Stoppt die Hochzeit!
Mittwochabend Sudsy Sams Waschsalon, wenn sie ihre Feinwäsche wusch.
Annabelle lächelte breit. Wenn der Kauf verbotener Unterwäsche eine Frau aufmuntern konnte, dann musste ihr Leben schon ganz schön öde sein. Sie zuckte die Achseln. Öde war bequem, und es passte zu ihr.
Auf der anderen Seite des Regals fand sie eine passende Unterhose – ein hochgeschnittener Slip, der vielleicht sogar im Gerichtssaal bestehen konnte, ohne in den langen Stunden auf harten Stühlen an Stellen zu rutschen, wo er nicht hingehörte. Sie drehte sich zu einem dreiseitigen bodentiefen Spiegel und hielt die Unterwäscheteile vor ihren Overall. Das Haar war ihr aus der Spange gerutscht, und der lange Pony, den sie rauswachsen lassen wollte, hing ihr lose ins Gesicht. Tatsächlich sah es gar nicht mal so schlecht aus, was bedeutete, dass es ihr nie gelingen würde, diese Frisur wieder hinzubekommen, nicht einmal mit einem Dutzend Werkzeuge und zwei Dosen Haarspray. Sie schürzte die Lippen, ein Plastikbügel unter dem Kinn, einer über dem Nabel. Der Stoff war durchsichtiger, als sie gedacht hätte, aber ihr gefielen die besonderen Details …
Eine Bewegung im Glasfenster links von ihr lenkte sie ab. Sie blinzelte und trat einen Schritt näher. Martin Castleberry stand nur wenige Schritte von ihr entfernt auf der anderen Seite eines gläsernen Raumteilers und unterhielt sich mit … nein, umarmte eine äußerst junge, äußerst attraktive Frau. Ungläubig drückte Annabelle die Nase gegen das Glas. Der Laden nebenan war eine schicke Männerboutique, und Martins kurvige Begleitung schien ihm Krawatten auszusuchen, was offenbar von ihr verlangte, ihn überall zu berühren. Annabelle kochte vor Wut. Sie hatte ihn auf frischer Tat ertappt, diesen Casanova.
Schlagartig verwandelte sich ihre Wut in Triumph: Sie hatte ihn auf frischer Tat ertappt. Jetzt musste sie nur noch ihre Mutter nach nebenan zerren, um Zeugin seines abscheulichen Verhaltens zu werden, und diese Hochzeitsfarce hätte ein Ende.
Sie machte auf dem Absatz kehrt und rannte zu den Umkleidekabinen, wo Belle sich nicht zwischen einem hellgelben Anzug und einem korallenroten, halblangen Kleid entscheiden konnte.
»Mom«, sagte sie mit honigsüßer Stimme. »Du errätst nie, wer hier ist.«
»Wer denn, Liebes?«
»Melvin.«
Die Brauen ihrer Mutter zogen sich zusammen.
»Ich meine Martin.«
Belles Miene hellte sich auf. »Wirklich? Wie wundervoll! Wo ist er?«
»Gleich nebenan, bei einem Herrenausstatter. Wir sollten rübergehen und Hallo sagen.« Annabelle klemmte sich die Unterwäsche unter den Arm, nahm ihrer Mutter das Kleid aus den Händen und reichte es der Verkäuferin.
Ihre plötzliche Begeisterung schien ihre Mutter zu verwirren, aber sie folgte ihr bereitwillig, als sie sie am Ellbogen packte.
»Martin sucht sich wohl etwas Neues aus«, vermutete Belle. Sie warf einen besorgten Blick auf die abgelegten Kleider.
»So kann man es auch nennen«, murmelte Annabelle, als sie sie vor sich herschob.
Als sie sich ihren Weg an Regalen voller Abendkleider, Gesellschaftsanzüge und raffinierter Tücher vorbeibahnten, schlug ihr Herz in bittersüßer Vorfreude schneller. Es würde ihre Mutter zunächst verletzen, aber sie würde bald erkennen, dass sie ohne Martin Castleberry besser dran war. Was für ein Glück, dass sie über ihn gestolpert waren, als er gerade sein wahres Gesicht zeigte. Zumindest musste Annabelle sich nicht zum Buhmann machen, indem sie wenig angenehme Dinge über ihn sagte. Von dem Gedanken beflügelt beschleunigte sie ihre Schritte, während sie ihre Mutter über den hellen Marmorboden führte.
Sie verließen das Brautmodengeschäft, und Annabelle zerrte ihre Mutter förmlich in den Herrenausstatter. Zum Glück waren Martin und seine junge Freundin noch da. Die Frau legte ihm gerade eine Krawatte mit grünen und marineblauen Streifen um den Hals und band sie mit langen, manikürten Fingern. Sie lächelte breit und legte den Kopf in den Nacken. Ihr langes, hellblondes Haar floss bis zu ihrer außergewöhnlich schmalen Taille. Und Martin, der ewige Unterhaltungskünstler, schien über die hässliche Krawatte hocherfreut. Annabelle heftete ihren Blick auf sein Gesicht, um den höchst befriedigenden Ausdruck nicht zu verpassen, wenn er ihre Mutter erblickte.
Keine Sekunde später sah er über die Schulter der Blondine, und ein breites Grinsen erhellte sein Gesicht. »Belle! Was für eine reizende Überraschung.«
»Hallo, Liebling.« Ihre Mutter
Weitere Kostenlose Bücher