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Storm: Thriller (German Edition)

Storm: Thriller (German Edition)

Titel: Storm: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Patterson
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er genoss die Macht, die unser Gespräch ihm verlieh.
    »Bist du denn eine Gefahr für jemand anderen?«, hakte ich nach. Meine größte Sorge waren die Banden. Bis jetzt hatte ich keine Tätowierungen oder sichtbare Verletzungen bei ihm festgestellt – keine Brandmarken, blauen Flecken oder sonst etwas, das auf ein Initiationsritual schließen ließ. Aber ich wusste auch, dass das Heim, in dem er seit Neuestem untergebracht war, dicht bei der Valley Avenue lag, im Revier der Ninth-Street- und der Yuma-Gang, die sich dort praktisch gegenseitig auf die Füße traten.
    »Da passiert gar nix«, sagte er im Brustton der Überzeugung. »Da wird bloß rumgequatscht.«
    »Und mit wem ›quatschst‹ du denn so rum im Moment? Mit den Ninth-Street-Jungs? Den Yumas?«
    So langsam verlor er die Geduld und versuchte es mit einem Duell der Blicke. Ich ließ die Stille wirken. Vielleicht gab er mir ja noch eine Antwort. Doch dann sprang er auf, stieß den Tisch beiseite, schnellte mir fast ins Gesicht. Von einem Augenblick zum anderen war er wie verwandelt.
    »Starr mich bloß nich so an, Mann, kapiert? Starr mich nich an!«
    Er holte aus und schlug nach mir.
    Es war, als wüsste er gar nicht, wie klein er war. Ich musste den Schlag abblocken und ihn an den Schultern zurück aufs Sofa drücken. Und selbst dann probierte er es noch einmal.
    Ich stieß ihn ein zweites Mal auf die Couch. »Keine Chance, Bronson. Nicht mit mir!« Angesichts seiner Geschichte war es mir absolut zuwider, mich mit körperlichen Mitteln durchzusetzen, aber er hatte eine Grenze überschritten. Um ehrlich zu sein, Bronson schien es vollkommen egal zu sein, wo die Grenze war. Das machte mir am meisten Angst.
    Dieser Junge steuerte auf einen Abgrund zu, und ich war mir wirklich nicht sicher, ob ich ihn aufhalten konnte.

21
    »Komm mit, Bronson«, sagte ich und stand auf. »hauen wir ab hier.«
    »Wo gehn wir hin«, wollte er wissen. »Zum Jugendamt? Ich hab Sie doch gar nich erwischt, Mann.«
    »Nein, wir gehen nicht zum Jugendamt. Nicht mal in die Nähe. Na los, komm mit.«
    Ich schaute auf meine Armbanduhr. Wir hatten immer noch dreißig Minuten Zeit. Bronson folgte mir auf den Flur, wahrscheinlich hauptsächlich aus Neugier. Normalerweise übergab ich ihn, wenn wir mein Zimmer verließen, in die Obhut seiner Sozialarbeiterin.
    Als wir draußen auf der Straße waren, und ich per Fernbedienung mein Auto entriegelte, blieb er erneut stehen.
    »Sind Sie pervers, Cross? Wolln Sie mich vielleicht irgendwo hinbringen, ganz privat oder so was?«
    »Ja, ja, ich bin pervers, Pop-Pop«, sagte ich. »Steig ein.«
    Er zuckte mit den Achseln, gehorchte aber. Ich sah, wie er mit der Hand über den Ledersitz fuhr, wie er die Stereoanlage beäugte, aber er behielt jedes Kompliment, jede Bewunderung für sich.
    »Also, was ist das denn jetzt für ’n großes Geheimnis?«, sagte er, als wir uns in Bewegung setzten. »Wo fahrn wir denn hin, verdammt noch mal?«
    »Kein Geheimnis«, erwiderte ich. »Gar nicht weit von hier gibt es einen Starbucks. Ich spendiere dir einen Frappuccino.«
    Bronson drehte sich weg und schaute zum Fenster hinaus, aber davor konnte ich noch die Andeutung eines Grinsens auf seinem Gesicht erkennen. Es war nicht viel, aber wenigstens gab es an diesem Tag ein paar Minuten, in denen er mich nicht nur als Feind betrachtete.
    »Venti«, sagte er, »den größten.«
    »Ja, klar, Venti.«

22
    Das Bureau wurde immer noch von Vollidioten geführt, den Eindruck musste man zumindest haben. Soweit Kyle Craig es beurteilen konnte, hatte niemand auch nur geblinzelt, als der nach einer ausführlichen Befragung frisch reaktivierte Agent Siegel sich auf den Heckenschützenfall in Washington, D. C., ansetzen ließ. Siegels Einsatz in Medellín, Kolumbien, als das noch die »Welthauptstadt der Kapitalverbrechen« gewesen war, war ad acta gelegt, als beeindruckende Visitenkarte. Sie konnten von Glück sagen, dass sie ihn bei diesem Fall hier mit an Bord hatten.
    Mehr Glück, als sie ahnten – zwei Agenten zum Preis von einem! Es saß an seinem neuen Schreibtisch in der FBI -Außenstelle von Washington und starrte auf den nagelneuen Dienstausweis, der ihm am Morgen überreicht worden war. Max Siegels Passfoto starrte zurück. Er brauchte sich das Bild bloß anzuschauen, schon bekam er einen Ständer. Eigentlich rechnete er noch jedes Mal, wenn er an einem Spiegel vorbeikam, damit, den alten Kyle zu sehen.
    »Muss komisch sein.«
    Kyle hob den Blick und entdeckte

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