Stoppt die Hochzeit!
wäre, um eine Krawatte zu kaufen. »Was haben sie gemacht, nachdem wir uns getrennt haben?«
»Sie haben zwei Autohändler besucht und sich Luxuslimousinen vorführen lassen. Klingt, als würden sie damit rechnen, demnächst zu Geld zu kommen.«
In Clays Kehle bildete sich ein Kloß, als sie die Arme streckte und ihr Gesicht nach oben richtete. Kein Wunder, dass sie so glücklich war. Sie und ihre Mutter waren kurz davor, ein kleines Vermögen zu machen. Um zu vermeiden, entdeckt zu werden, zog er die Vorhänge zu, schaffte es, Henry zu danken, und bat ihn, ihn zurückzurufen, wenn er mehr über die jüngere Ms Coakley in Erfahrung gebracht hatte. Nachdem er aufgelegt hatte, wischte er sich den dünnen Schweißfilm von der Stirn und spähte durch den schmalen Spalt in den Vorhängen.
Das Fenster stand noch immer offen, aber Annabelle war verschwunden. Dünne, weiße Stoffbahnen flatterten über den Fenstersims und wehten in der Sommerbrise. Er schluckte den bitteren Geschmack in seiner Kehle herunter und versuchte, das Bild ihrer spöttischen, goldfarbenen Augen zu vertreiben. In den vergangenen Stunden hatte er sich sogar eingebildet, er würde sich in sie …
Nein. Nicht verlieben. Vergucken, vielleicht, denn er dachte, er hätte in ihren Augen etwas gesehen, was ihn ansprach.
Vielleicht hatte er mehr von den Schwächen seines Vaters geerbt, als er zugeben wollte.
Er fluchte und schlug das Fenster zu.
»Annabelle, was ist gestern zwischen dir und Clay vorgefallen?«
Annabelle stopfte die hauchdünne Unterwäsche mit dem Leopardenmuster zurück in die Schublade, drehte sich um und lehnte sich gegen die Kommode.
Im Türrahmen von Annabelles altem Kinderzimmer stand ihre Mutter. Sie trug einen seidenen Morgenrock und hatte zwei Tassen Tee in den Händen.
Annabelle setzte einen vollkommen ahnungslosen Gesichtsausdruck auf. »Vorgefallen?« Ihre Stimme klang ein wenig zu hoch.
»Ja, Liebes. Zwischen dir und Clay.«
»Gestern?«
Belle nickte geduldig, während sie ihr eine dampfende Tasse reichte.
Annabelle zögerte ihre Antwort hinaus, indem sie erst auf die milchige Flüssigkeit pustete und dann einen Schluck nahm. Sie hatte einen Teil der Nacht wachgelegen und überlegt, was Clay bewogen haben könnte, ihr aus der peinlichen Lage im Einkaufszentrum zu helfen. Den größten Teil der Nacht hatte sie hingegen wachgelegen und über ihre beginnende Zuneigung zu diesem verwirrenden Mann nachgedacht. Sie verfluchte Mike, die mit ihrem albernen Gerede diese lächerlichen Fantasien ausgelöst hatte.
»Annabelle?«
Sie sah schuldbewusst auf und wusste, dass ihre Mutter längst die Ringe unter ihren Augen entdeckt hatte, aber waren ihre plötzlichen, beunruhigenden Gefühle für Clay ebenso offensichtlich? »Ich bin mir nicht sicher, was du meinst, Mom.«
»Ich habe bemerkt, dass ihr beide euch gestritten habt, und ehrlich gesagt bin ich enttäuscht, dass du dir nicht mehr Mühe gibst, mit Clay auszukommen.«
Annabelle verschluckte sich an ihrem Tee und verbrannte sich die Zunge. Sie und Clay hatten kaum zwei Worte gewechselt, als er das Jackett anpassen ließ. Sie hatte sich eine Ecke gesucht, aus der sie ihn und die eifrige Suzanne beobachten konnte, und versucht, das Unbehagen zu ignorieren, das sie jedes Mal überkam, wenn die Hände der Blonden in seinem Nacken, auf dem Revers und auf seiner Taille ruhten. Sie hatte aber etwas durchaus Erstaunliches entdeckt: Wenn Clay lächelte, hatte der unvertraute Ausdruck eine merkwürdige Wirkung auf ihren Puls. Und ihm schien das Lächeln bei seiner langjährigen Bekannten leichtzufallen. Offenbar hob er sich seine Geringschätzung nur für sie und ihre Mutter auf.
Statt zu verschwinden, wuchs ihre Scham über den Ladendiebstahl nur noch, als sie sich einen peinlichen Moment nach dem anderen ins Gedächtnis rief. Er hatte ihre Unterwäsche gesehen, um Himmels willen. Obwohl sie sich gewappnet hatte, dass er selbstgefällig von dem Vorfall berichten würde, sobald sich ihre Eltern wieder zu ihnen gesellten, hatte er es nicht erwähnt. Er hatte sich höflich zu den pinkfarbenen Kleidern geäußert, die Belle ausgesucht hatte, seinen Vater daran erinnert, dass sie noch einen Termin in der Innenstadt hatten, und war gegangen, ohne sie noch einmal anzusehen.
Sie trat ans Fenster, das sie geöffnet hatte, und zuckte leichthin die Achseln. »Falls du es noch nicht bemerkt hast: Clay ist nicht so nett wie sein Vater. Ich kann den Mann nicht dazu zwingen, mich zu
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