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Storm - Aus dem Leben eines Auftragskillers (German Edition)

Storm - Aus dem Leben eines Auftragskillers (German Edition)

Titel: Storm - Aus dem Leben eines Auftragskillers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Kaczmarzyk
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Ich schiebe den Autoschlüssel in die Hosentasche und fördere im Gegenzug den Hotelschlüssel ans Tageslicht.
    Erst jetzt betrachte ich die Tür unseres Bungalows genauer. Sie steht einen kleinen Spalt breit offen. Ich erstarre zur Salzsäule. Die schlimmsten Befürchtungen werden in mir wach. Hanna. Sie ist in Gefahr. Jetzt wäre der richtige Zeitpunkt für einen Herzinfarkt, aber die Natur ist nicht so gnädig. Meine Muskeln entspannen sich.
    Die Tüte mit dem Gebäck fällt knisternd auf den Boden. Die Kaffeebecher folgen beinahe synchron. Auf dem Boden platzen die Deckel von den Bechern ab und tunken ihn in mattes dampfendes Schwarz. Von unten steigt ein verlockender Frühstücksduft an meine Nase, doch ich habe keinen Appetit mehr darauf. Über mir krächzt eine Krähe, die ebenfalls die köstliche Mahlzeit wittert. Ihr Ruf reißt mich aus meiner Benommenheit.
    Ich rede mir ein, dass ich mich auch irren könnte und Hanna bloß mal an die frische Luft gehen wollte. Es muss ihr nichts geschehen sein. Eventuell wollte sie sich die Beine vertreten und ließ sie die Tür offen stehen, weil sie keinen Schlüssel bei sich hatte. Ich halte ihn noch in der linken Hand. Die Lüge gefällt mir, es bleibt aber eine Lüge.
    Ich schiebe die Tür ganz auf und schaue mich im Bungalow um. Er ist menschenleer. Das Bett ist zerwühlt , als hätte wilder Sex darauf stattgefunden oder (was wahrscheinlicher ist) eine Rangelei. Hannas Kopfkissen liegt neben dem Bett auf dem Fußboden. Einer der grauen Polsterstühle ist zur Seite umgekippt. Etwas beruhigt mich an der Szenerie. Ich sehe und rieche kein Blut. Vielleicht lebt Hanna ja noch. Ein kleiner Hoffnungsschimmer am Horizont. Ich gehe nach links ins Bad und sehe mich auch dort gründlich um. Hier ist alles noch so, wie ich es nach meiner Morgentoilette hinterlassen habe. Hannas Entführung spielte sich offenbar nur im Wohnbereich ab. Ich stapfe zurück und bin nahe an einem Nervenzusammenbruch. Ich hatte das Hotel nur für dreißig Minuten verlassen, und schon wurde das Mädchen gekidnappt. Als Bodyguard bin ich eine echte Luftnummer. Wie konnte ich sie nur allein lassen? Ich hätte sie aufwecken sollen. Sie hätte mit mir zusammen losfahren sollen. Sie hätte …
    Ich unterbreche die Schuldzuweisungen an mich selbst. Etwas hat meine Aufmerksamkeit erregt. Auf der Betthälfte, auf der ich genächtigt habe, liegt ein faltiges Stück Papier, nicht größer als ein x-beliebiger Einkaufszettel. Ich habe ihn in der ersten Aufregung übersehen. Ich beuge mich herunter und nehme das Schriftstück an mich. Darauf steht in krakeliger Handschrift:
     
    Hallo Killer,
     
    vermisst du etwas oder jemanden? Man lässt einen Schutzbefohlenen nicht alleine in seinem Gefängnis zurück. Das müsstest du wissen. Sie hat dir doch vertraut. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie enttäuscht sie war, als sie gesehen hat, dass du weg warst. Herzzerreißend.
    Doch kommen wir zum geschäftlichen Teil ! Da du dich entschlossen hast, unsere Vereinbarung zu brechen und den Spieß umzudrehen, ist unser alter Vertrag natürlich nichtig. Du hast sowieso die Frist versäumt. Aber vielleicht können wir neu verhandeln. Die Moralkeule, die du seit ein paar Tagen schwingst, amüsiert mich. Ich will mal nicht so sein. Du sollst eine Chance bekommen, deine Angebetete zu retten. Sie lebt noch und ruft ständig deinen Namen. Seid ihr intim geworden? Die Hure vögelt auch mit jedem.
    Zu den Fakten: Heute, punkt 15 Uhr, kommst du zu dem stillgelegten Fabrikgelände im Gewerbegebiet Süd in Falkensee. Du wirst die richtige Stelle erkennen. Dein alter BMW parkt davor. Kommst du zu früh, stirbt das Mädchen. Verspätest du dich um eine halbe Stunde, bin ich weg, und das Mädchen ist auch tot. Versuch keine Tricks, sonst lernst du mich erst richtig kennen! Allerdings rechne ich fest mit deinem pünktlichen Erscheinen. Du bist leicht zu durchschauen.
     
    Bis dahin wünsche ich dir einen wunderschönen Tag,
    S.
     
    S steht für Steffen Waldenburg. Er hat den Brief möglichst anonym gehalten, um Spuren zu verschleiern, falls ihn jemand anderes zuerst entdeckt hätte. Ich weiß selbstverständlich, was er mit den Worten meint. Der Kerl ist verdammt gerissen. Dieses Drecksschwein bringt mich mit seinem stoischen Kalkül auf die Palme. Er hatte uns die ganze Zeit über im Visier und hat jeden Schritt genau geplant. Ich könnte den Zettel glatt in der Luft zerreißen, aber ich beherrsche mich. Es geht jetzt um Hannas Leben

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