Stolzes Herz und heiße Küsse (German Edition)
ihn werde ich nie heiraten.“
Mrs. Burroughs öffnete schon den Mund, doch bevor sie ihre Meinung kundtun konnte, flog die Tür auf. Lady Smythe-Clyde stürmte herein. Ihr blondes Haar lockte sich um ihr zierliches Gesicht, und an ihre schmale Gestalt schmiegte sich ein weißes Mußelinkleid mit hoher Taille. Juliet konnte verstehen, warum ihr Papa sie geheiratet hatte.
Lady Smythe-Clyde streckte ihr die Faust entgegen, in der sie ein zerknülltes Papier umklammerte. „Siehst du das? Ein Brief an deinen Vater. Von der Duchess of Richmond. Sie sagt, es tue ihr wirklich leid, aber sie müsse die Einladung zu ihrem Ball rückgängig machen.“ Ihr helles Gesicht war vor Zorn rot gefleckt. „Wegen dir. Dir. Hörst du?“ Ihre Stimme wurde immer schriller.
„Ich könnte mir vorstellen, dass dich das ganze Haus hört, Emily“, sagte Juliet trocken. Sie redete ihre Stiefmutter mit Vornamen an, da sie das Wort Mutter nicht über die Lippen brachte. „Sie können gehen“, fügte sie, an Mrs.
Burroughs gewandt, hinzu. „Und vielen Dank.“
Die Haushälterin eilte hinaus.
„All meine Anstrengungen. All meine sorgfältigen Pläne – zunichte gemacht“, schäumte Emily, wütend auf und ab gehend.
„Ich weiß, dass das nach deinen Bemühungen, mich in die Gesellschaft einzuführen, eine große Enttäuschung für dich ist.“ Juliet brachte es fertig, einen mitfühlenden Ton anzuschlagen, obwohl ihr vollkommen bewusst war, dass ihre Stiefmutter sie nur benutzt hatte, um selbst Zugang zum ton zu finden.
Emily blieb abrupt stehen und verzog ihren sonst so hübschen Mund zu einem hässlichen Ausdruck der Verachtung. „Hören wir doch auf mit diesen Spielchen, Juliet, denn ich habe es überaus satt. Dein Debüt sollte gleichzeitig auch meine Einführung in die Gesellschaft sein, doch nach deinem übel beratenen Aufenthalt im Haus des Duke of Brabourne hast du alles zunichte gemacht, wofür ich so hart gearbeitet habe.“
Juliet konnte sich gerade noch davon abhalten, vor Schreck zusammenzuzucken. Woher wusste Emily Bescheid? Die Gerüchte konnten sie doch sicher noch nicht erreicht haben!
„Wie kannst du so etwas sagen? Ich war bei meiner alten Kinderfrau.“
Spöttisch verzog Emily den Mund. „Heb dir das Geschwätz für andere auf. Ich kenne die Wahrheit.“
Juliet musterte ihre Stiefmutter, sagte aber nichts, sondern wartete ab. Manchmal gelang es ihr, einfach gar nicht zu reagieren. Nicht oft, aber manchmal doch.
„O ja.“ Emily trat an den Kamin und warf den Brief ins Feuer. „Tatsächlich war ich es, die dein kleines Geheimnis unter die Leute gebracht hat.“
Juliet keuchte auf. All ihre kostbare Selbstbeherrschung war ihr abhanden gekommen. „Du? Warum nur? Wenn ich ruiniert bin, sind doch all deine Bemühungen um die vornehme Gesellschaft vergebens.“
Die Augen ihrer Stiefmutter nahmen einen grausamen Glanz an. „Ich habe aus einer üblen Lage noch das Beste gemacht. Früher oder später wäre es ohnehin herausgekommen, ich habe die Enthüllung nur beschleunigt.“
Das klang nicht besonders logisch. Juliet fragte sich, ob sie wohl immer noch an den Folgen der Laudanumgaben litt. Vielleicht war sie einfach erschöpft. „Das verstehe ich nicht.“
Voll Verachtung musterte Emily sie. „Nein, natürlich nicht. Unsere Miss Tugendhaft. Tut immer nur das, was für ihren Papa das Beste ist, alles andere ist ihr egal.“
Juliet verschlug es den Atem. Sie wusste, dass ihre Stiefmutter sie nicht mochte, sie mochte sie ja auch nicht, doch lag in der Bemerkung weitaus mehr Gehässigkeit, als sie erwartet hätte. Sie platzte heraus: „Jemand muss sich ja um Papa kümmern, nachdem du es ganz offensichtlich nicht tust.“
Das glockenhelle Gelächter erfüllte den Raum. „Ich hab ihn nicht geheiratet, um mich um ihn zu kümmern. Ich habe ihn wegen seiner Stellung geheiratet und damit ich versorgt bin.“
Juliet sah rot. Diese Frau hatte Papa aus purem Eigennutz geheiratet. Nicht dass sie je daran gezweifelt hätte, aber … aber irgendwo hatte sie doch immer gehofft, sie könnte sich irren.
„Wenn es dir nur um eine hohe Stellung ging und dass du versorgt bist, warum hast du dann nicht gleich einen Mann wie Brabourne geheiratet, statt nur mit ihm zu tändeln? Dann wären wir anderen jetzt wenigstens nicht in so einer scheußlichen Lage.“
Emily lachte blechern, was sich von ihrem üblichen glockenhellen Getriller so unterschied wie die Nacht vom Tag. „Glaubst du etwa, ich hätte es nicht
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