seine Glückwünsche vor. Elisabeth wagte nicht aufzusehen. Was für ein Gesicht Darcy in diesem Augenblick machte, konnte sie daher nicht wahrnehmen.
    »Es ist gewiß ein sehr schönes Gefühl, eine glücklich verheiratete Tochter zu haben«, fuhr Mrs. Bennet fort, »aber es ist auch hart, sie hergeben zu müssen. Sie sind nach Newcastle gezogen, das scheint irgendwo oben im Norden zu liegen, und ich weiß gar nicht, wie lange ich sie nicht wiedersehen werde. Sein neues Regiment steht dort. Gott sei Dank, ein paar gute Freunde hat er ja, obwohl nicht halb so viele, wie ein so reizender Mensch es verdiente.«
    Diese letzten Worte waren offenbar als Spitze gegen Darcy gerichtet und machten Elisabeth so verlegen, daß sie am liebsten davongelaufen wäre. Immerhin sah sie sich dadurch zum Reden veranlaßt. Sie fragte Bingley, ob er dieses Mal längere Zeit hierzubleiben gedenke.
    »Einige Wochen«, erwiderte er.
    »Wenn Sie auf Ihrem Besitz alles totgeschossen haben«, warf ihre Mutter ein, »dann kommen Sie doch bitte hierher und jagen Sie auf unserem Grund und Boden weiter. Ich weiß genau, daß mein Mann sich darüber nur freuen würde, und ich will ihm sagen, daß er die besten Plätze für Sie übrig läßt.«
    Soweit das überhaupt noch möglich war, nahmen Elisabeths Qualen bei dieser übertriebenen und unangebrachten Zuvorkommenheit ihrer Mutter noch zu. Aber sie konnte wenigstens bemerken, wie Janes Schönheit unter den Blicken Bingleys wieder aufzublühen begann. Anfangs hatte er nur wenig mit ihr gesprochen, aber mit jeder Minute schien sie seine Aufmerksamkeit mehr und mehr zu fesseln. Er fand sie so schön, so liebenswürdig und so natürlich wie immer, wenn auch etwas schweigsamer. Jane war ängstlich darauf bedacht, sich keinerlei

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