Stop Me - Blutige Botschaft (German Edition)
im Fernsehen gesehen.” Sie hob den Telefonhörer ans Ohr und wählte die Nummer der Autovermietung. “Ihn zu stören ist ungefähr so, als würden Sie einen der Alligatoren anlocken, vor denen Sie solche Angst haben.”
Jasmine hielt es für klug, der Polizei von New Orleans am nächsten Morgen einen Besuch abzustatten. Sie wollte ihnen sagen, dass ihre Schwester vor sechzehn Jahren entführt worden war und dass Kimberlys Kidnapper sie möglicherweise nach Louisiana gebracht hatte. Außerdem wollte sie nach alten Fällen fragen. Vielleicht waren sie gerade an einer Sache dran, bei der sich eine Verbindung zu dem Mann, der ihr das Armband geschickt hatte, herstellen ließ.
Das Polizeirevier von Loyola war weiter vom Hotel entfernt als die Autovermietung, also holte Jasmine zuerst den Kleinwagen ab, den Mrs. Cabanis für sie reserviert hatte, und hielt dann auf ihrem Weg aus der Stadt hinaus beim Revier an. Doch ihr Besuch verlief nicht so, wie sie gehofft hatte: Huff hatte das Dezernat verlassen und war fortgezogen, nur wenige Monate, nachdem Fornier ins Gefängnis gekommen war. Und da es keine Hinweise darauf gab, dass der Mann, der ihr das Päckchen geschickt hatte, hier ein Verbrechen begangen haben könnte, zeigten die anderen Beamten kein großes Interesse an dem Fall.
Die beiden Polizisten, die sich ein paar Minuten Zeit nahmen, um mit ihr zu sprechen, versicherten ihr, dass es in den letzten paar Monaten keine Entführungen gegeben hätte. Ebenso wenig konnten sie sich an einen Fall erinnern, ob gelöst oder nicht, der Ähnlichkeiten zu Kimberlys aufwies. Sie versprachen, sich umzuhören und sich bei ihr zu melden, falls sie etwas hörten, das vielleicht von Belang sein könnte. Bevor Jasmine sich verabschiedete, schlug einer der Detectives bereits zum dritten Mal vor, dass sie sich mit der Polizei in Cleveland in Verbindung setzen und ihnen die Beweisstücke aushändigen solle. Als sie eingestand, dass sie das nicht vorhatte, hob er die Schultern und sagte: “Wollen Sie, dass Ihnen die Polizei hilft oder nicht?” Dann verschwanden beide, und Jasmine war sich ziemlich sicher, dass keiner von ihnen sich noch die Mühe machen würde, sich umzuhören. Ein ungelöster Fall in Cleveland interessierte sie nicht. Das Verschwinden von Jasmines Schwester war nicht ihr Problem.
Doch wenn der Bärtige tatsächlich in New Orleans lebte und die Nachricht, die sie erhalten hatte, irgendeine Bedeutung besaß, dann konnte sich das ganz schnell ändern.
Als sie gerade wieder im Mietwagen saß, klingelte ihr Handy. “Hallo?”
“Jaz? Wie läuft’s?” Es war Sheridan.
“Ganz gut, denke ich.”
“Hast du schon irgendetwas herausgefunden?”
Stirnrunzelnd schnallte Jasmine sich an und startete den Motor. “Eigentlich nicht.”
“Und was hast du jetzt vor?”
Sie schaltete das Radio aus, als Natalie und Nat King Cole “Stille Nacht” sangen. “Ich suche weiter.”
“Bleibst du etwa über Weihnachten in New Orleans?”
Einen Moment lang sehnte sich Jasmine danach, zurück nach Sacramento zu fliegen und so zu tun, als sei ihre Schwester nie entführt worden. Sie hatte sich im Westen ein gutes Leben aufgebaut. Ihr Leben unterschied sich von dem anderer Opfer – so fühlte es sich zumindest an: Sie hatte enge Freunde, ein Zuhause. Es war nicht nötig, dass sie riskierte, all ihre Fortschritte aufs Spiel zu setzen.
Aber sie konnte dieses Armband nicht ignorieren, konnte ihre Schwester nicht vergessen. Ihre einzige Hoffnung auf Frieden bestand darin, dass sie den bärtigen Mann aufspürte. Und dann …
Sie wollte nicht darüber nachdenken, was sie dann tun würde. Sie hatte Visionen, in denen sie eine Waffe zog, so wie Fornier es getan hatte.
“Ich glaube, ich bleibe”, sagte sie.
“Aber du kennst da keine Menschenseele. Mit wem willst du Weihnachten feiern?”
Jasmine dachte an all die Feiertage, die Kimberly weit weg von zu Hause verbracht hatte. Irgendwo. Der Gnade eines gefährlichen Mannes ausgeliefert. Oder in einem kalten Grab. Wie mochte ihr Leben aussehen? Hatte es länger gedauert als acht Jahre? “Das hier ist mir wichtiger als alles andere.”
Nachdem sie einen Blick auf die Wegbeschreibung geworfen hatte, die sie im Hotel ausgedruckt hatte, hielt sie nach der Interstate 10 in Richtung Westen Ausschau, der sie hundertfünfunddreißig Meilen bis Lafayette folgen musste. “Ich will meine Schwester zu Weihnachten nach Hause bringen.” Selbst wenn es nur Kimberlys Leiche war. Oder das
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