Stonehenge
ihr die Augen zu.
Sie stand mit Tana im großen Ratssaal. Es war kühl, die Tür stand weit offen und der Wind blies hinein. Sie übte gerade mit Tana. Sie ließ den langen Ratstisch in der Luft schweben.
Plötzlich waren sie nicht mehr alleine. Vier Graue stürmten in den Saal und stürzten sich auf Tana. Sie konnte sich nicht wehren und wurde überwältigt. Ein fünfter Grauer trat durch die Tür. Lysan konnte sein Gesicht nicht erkennen, so sehr sie sich auch darauf konzentrierte.
„Wir werden euch alle vernichten. Ihr habt nicht die geringste Chance", hörte sie seine tiefe und doch jungenhafte Stimme sagen.
Dann zückte er ein Messer und schnitt Tana die Kehle durch. Lysan schrie vor Verzweiflung.
„Ly, Ly, wach auf! Ly, hörst du mich?" Lysan bemerkte, dass jemand sie an den Schultern gefasst hatte und schüttelte. „Ly, aufwachen!"
Lysan öffnete die Augen.
„Wieder ein Albtraum?" Eda nahm sie in die Arme und wiegte sie zur Beruhigung wie ein Baby.
„Alles ist gut. Hast du von Dendraks geträumt, du Arme?"
Lysan schüttelte den Kopf. „Diesmal waren keine Dendraks da. Diesmal haben uns die Grauen überfallen. Einer sagte, dass wir alle vernichtet werden. Und dann …"
„Schsch… alles ist gut. Es war nur ein Traum. Nur ein Traum."
Lysan schloss die Augen. Trotzdem kullerten Tränen ihre Wange hinunter.
„Rutsch rüber. Ich bleib heute Nacht bei dir. Es war wirklich nur ein Traum."
Eda legte sich zu ihr ins Bett und hielt sie weiter in den Armen.
Lysan war schrecklich müde, als es Zeit war, aufzustehen. Es kam ihr so vor, als wenn sie überhaupt nicht geschlafen hätte. Tiefe, dunkle Ringe lagen unter ihren Augen. Lustlos stocherte sie in ihrem Hirsebrei. Sie hatte keinen Appetit.
„Du solltest dich gleich noch etwas hinlegen", meinte Wulf, als er die übernächtige Lysan sah.
„Nein!", rief Lysan entsetzt aus. „Nicht schlafen. Dann kommen wieder die Albträume."
„Aber du musst schlafen. Eda kannst du ihr helfen? Es kann doch nicht jede Nacht so weitergehen."
„Ich werde es versuchen", antwortete Eda. „Komm Ly, versuch etwas Brei zu essen und dann geht’s ab ins Bett."
Lysan schob sich einen Löffel Hirsebrei in den Mund. Aber sie hatte das Gefühl, als ob ihr Mund immer voller würde. Sie brachte ihn einfach nicht hinunter.
„Ich kann nichts essen. Kannst du jetzt versuchen, die Träume zu verscheuchen?" Sie sah Eda bittend an.
„Sicher, Kind. Geh schon einmal vor in dein Zimmer. Ich komme gleich nach."
Als Lysan das Zimmer verlassen hatte, sah Wulf Eda an. „Glaubst du, die Albträume kommen nur von der Geschichte, die ich den Kindern erzählt habe?"
„Ich weiß es nicht. Wir werden sehen, ob ich ihr helfen kann. Ich hoffe es für das Kind. Sie ist ja völlig fertig."
Eda folgte Lysan in den Nebenraum. Ly hatte sich schon ins Bett gelegt. Eda deckte sie sorgfältig zu und setzte sich neben sie auf die Bettkante.
„Jetzt schließ die Augen. Denk an etwas Schönes. Denk daran, wie du im Sommer mit Wu im kleinen Teich geplanscht hast, wie ihr fangen gespielt habt. So ist es gut." Eda konzentrierte sich auf Lysan. Sie schickte ihr beruhigende Gedanken.
Schon bald merkte sie, dass Lysans Atem ruhiger und gleichmäßiger wurde. Lysan schlief.
Eda blieb noch einen Moment auf der Bettkante sitzen und beobachtete das entspannte Gesicht. Dann ging sie zurück zu den beiden Wulfs und Bent in die Küche.
„Sie schläft. Und sie ist ruhig. Vielleicht haben wir Glück und die Albträume kehren nicht zurück."
Lysan saß am Ufer des kleinen Teiches und ließ die Füße ins Wasser baumeln. Wu stand einige Meter entfernt im Wasser und versuchte mit der Hand Fische zu fangen. Immer wieder stieß seine Hand ins Wasser, immer wieder holte er sie enttäuscht zurück. Dann lachte er schelmisch, aber Ly wusste, was er vorhatte. „Nicht schummeln. Wir haben gesagt, keine Magie." Enttäuscht darüber, dass sie hinter seine Pläne gekommen war, verzog Wu das Gesicht. „Aber, die sind so glitschig. Die schlüpfen mir immer aus der Hand."
„Ach was, du bist einfach viel zu langsam, wie eine lahme Ente." Ly lachte.
Dann fiel ihr Blick auf den schmalen Schilfgürtel am anderen Ende des Teiches. Sie war sich ganz sicher, dass sich dort irgendetwas bewegt hatte. Lysan stand auf und umrundete den Teich.
„Wo willst du hin?", fragte Wu.
„Hier ist jemand. Ich hab hier etwas gesehen", antwortete sie ihm. Nun hatte sie den Schilfgürtel erreicht. Vor ihr stand ein Mann mit
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