Stop Me - Blutige Botschaft (German Edition)
Verdächtigen; er war vor Adeles Schule gesehen worden. Die Anruferin gab an, Moreau habe an dem Abend, an dem Adele entführt worden war, etwas in eine Decke Gewickeltes in sein Haus getragen. Verständlicherweise versuchte Huff, so schnell wie möglich einen Durchsuchungsbefehl zu bekommen. Er rief den Richter an und erhielt die mündliche Zusage, doch er hätte noch bis zum nächsten Morgen warten müssen – so lange, bis die Anordnung zur Hausdurchsuchung unterschrieben war. Und das hatte er nicht getan.
Aus Angst, der Verdächtige könnte Beweise vernichten, hatte Huff die Durchsuchung sofort durchgeführt. Entsprechend konnte er, wie er es eigentlich hätte tun müssen, den richterlichen Beschluss nicht hinterlassen; er brachte ihn erst am folgenden Tag vorbei. Dass mit dem verspäteten Empfang etwas nicht stimmte, blieb unbeachtet, bis Moreaus Mutter im Prozess erwähnte, dass Huff noch einmal im Haus gewesen sei. Erst danach verlangte die Verteidigung, dass die Beweise, die bei der unrechtmäßigen Hausdurchsuchung entdeckt worden waren, vom Gericht nicht anerkannt wurden. Ohne diese Beweise hatte die Staatsanwaltschaft jedoch nichts mehr in der Hand. Und der Richter war gezwungen gewesen, das Verfahren einzustellen.
Es gab noch einen weiteren Artikel, der am Tag nach der Entdeckung von Adeles Leiche erschienen war. Vier Wochen nach ihrem Verschwinden hatte ein Spaziergänger das Kind entdeckt. Im Vorfeld dieses Artikels gab es weitere, die über die Suche informierten. Aus dem ersten Bericht, in dem Fornier erwähnt wurde, erfuhr Jasmine, dass der Mann aus einer Stadt namens Mamou stammte. Sie nahm an, dass sie in Louisiana lag, weil der Journalist keinen anderen Staat erwähnte. Sie erfuhr außerdem, dass er zum Aufklärungskorps der Marineinfanterie, kurz der Marines, gehört hatte und dass er nach seiner Entlassung aus der Armee nach New Orleans gezogen war. Er hatte eine Motorradwerkstatt aufgemacht, in der er eigenhändig erstklassige Maschinen zusammenschraubte. Als sei seine Geschichte nicht schon traurig genug, war er auch noch Witwer. Nur zwei Jahre, bevor seine Tochter verschwand, hatte er seine Frau Pamela verloren. Sie starb an Brustkrebs.
In Anbetracht von Forniers umfangreicher militärischer Ausbildung war es äußerst dumm von Moreau gewesen, ihn zu provozieren. Doch vermutlich hatte er gar nicht begriffen, mit was für einer Sorte Mann er es zu tun hatte. Sexualstraftäter dachten selten an etwas, das jenseits ihres eigenen Verlangens lag. Gut möglich, dass Moreau Adele gesehen hatte und an nichts anderes mehr gedacht hatte als daran, wie er sein Verlangen stillen konnte. Jasmine wusste, dass die meisten Kinder, die Opfer eines Kidnappers wurden, vorher Kontakt mit dem Entführer hatten. Gewöhnlich handelte es sich um einen kurzen Blickkontakt zu einem Zeitpunkt, als sich der spätere Täter aus ganz anderen Gründen in der Nähe des Kindes aufhielt.
In Kimberlys Fall hatte höchstwahrscheinlich ihr eigener Vater die Adresse auf seine Visitenkarte gekritzelt und sie dem Bärtigen gegeben. Er könne ja mal vorbeischauen, wenn er Arbeit suche, hatte er dann sicher gesagt. Peter hatte das ab und an getan. Ihr Vater konnte sich damals nicht vorstellen, dass das gefährlich sein könnte. Stattdessen war er immer großzügig und offenherzig gewesen.
Doch dann wurde dieses Herz gebrochen, und jetzt war es erfüllt von Schuldgefühlen, Bitterkeit und Gewissensbissen.
Die gedämpfte Stimme des Bibliothekars direkt hinter ihr ließ Jasmine zusammenfahren. “Wir schließen in zehn Minuten.”
Sie drehte sich um und blickte zu ihm auf. Aus ihren Gedanken über den Tod und die Bösartigkeit der Menschen aufgeschreckt, erinnerten sie seine schmalen Schultern und das bleiche Gesicht an den vampirischen Bibliothekar aus Der Historiker , einem Roman, den sie gelesen hatte. Kein besonders beruhigender Gedanke.
Nachdem sie einmal tief Luft geholt hatte, gelang ihr ein zustimmendes Nicken. “Ich bin gleich fertig.” Hier war ohnehin nichts für sie zu finden, bis auf die traurige Geschichte eines Mannes, der wie sie selbst das meiste von dem verloren hatte, was das Leben lebenswert machte.
Ehe sie aufstand, warf sie jedoch einen letzten Blick auf die Filme, die sie gerade durchgesehen hatte.
Und da sah sie sie.
Die Schlagzeile, die sie übersehen hatte, während sie nach Informationen über Romain Fornier gesucht hatte: Mann schreibt Namen des Opfers mit Blut .
Hastig las sie den Artikel.
Die
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