STOP! (German Edition)
sorge, dass ich demnächst mehr Geld verdiene. Wir werden bald zu viert sein, ich weiß schon jetzt manchmal nicht wirklich, wie wir über die Runden kommen sollen. Das wird mit noch einem Kind mit Sicherheit nicht besser.“ Ich versuchte an ihre Vernunft zu appellieren und hoffte, meinen Argumenten so Nachdruck verleihen zu können. „Es könnte genau die Chance sein, auf die wir seit Jahren warten mussten, die Möglichkeit, alles hier für uns zu ändern. Endlich könnten wir die Träume, die wir seit jeher hatten, in die Tat umsetzen! Versteh doch bitte, dafür ist das, was wir leisten müssen, nur ein ganz kleiner Preis. Im Nac h hinein wird es sich mehr als lohnen. Wir müssen nur diese kurze Zeit überstehen, danach wird alles besser werden. Von diesem Auftrag hängt so viel ab. Danach könnte ich endlich das machen, wofür ich seit jeher Journalist werden wollte.“ Sie lächelte ihn an, aber es war mehr der Blick, mit dem man Kinder anschaut, die noch nicht realisiert haben, dass sie einem unerfüllbaren Traum hinterherrennen.
„Mateus, ich bitte dich! Das ist nicht das erste Mal, dass du mir sowas erzählst. Ich kann mich leider nicht mehr für deine ganzen Visionen und Träume begeistern, dafür ist es zu spät, ich bin zu oft enttäuscht worden.“ Die Niede r geschlagenheit in ihren Augen unterstrich nur noch einmal die Wirkung ihrer Worte: „Damals mochte ich es, dass du noch Träume und Pläne hattest, von denen du mir immer vo r schwärmen konntest, so dass ich sie schon fast für vollendet hielt. Aber Mateus, zu oft hat es eben nicht geklappt, zu oft war es eben nicht die große Chance, von der du geträumt hast. Du hast immer noch nicht den Job deiner Träume, dem du seit wir uns kennen hinterher eiferst, und mir immer wieder ve r sprochen hast, dass es nur noch eine Frage der Zeit ist und du nur eine Chance brauchst, um dein Talent allen zu zeigen. Bitte, Mateus, hör endlich auf, in deiner Traumwelt zu leben, und fang an, mit deinem echten Leben klarzukommen.“
Ihr verzweifelter Blick traf mich fast noch härter, als die Worte, die sie an mich richtete. Vielleicht hatte sie recht, es lief nicht alles nach Plan, manchmal ganz im Gegenteil, aber das war doch bei anderen Leuten genauso. Wessen Leben ve r lief perfekt?
„Bitte, Leticia, versteh mich doch, das ist was anderes, diesmal ist es wirklich etwas anderes, vertrau mir doch!“ Meine Worte hatten nicht den gewünschten Erfolg, ihre R e aktion war nur ein weiteres müdes Lächeln. Ich merkte, dass ich auf verlorenem Posten stand, ich würde sie heute nicht mehr von meinem Plan überzeugen können. Das sah ich ein, aber ich würde mit Sicherheit nicht mehr von meinem En t schluss zurücktreten können. Unmöglich. Dafür war es bereits zu spät, ich hatte dem Chef schon meine Zusage gegeben. Für einen Rückzieher war es einfach zu spät, außerdem hatte ich auch gar nicht die Absicht, auf die Chance, exklusiv aus Europa zu berichten, zu verzichten. Das war wirklich all das, wovon jeder Reporter träumt.
Ich sah ein, dass ich diese Diskussion heute auf keinen Fall mehr gewinnen konnte: „Komm lass gut sein, ich werde es mir noch einmal überlegen“, schwindelte ich, denn ich war von meinem Entschluss inzwischen schon felsenfest übe r zeugt.
Leticia konnte ihren Unmut nicht gänzlich verbergen, vielleicht versuchte sie es auch einfach nicht, jedenfalls ve r zichtete sie auf weitere Diskussionen. Wohl auch, um den Abend nicht gänzlich zu verderben.
Meine Bemühungen, das Klima während des Aben d essens zu verbessern, waren nicht von Erfolg gekrönt. Das würde sich auch in den nächsten Tagen wohl nicht ändern lassen, sofern ich nicht von meinem Entschluss abrücken würde. Doch selbst Leticia erweckte nicht den Eindruck, dass sie noch ernsthaft daran glaubte; sie hatte wohl die Hoffnung auf einen Sinneswandel bei mir bereits aufgegeben.
In der Redaktion beschäftigte ich mich bereits an jedem kommenden Tag mehr mit der Reiseplanung, viel Zeit dafür blieb nicht, ich hatte die üblichen Artikel zu schreiben. Lan g weilige Spielberichte zweitklassiger Partien. Die Organisation der Reise nahm immer mehr Zeit in Anspruch, und ich arbeitete von Tag zu Tag länger im Büro, begann mich immer mehr in die Planung hineinzusteigern. Anstatt die Zeit, die mir noch bis zur Abreise blieb, mit meiner jungen Familie zu nutzen, wie ich es hatte tun wollen, widmete ich bereits jetzt einen Großteil meiner Energie der anstehenden Reportage.
Ich
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