STOP! (German Edition)
dass man kurz vorher bekommt, bevor es steil die Achterbahn hinunter geht. Ein G e fühl, das einen ganz schwindelig macht, man aufgeregt vor Freude ein bisschen zittert. Ich sah uns alle. Glücklich und froh vereint an einem kleinen Strand in Italien, so als ob uns die Welt gehöre.
Rums!
Ich schrecke zusammen. Der Rollladen an unserem Fenster klappert. Draußen hört man den Wind pfeifen, so als wolle er eine fröhliche Melodie spielen. Das Bild von uns Vieren ist verschwunden, ich sehe nur noch die kalten und nackten Fliesen an der Wand. Wieder hier. Schon steigen wieder Tränen in meine Augen und verschwimmen zu der Szene, wie Jan und die Kinder zusammen friedlich und harmonisch heute Abend auf der Couch hockten. Sie hatten mich im ersten Moment nicht gesehen und ich verschwand schnell hinter der Flurecke. Ich beobachtete sie noch eine Zeit lang, sie sahen so glücklich aus. Und ich? Ich stand in der Ecke und wurde mit jedem Moment, indem ich sie länger b e trachtete, unglücklicher. Ich kam von dem Cocktailabend mit den Mädels heim. Ich hatte sie ewig nicht gesehen. Es war wunderschön gewesen, ich hatte mich wohl in meiner Haut gefühlt.
Und jetzt? Der Frühling sollte anders aussehen, oder nicht? Hier stehe ich nun. Wie fehl am Platz, ein Puzzlestück, dass man unbedingt an eine Stelle haben will, dass aber nicht dorthin passt. Ich fühle mich weit weg, nicht in ihrer Nähe, nicht in ihrer Welt ...
Ich streiche mir die verschwitzten Haare aus dem Gesicht. Was soll ich bloß machen ...?
Juhu, unsere dritte gemeinsame Reise. Nachdem wir uns einen kleinen blauen VW-Bus gemietet haben, machen wir es uns allesamt lachend im Auto bequem. Julia wird uns fahren, sie ist von uns allen noch die Vernünftigste und die Ruhigste. Kathrin klettert zu Julia auf den Nebensitz und schiebt sich ihr sonnengelbes Kopfkissen in den Nacken. Mit ihrer weißen Sonnenbrille dreht sie sich zu uns: „Alles klar, Mädels? Können wir starten? Bella Italia wir kommen!“ Mit Eva auf der Rückbank grinse ich Kathrin an. Der Urlaub wird klasse werden. Wir sind eine tolle Truppe. Julia ist der Ruhepol, dank ihr werden wir wohl in Italien trotz des Verkehrschaos heil ankommen. Kathrin ist unser Sonnenschein und der Optimist. Für sie ist das Glas immer halb voll und nicht halb leer. Hat einer von uns schlechte Laune, Kathrin wird es richten. Eva ist wild und quirlig. Ihr verdanke ich, dass meine Füße nach einer langen Partynacht immer dermaßen anschwellen, ich nur noch flüstern kann und einen Kater habe. Jeder erfüllt so seine Rolle in unserer Truppe. Welche ich habe, weiß ich nicht so recht. Ich bin sozusagen die zusammengesetzte Version aus einer Julia, Eva und Kathrin.
Kathrin legt eine CD in den Player und dreht laut auf. Dancing Queen von Abba. Dabei kurbelt sie das Fenster auf und streckt ihre Füße heraus, natürlich sind die Zehennägel gelb lackiert, welche Frage. Eva schnappt sich meine Haa r bürste, hält sie sich vor den Mund und beginnt lauthals mitz u singen. Sogar Julia wippt leicht mit dem Kopf. Ich blicke lächelnd aus dem leicht geöffneten Fenster und sehe die Olivenhaine und Zypressen an mir vorbeizischen. Es ist warm und ich ziehe meine Weste aus. Die Sonne lacht uns von oben herab an.
Schließlich hält Julia vor einem kleinen Restaurant in einem kleinen, typisch italienischen Ort an. „Wir sind da!“ Alle strecken neugierig den Kopf aus den Fenstern. Von Weitem höre ich ein Pfeifen. Eva meint nur trocken: „Gut zu wissen, die Jungs sind nicht weit weg. Da hab ich ja dann noch andere Schlafmöglichkeiten.“ Typisch Eva. Aber ich glaub, dafür lieben wir sie alle. Kathrin ist schon aus dem Auto rausgesprungen, werkelt bereits am Kofferraum und wuchtet unsere Taschen heraus. „Julia, was hast du denn alles eingepackt? Wieder Bücher? Willst du eine Bibliothek e r öffnen?“ Kathrin grinst und umarmt direkt Julia, die ein Taschenbuch aus einem Seitenfach herausgenommen hat und es ihr gegen den Arm klatscht. So sind wir alle. Froh, frei und glücklich.
Unser Zimmer ist einfach eingerichtet. Vier Betten, mit leichten Laken bezogen, ein Schreibtisch, zwei kleine Schränke, Gemeinschaftsbad im Flur. Nichts Besonderes in einem kleinen Ort irgendwo in Italien. Aber dafür haben wir einen kleinen hübschen Balkon. Wir werfen unsere Taschen auf die Betten, lassen die Koffer einfach stehen und rennen auf den Balkon. „Das Meer! Das Meer!“ Obwohl wir alle schon mehrmals das Meer gesehen haben,
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