Stolzes Herz und heiße Küsse (German Edition)
Ausdruck im Gesicht. „Aber Sie zittern ja. Wo haben Sie denn Ihren Morgenrock?“
Mrs. Burroughs holte das Kleidungsstück und legte es Juliet um die Schultern.
Juliet kuschelte sich in den warmen fliederfarbenen Morgenrock, während ihr ein neuer Gedanke kam: „Er hätte Papa erschießen können, tat es aber nicht. Warum nicht? Gibt er damit zu, dass er mit meiner Stiefmutter getändelt hat?“
Grimmig verzog Mrs. Burroughs das Gesicht. „Seine Gnaden ersparte Ihrem Herrn Papa eine böse Verletzung. Das heißt noch lange nicht, dass er irgendetwas zugibt. Nie würde er sich mit einer verheirateten Frau einlassen. Niemals.“
Die heftige Reaktion der älteren Frau überraschte Juliet. Anscheinend hatte Brabourne es ebenfalls verstanden, Loyalität zu wecken. Juliet verschluckte sich an der heißen Schokolade. „Ahh!“
Sofort vergaß Mrs. Burroughs ihren Zorn und zeigte sich fürsorglich. „Geht es Ihnen gut?“ Juliet nickte und wischte sich mit einer Hand die Tränen aus den Augen. „Sind Sie immer so stürmisch? Wenn ja, passen Sie beide wirklich gut zusammen.“
Darauf stellte Juliet ihre Tasse so heftig auf der Untertasse ab, dass der Kakao über den Rand schwappte. Entgeistert starrte sie die andere Frau an und fragte sich, ob ihr Gehör ebenfalls Schaden genommen hatte.
„Wovon um alles in der Welt reden Sie denn?“
„Sie sind auch genauso störrisch wie er.“
„Sprechen wir immer noch von Brabourne?“, fragte Juliet mit eisigem Unterton.
Mrs. Burroughs seufzte. „Sie mögen ihn nicht. Nun ja, verständlicherweise. Sein Ruf ist nicht besonders gut, er tut, was er will, und nach ihm die Sintflut. Arrogant ist er auch.“ Sie trat ans Bett und strich die Decke glatt, doch auch wenn sie Juliet den Rücken zukehrte, waren ihre Worte klar zu verstehen. „Er war noch jung, als er den Titel erbte. Viel zu jung. Und dann erlebte er eine Enttäuschung, die ihn verbittert und hart gemacht hat. Aber im Grunde seines Herzens ist er ein guter, ehrbarer Mann.“ Wieder seufzte sie. „Er braucht nur die richtige Gelegenheit, bei der er es zeigen kann.“ Dann drehte sie sich um und fixierte Juliet mit ihren leuchtenden braunen Augen. „Diese Gelegenheit sind Sie.“
Juliet riss die Augen auf und zuckte vor der Kraft zurück, die sich in den Worten und im Blick der Haushälterin offenbarte. „Ich? Sind Sie verrückt geworden?“
„Nein.“ Sie beugte sich zu Juliet hinab. Ihr Gesicht war ernst und ihre Stimme so leise, dass Juliet sich anstrengen musste, um sie zu verstehen. „Wir haben versucht, Ihre Anwesenheit im Haus Seiner Gnaden zu verheimlichen. Wir haben alles getan, was uns nur eingefallen ist, doch irgendwie ist es durchgesickert. Wir haben uns für Ihre Familie eine Geschichte ausgedacht, und wir werden dabei bleiben, doch binnen Kurzem wird man in der Gesellschaft darüber munkeln, wo Sie sich wirklich aufgehalten haben.“
Juliet zog den Morgenrock noch enger um ihre Schultern, dankbar für seine Wärme, da sie nun eine eiskalte Vorahnung beschlich. „Ich bin ruiniert.“
Mrs. Burroughs nickte, und die harte Linie um ihren Mund wurde vom Mitgefühl gemildert. „Seine Gnaden muss Sie heiraten, wie er bald erkennen wird.“
Juliet starrte ins Leere, achtete gar nicht auf Mrs. Burroughs. „Ruiniert – und dabei bin ich noch gar nicht in die Gesellschaft eingeführt. Ich werde nie bei Almack’s tanzen, werde nie einen Debütball haben. All die Sachen, die mir entgangen sind, weil Papa auf dem Land so viel zu tun hatte, und dann ist Mama krank geworden.“
„Seine Gnaden wird dafür sorgen, dass das alles nachgeholt wird.“
„Nun ja“, sagte Juliet, noch immer ganz in ihren eigenen Überlegungen gefangen, „ich brauche diese Dinge ja auch gar nicht.“ Sie hob das Kinn und straffte die Schultern. „Lauter unbedeutende und nutzlose Kinkerlitzchen. Ich werde mir die kulturellen Sehenswürdigkeiten Londons anschauen und dann nach Wood Hall zurückkehren. Dort gehöre ich hin.“
„Wir werden sehen, wir werden sehen“, murmelte Mrs. Burroughs. „Und jetzt seien Sie ein braves Mädchen und essen den Toast auf und trinken Ihre Schokolade bis auf den letzten Tropfen. Sie müssen darauf achten, dass Sie wieder zu Kräften kommen.“
Gehorsam beendete Juliet ihre Mahlzeit. Danach tupfte sie sich anmutig den Mund ab und neigte den Kopf, damit sie die andere Frau besser sehen konnte. „Was nun den Duke betrifft, so können Sie Ihren verrückten Plan vergessen. Einen Mann wie
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