Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Storm - Aus dem Leben eines Auftragskillers (German Edition)

Storm - Aus dem Leben eines Auftragskillers (German Edition)

Titel: Storm - Aus dem Leben eines Auftragskillers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Kaczmarzyk
Vom Netzwerk:
toten Gesicht. Hat sie wirklich in ihren letzten Zügen an ihre Familie gedacht? Ich würde meinen Arsch darauf verwetten. Wäre das nicht ein tröstender Gedanke?
    Damals war Pia nur ein Auftrag für mich. Ihr Tod bereicherte mein Konto mit fünfzigtausend Euro. Eine raue kratzige Stimme hatte mir am Telefon mitgeteilt, dass es einen lästigen Käfer gebe, der zerquetscht werden müsse. Dieselben Worte, die ich auch vom Auftraggeber bei Hannas Mord vernommen habe. Dazu gesellte sich diese markante, raue Stimme, die mir gleich bekannt vorkam. Sie befahl den Mord an Pia Waldenburg; sie gehört zu dem Mann, der mir vor wenigen Tagen in einem Waldstück in Thüringen in den Rücken fiel.
    Die Bombe schlägt in meinem Kopf ein. Ich bin mir zu hundert Prozent sicher. Es muss sich dabei um ein und dieselbe Person handeln!
    Meine linke Hand streift kontinuierlich über meine kurzen Haare. Ich atme tief aus, als ich über die logische Konsequenz nachdenke. Die Bombe explodiert. Hanna Cramme steht dem Mann nahe, der den Mord an ihr und den Mord an ihrer Mutter in Auftrag gegeben hat. Höchstwahrscheinlich hat sie keine Ahnung davon. Schlimmer noch, sie vertraut ihm ihr Leben an. Die Frage ist nur, wer dieser Mann ist.
     

Kapitel 5 – Die Entscheidung
     
    Ich bin früh auf den Beinen, obwohl meine Kampfspuren nach mehr Schlaf verlangen. Es ist kurz nach acht Uhr. Ich brauche den langen Tag, um Hannas Spur wieder aufzunehmen. Die Zeit rinnt wie Sand durch meine Finger. Meine körperlichen Gebrechen stehen hinten an. Ich habe sie mit Schmerzmitteln zum Schweigen gebracht. Selbstverständlich sind sie immer noch da und darben in der Dunkelheit, warten geduldig auf ihre Chance. Spätestens heute Nachmittag werden sie ihr Gefängnis wieder aufbrechen und mich mit ihrer Anwesenheit malträtieren. Soweit denke ich aber nicht voraus.
    Nach einem mageren Frühstück an einer schäbigen Tankstelle begebe ich mich zu Pia Waldenburgs letzter Ruhestätte, dem Friedhof ‚Böhmischer Gottesacker‘, unweit von ihrem früheren Zuhause gelegen. Ich befinde mich im Stadtteil Neukölln und starre auf das gezackte schwarze Eingangstor der Grabstätte, die von mehreren Neubauten umzingelt wird. Der Friedhof selbst ist von einer mannshohen roten Ziegelmauer umgeben. Sie wirkt altersmüde und ist von uninspirierten Graffitis befleckt. Über dem Eingangstor prangt ein eisernes Bogengebilde mit goldener Beschriftung: ‚Christus ist mein Leben. Sterben mein Gewinn. Böhmischer Gottesacker‘. Das ganze Konstrukt wird von einem schwarzen Kreuz gekrönt.
    Ich finde die schlichten Worte, die über dem Tor wachen, makaber. Wenn das Sterben wirklich ein Gewinn sein soll, was ist dann das Leben? Nur ein quälender Abschnitt der Einöde, der uns an unser vorgegebenes Ziel katapultiert? Schenkt man diesem Spruch Glauben, kann man sich eigentlich gleich erschießen. Warum soll man dann noch wie ein Zombie auf Erden wandeln? Man könnte seinen Gewinn viel schneller einfordern und die ganze Scheiße, genannt Leben, überspringen.
    Bei genauerer Überlegung muss ich schmunzeln, wenn ich die Worte auf meinen Beruf projiziere. Glaubt man diesem Spruch, könnte man davon ausgehen, dass ich seit fünfundzwanzig Jahren ein Diener Jesu bin. Ich erlöse die Menschen von ihrem Leid und schicke sie an ihren gottgewollten Bestimmungsort. Ich könnte meine Morde also auch mit religiösem Fanatismus erklären, wenn mich die Polizei in ferner Zukunft mal schnappen sollte. Allerdings bin ich nicht verrückt genug für so einen Standpunkt, im Gegensatz zu diesem Himmelfahrt-Killer. Ich glaube nicht an einen Mann, der im unendlichen Universum über uns wacht und hier und da in unser Leben eingreift, auch wenn mich meine Eltern religiös erzogen haben. Ich habe die Bibel als Kind verschlungen, doch nun kann ich  über die alte Schrift nur noch lachen. Ich vertraue einzig und allein auf meine Fähigkeiten. Mein Leben liegt in meinen Händen. Ich bin meines eigenen Glückes Schmied. Sollten mir die Zügel aus den Händen gleiten, bin ich verloren.
    Ich trete an das Tor heran und drücke es behutsam auf. Schon befinde ich mich auf dem Hauptweg des Friedhofs. Es ist eine gedrungene Allee, gesäumt von Linden und Kastanien. Die Bäume werfen in gepflegter Monotonie ihre reifen Samen ab. Erstes Herbstlaub bedeckt den Boden. Davon abgesehen wirkt die Ruhestätte auf den ersten Blick sehr gepflegt. Unordnung ist hier ein Fremdwort, für das es keine Übersetzung gibt.
    Ich präge

Weitere Kostenlose Bücher