Stop Me - Blutige Botschaft (German Edition)
schützen, den ihre Beziehung mit sich brachte, dass sie ihn nur einmal alle vier Jahre sah. “So ist das für manche Kinder.”
“Aber nicht für Sie, was?”
“Mein Vater lebt noch. Aber wir stehen uns nicht besonders nahe.” Auf der Stelle bedauerte Jasmine, so viel über ihre persönliche Geschichte preisgegeben zu haben.
“Vergeuden Sie bloß nichts von der Zeit, die Ihnen noch bleibt. Das ist der beste Rat, den ich Ihnen geben kann.”
Jasmine wollte überhaupt keinen Rat. Sie kam schließlich ganz gut allein zurecht. Sie war von den Drogen losgekommen und hatte etwas aus ihrem Leben gemacht. Das war doch ein Fortschritt.
Nachdem sie ihr Wechselgeld eingesteckt hatte, wandte sie sich zum Gehen. Es war ihr unangenehm, die Frau nach Romain Fornier zu fragen. Obwohl sie Fremde waren, hatten beide in ihrem kurzen Gespräch zu viel über sich ausgeplaudert. Es gibt noch andere Menschen in der Stadt, sagte sie sich. Doch Lonnies Mutter brachte schließlich doch genügend Interesse auf, um sie mit der Frage aufzuhalten, auf die Jasmine von Anfang gewartet hatte.
“Wo kommen Sie her?”
“Aus Kalifornien.”
“Und jetzt wollen Sie zu Fred’s Lounge?”
“Nein, ich bin keine Touristin. Ich suche jemanden.”
“Hier?”
“Ich weiß nicht, ob er immer noch in der Gegend ist, aber er ist in Mamou geboren und aufgewachsen.”
“Von wem reden Sie?”
Jasmines Widerwille, ihr Anliegen vorzutragen, löste sich angesichts dieser Gelegenheit in Luft auf. “Romain Fornier.”
Die Augen der Frau wurden schmal, und die zaghafte Verbindung, die sich zwischen ihnen gebildet hatte, drohte bereits, wieder abzureißen. “Was wollen Sie von ihm?”
“Ich hoffe, er kann mir helfen.”
“Wobei?”
“Meine Schwester wurde vor sechzehn Jahren entführt.” In Jasmines Kehle bildete sich ein Kloß. Selbst nach fast zwei Jahrzehnten trafen sie der Schmerz und das Gefühl des Verlusts immer noch unerwartet. Sie schluckte und fuhr fort: “Sie war erst acht.”
Die tiefen Furchen im Gesicht der Frau verrieten ihr, dass sie es nicht leicht gehabt hatte im Leben. Das Geld war vermutlich schon knapp gewesen, als ihr Mann noch gelebt hatte. Aber sie hatte eine aufrichtige Freundlichkeit an sich, trotz ihrer offensichtlichen Loyalität Fornier gegenüber. “Das tut mir leid.”
Jasmine blinzelte die Tränen fort, die ihr in die Augen gestiegen waren. “Ist schon in Ordnung. Ich … ich weiß nicht, warum ich plötzlich rumheule.”
Die Frau kam um den Tresen herum. “Sie weinen, weil Sie Kummer haben, Kind. Sie müssen sich deswegen nicht schämen. Aber T-Bone sollten Sie besser nicht stören. Er ist durch die Hölle und wieder zurückgegangen, das kann ich Ihnen sagen.”
“T-Bone?”
“So nennen wir ihn hier. Als Kind wurde er T-Boy genannt, das ist ‘ne alte Tradition hier in Cajun Country. Aber mit acht hat er sich mit einem Rüpel geschlagen, der drei Jahre älter war, und eine ordentliche Tracht Prügel eingesteckt. Seine mémère, seine Großmutter, war eine abergläubische alte Lady. Sie sagte ihm, er solle ein Steak nehmen und es sich drauflegen, dann würde das blaue Auge schneller heilen. Also hat er sich das T-Bone-Steak seines Papas vom Grill geschnappt und hat getan, was sie ihm geraten hat – und bekam eine zweite Tracht Prügel.” Ihr Lachen wurde zu einem wehmütigen Lächeln. “Seitdem ist er nur noch T-Bone. Er war ein guter Junge. Aber jetzt … Es ist besser, Sie lassen ihn in Ruhe.”
“Ich werde versuchen, ihm nicht wehzutun.”
“Wie sollten Sie ihm auch wehtun? Er hat alles verloren, was ihm wichtig war. Er ist nicht mehr derselbe. Er ist so en colère – wütend, verstehen Sie? Und er gibt sich große Mühe, sich von allen Menschen fernzuhalten. Es ist nicht nötig, ihn dazu zu bringen, dass er sich misère fühlt.”
Mit ihrem Akzent und den eingestreuten französischen Wörtern war es nicht leicht, der Frau zu folgen, aber misère bedeutete vermutlich elend oder so ähnlich. “Er lebt also hier?” Sie empfand einen plötzlichen Hoffnungsschimmer, trotz der Warnung ihrer neuen Freundin.
“Nein, in der Nähe von Portsville, draußen am Bayou.”
“Wie weit ist das von hier aus?”
“Etwa vier Stunden in Richtung Südost, in der Nähe von Leeville, plus minus zwanzig Minuten. Mais, wie ich bereits sagte – ich glaube, Sie verschwenden Ihre Zeit, wenn Sie da runterfahren. Selbst mit seiner eigenen Sippe spricht er kaum noch.”
Jasmine mochte nicht recht glauben,
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