Stolzes Herz und heiße Küsse (German Edition)
täglichen Ausritt aufmachte, würde Juliet in den Keller zurückkehren und aufräumen. Das tat sie schon, seit sie ein kleines Mädchen war, und er hatte es nie bemerkt. Sie achtete sorgfältig darauf, alles an seinen Platz zurückzustellen, doch gelang es ihr immer, abzustauben und kaputte Teile aufzusammeln.
„Wenn du schon mal da bist – was höre ich da, man hat dich ins Carlton House eingeladen? Der Prinzregent kennt eine Menge verwegener Draufgänger; mir ist nicht besonders lieb, dass du dich in diesem Kreis bewegst. Brabourne ist einer seiner speziellen Kumpane.“
Das überraschte sie. Normalerweise kümmerte er sich nicht darum, mit wem sie zusammentraf. Seiner Frage nach zu urteilen, war ihm offensichtlich nicht bewusst, dass sie mittlerweile im gesellschaftlichen Abseits stand.
„Das ist schon in Ordnung, Papa. Stiefmama hat sich bereit erklärt, mich zu begleiten. Bestimmt nimmst du nicht an, mir könnte dort etwas Anstößiges geschehen, wenn sie dabei ist, um mich zu behüten?“
„Ah ja.“ Er tätschelte ihr die Hand. Seine Gedanken schweiften schon wieder ab zu seinen Experimenten, sein Blick richtete sich erneut auf die Volta-Säule. „Wunderbar, wunderbar. Dann habe ich mehr Zeit für mich und meine Arbeit.“
Juliet schlüpfte davon. Ihr Papa hatte bereits vergessen, dass sie im Raum war. Angesichts seines mangelnden Interesses an ihr wurde ihr ein wenig schwer ums Herz, doch sie verdrängte das Gefühl. Papa war schon immer so gewesen und würde sich auch nicht mehr ändern. Sie musste es einfach akzeptieren, dass er derjenige war, um den man sich kümmern musste. Trotzdem, raunte eine leise Stimme, wäre es nett, wenn er sich ab und zu einmal mit ihr über das unterhielt, was sie so machte.
Der Abend der Dinnerparty im Carlton House war herangerückt, bevor Juliet sich dessen bewusst war. Sie trug ein einfaches rosa Kleid mit hoher Taille, die mit silbernen Bändern gefasst war. Im Haar trug sie ein dazu passendes Sträußchen Rosen mit Bändern. An ihrer schlanken Kehle schimmerten Perlen, und an den Ohrläppchen hingen tropfenförmige Perlohrringe. Lange weiße Abendhandschuhe vervollständigten ihre Garderobe.
Ihre Zofe – Mrs. Burroughs war inzwischen nach Hause zurückgekehrt – reichte ihr ein silbriges Gazetuch. Vor dem Wetter würde es sie nicht schützen, aber es war eine reizende Ergänzung. Juliet dankte mit einem Lächeln und ging hinunter in die Eingangshalle, um auf Emily zu warten.
Ihre Stiefmutter kam über eine halbe Stunde zu spät. Juliet nutzte die Zeit, indem sie sich ein Buch aus der Bibliothek holte und las.
Emily sah einfach umwerfend aus: Ihre kindliche Gestalt wurde von einem gewagt geschnittenen Gewand aus königsblauer Seide vorteilhaft zur Geltung gebracht. Das Kleid war in keiner Weise aufgeputzt. Das war auch nicht nötig: Das mehrreihige Collier aus Diamanten und Saphiren wäre einer Königin würdig gewesen. Ergänzt wurde der Halsschmuck von den passenden Ohrringen, an den Handgelenken reihten sich Armreifen, von denen jeder einzelne kostbar genug war, um mehrere Familien bis ans Ende ihrer Tage zu versorgen. Trotz der Juwelenpracht umgab sie der Anschein von Unschuld – doch Juliet wusste, dass dieser Schein trog.
„Da bist du ja, Juliet“, sagte Emily, als hätte die Stieftochter sie warten lassen. „Wir müssen uns beeilen. Ich bin sicher, dass es ein fürchterliches Gedränge geben wird.“
Juliet hätte beinah mit den Augen gerollt. Diese Frau war so erpicht auf die Dinnerparty, und doch tat sie so, als wäre es ihr zuwider.
Sie stiegen in die Kutsche und fuhren schweigend an ihr Ziel. Dort angekommen, wurden sie in eine der üppigsten und überladensten Residenzen der Welt geführt. Überall sah man Kerzen und Leuchter, Nischen und Winkel waren mit kostbaren Kunstgegenständen geschmückt. Alles, was sich nicht bewegte, war vergoldet. Der Glanz blendete Juliet so sehr, dass sie wie gebannt verharrte.
Auch der Lakai hielt inne, als wäre er es gewohnt, dass die Gäste von der Pracht überwältigt wurden. Emily hingegen ging einfach durch die Eingangshalle und in den Salon, ohne sich nach Juliet umzusehen.
Immer mehr Leute kamen herein, von denen manche im Vorübergehen auf Juliet starrten. Viele ignorierten sie jedoch in ihrer Hast, die eigentliche Szene zu betreten.
„Sie sollten sich blasiert geben“, ertönte eine nur zu vertraute Stimme. „Auch wenn Prinny entzückt sein wird über Ihre Reaktion. Nichts mag er lieber, als
Weitere Kostenlose Bücher