Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Stolz und Vorurteil - Vollständige Ausgabe (German Edition)

Stolz und Vorurteil - Vollständige Ausgabe (German Edition)

Titel: Stolz und Vorurteil - Vollständige Ausgabe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Austen
Vom Netzwerk:
Trost von ihr gewertet werden.
    Mrs. Bennet hatte insgeheim den Plan gefaßt, die beiden Herren von Netherfield, nachdem alle anderen gegangen waren, noch zu einem kleinen Abendimbiß dazubehalten; aber auch sie mußte sich enttäuschen lassen — der Wagen der beiden wurde schon weit früher als irgendein anderer angemeldet, und sie fand gar keine Gelegenheit mehr, ihre Einladung anzubringen.
    »Nun, Kinder«, sagte sie, sobald sie allein waren, »was habt ihr von dem Fest für einen Eindruck? Ich muß sagen, ich finde, alles war ganz ungewöhnlich gut gelungen. Das Essen war so vorzüglich und so hübsch angerichtet, wie es nirgendwo hätte besser sein können — die Hirschlende gerade richtig durchgebraten, und alle sagten, sie hätten noch nie ein so prächtiges Stück gesehen. Die Suppe war mindestens fünfzigmal besser als die, die wir neulich bei Mrs. Lucas bekamen; und sogar Mr. Darcy mußte zugeben, daß er noch nie so wohlschmeckend zubereitete Rebhühner gegessen habe, und der hat doch bestimmt zwei oder drei französische Küchenchefs. Und dich, meine liebe Jane, habe ich noch niemals blühender und schöner gesehen als heute abend. Sogar Mrs. Long sagte das, als ich sie um ihre Meinung fragte. Und was meinst du, was sie außerdem noch gesagt hat? ›Ich glaube, Mrs. Bennet, wir werden sie doch noch auf Netherfield sehen!‹ Das hat sie wörtlich so gesagt. Ich finde, diese Mrs. Long ist eine der nettesten Damen, die ich kenne, — und ihre Nichten sind so gut erzogen und so bemitleidenswert häßlich: ich hab’ die Mädchen wirklich außerordentlich gern!«
    Kurz, Mrs. Bennet war strahlender Laune; sie hatte genug von Bingleys Interesse für Jane gesehen, um die feste Überzeugung zu gewinnen, daß dieser Schwiegersohn ihr zu guter Letzt doch nicht entgehen werde; und in der gehobenen Stimmung, in der sie sich jetzt befand, ließ sie ihrer Phantasie so hemmungslos die Zügel schießen, daß sie aufrichtig enttäuscht war, als Bingley nicht schon am nächsten Tag kam, um bei ihrem Mann um Janes Hand anzuhalten.
    »Das war wirklich ein sehr netter Abend«, meinte Jane später zu Elisabeth, »die Leute paßten alle so gut zueinander. Hoffentlich kommen wir noch häufiger zusammen.«
    Elisabeth lächelte.
    »Lizzy, das darfst du nicht tun. Du mußte keine Hintergedanken haben. Ich versichere dir, ich habe gelernt, ihn als einen netten und unterhaltenden jungen Mann zu schätzen, ohne etwas anderes zu wünschen. Gerade aus seinem heutigen Benehmen mir gegenüber schließe ich, daß er niemals die Absicht gehabt haben kann, mich zu heiraten. Mein Irrtum von damals kam wohl daher, daß er ebenso unendlich viel liebenswürdiger zu mir war als alle anderen Männer, die ich kenne.«
    »Du bist sehr grausam«, erwiderte ihre Schwester, »einerseits verbietest du mir zu lachen, und gleichzeitig forderst du mich wieder dazu heraus.«
    »Wie schwer wird es einem doch manchmal gemacht, für glaubwürdig zu gelten!«
    »Und wie unmöglich ist es oft, zu glauben!«
    »Aber warum willst du mir einreden, daß ich mehr für ihn fühle, als ich zugeben will?«
    »Auf diese Frage kann ich dir leider keine Antwort geben, Jane. Es liegt nun einmal in der menschlichen Natur, alles besser wissen zu wollen als andere, aber beibringen können wir anderen leider nichts, was der Mühe wert ist. Doch verzeih’ mir! Und wenn du weiterhin gleichgültig zu bleiben gedenkst, dann mußt du es schon einen andern merken lassen!«

55. KAPITEL
    E inige Tage nach diesem Abend machte Bingley wieder einen Besuch auf Longbourn, dieses Mal allein. Darcy war an demselben Morgen nach London gefahren, wollte aber in etwa zehn Tagen wieder zurück sein. Bingley blieb ungefähr eine Stunde und war auffallend gut aufgelegt. Mrs. Bennet bat ihn, zum Essen dazubleiben; aber da er schon eine andere Verabredung hatte, mußte er zu seinem Bedauern auf die Einladung verzichten.
    »Aber wenn Sie das nächstemal wiederkommen«, sagte Mrs. Bennet, »werden wir hoffentlich mehr Glück haben.«
    Er werde sich zu jeder Zeit glücklich schätzen, versicherte er, und sie möge ihm doch gestatten, daß er schon bald wiederkommen dürfe.
    »Wie steht es denn mit morgen?«
    Ja, er hatte sich für morgen noch nichts vorgenommen, und so nahm er denn die Einladung gern an.
    Am nächsten Tag kam er also wieder, und zwar so überpünktlich, daß keine von den Damen fertig umgezogen war. Mrs. Bennet stürzte mit aufgelöstem Haar und nur mit einem Morgenrock bekleidet in

Weitere Kostenlose Bücher