Stop saying Goodbye: Roman (German Edition)
ging instinktiv zu dem Karton, der mit einem großen A markiert war, öffnete ihn und wühlte ein wenig darin herum, bis ich die obere linke Ecke mit der Aufschrift A (BASIS) gefunden hatte. Ich trug das Teil quer durch den Raum und legte es, wie abgebildet, auf den Boden. Es war nur ein allererstes Element. Der Anfang eines Anfangs. Doch immerhin war der erste Schritt getan.
***
Nach einem frühen Abendessen mit meinem Vater an der Theke – unterbrochen von zwei Anrufen und einer mittleren Küchenkrise – verließ ich das
Luna Blu
und wählte die Abkürzung durch die Seitengasse, um heimzugehen. Als ich in unsere Straße einbog und sie überquerte, um auf unser Haus zuzugehen, war es bereits fast dunkel; unser Haus war entsprechend das einzige nicht erleuchtete. Ichkramte gerade in meinem Rucksack, um meine Hausschlüssel zu finden, da hörte ich, wie hinter mir ein Wagen in die Auffahrt einbog. Ich warf nur einen flüchtigen Blick in die Richtung, erkannte, dass zwei Leute drinsaßen, wühlte weiter. Als ich den Schlüssel kurze Zeit später endlich gefunden hatte, schaute ich noch einmal hin und merkte: Es waren Dave und Riley.
Sie saß am Steuer, er auf dem Beifahrersitz. Im Schein der Lampen auf Daves Veranda konnte ich ihre Gesichter so gerade eben erkennen. Riley hatte sich zurückgelehnt und blickte nach oben. Dave gestikulierte vehement, während er auf sie einredete. Nach einer Weile nickte sie.
Im Haus war es ziemlich kalt, deshalb drehte ich die Heizung höher, stellte meinen Rucksack auf dem Sofa ab, ging in die Küche und machte unterwegs alle Lichter an. Ich holte mir ein Glas Wasser, streifte achtlos meine Schuhe ab und setzte mich mit meinem Laptop aufs Sofa. Der Laptop war gerade erst hochgefahren, die diversen Icons am unteren Bildschirmrand leuchteten noch nacheinander auf, da hörte ich es auch schon: das muntere
Hallo-o!-Bing
, das mir verkündete, jemand wolle mit mir sprechen. Anscheinend war Moms Schweigephase vorbei.
Als ich einige Tage zuvor angerufen hatte, weil ich ein Telefonat mit ihr ja – wieder mal! – allzu abrupt beenden musste (diesmal allerdings nur, weil ich Dave mit dem
Boomerang -Wurf
ausgeknockt hatte), nahm nicht sie ab, sondern – Peter.
»Deine Mutter kann gerade nicht ans Telefon kommen«, sagte er steif. Klang wie ein Assistent, der seine Chefin abschirmen will. »Sie ist sehr aufgewühlt und braucht ein wenig Abstand.«
Mein erster Impuls war, laut zu lachen, als ich das hörte.Jetzt wollte
sie
plötzlich Abstand?! Und natürlich wurde von mir erwartet, dass ich das umgehend respektierte, obwohl sie nie bereit gewesen war,
meinen
Wunsch danach zu akzeptieren. »Okay«, sagte ich daher bloß. »Ich verstehe.«
Zwei Tage vergingen, drei … keine Nachricht auf meinem AB, und wenn ich aufs Display schaute, wenn mein Handy klingelte, sah ich immer nur eine von zwei möglichen Nummern: Dads und die des
Luna Blu
. Keine niedlich hüpfenden
Hallo-o!-
Seifenblasen auf dem Laptopmonitor, keine aufgekratzten Guten-Morgen- oder Gute-Nacht-SMS, nicht einmal eine einzige E-Mail . Wir hatten schon über wesentlich längere Zeiträume als jetzt gerade nicht miteinander kommuniziert. Doch dass die Initiative, sich in Schweigen zu hüllen, von ihr ausging, war eine absolute Premiere. Und ich muss zugeben, es fühlte sich ziemlich schräg an. Seit Ewigkeiten hatte ich geglaubt, ich wollte von meiner Mutter
nur
, dass sie mich bitte, bitte endlich in Ruhe ließ. Und nun tat sie es wirklich …
Aber jetzt war sie anscheinend wieder bereit, mit mir zu reden. Deshalb klickte ich auf die kleine, hüpfende Seifenblase, die
Hallo-o
!-Oberfläche öffnete sich und ich sah – Peter! Ich war platt. Und das war sogar noch untertrieben.
»Mclean?« Offenbar war er im Büro, denn hinter ihm an der Wand hing ein riesiges
Defriese -Logo
und darunter stand ein edles Sideboard aus Holz, auf dem jede Menge gerahmter Fotos aufgereiht waren, die ihn mit jeder Menge sehr hochgewachsener Menschen zeigten, neben denen er vergleichsweise winzig wirkte. »Kannst du mich sehen?«
»Mh«, sagte ich und wurde auf einmal nervös. Mein Stiefvater hatte zwar gewaltigen Einfluss auf mein Leben (gehabt), trotzdem kannte ich ihn eigentlich kaum. Undwir hatten ganz bestimmt kein zwangloses Lass-uns-’ne-Runde-im-Internet-quatschen-Verhältnis. »Ja. Hallo.«
»Hallo.« Er räusperte sich, beugte sich etwas vor. »Tut mir leid, dass ich dich so überfalle. Ich habe deine
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