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Stossgebete - Ein Krimi aus dem Bayerischen Wald

Stossgebete - Ein Krimi aus dem Bayerischen Wald

Titel: Stossgebete - Ein Krimi aus dem Bayerischen Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Schreiner
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Fliegen, dieses Gefühl, die verschiedenen Zeitzonen nicht richtig verdaut zu haben. Genauso brauchen manche Leute Zeit, sich an die bayerische Lebensart zu gewöhnen. So was kann Jahre dauern.«
    »Ihr Kollege zeigt zumindest guten Willen, wenn ich an seine Lederhosen denke. Das muss man ihm hoch anrechnen.« Baltasar berichtete, wie er zusammen mit dem Doktor hergekommen war und was sie bisher getan hatten.
    »Das ist das alte Problem für uns, wenn Zivilisten zuerst am Tatort eintreffen: Niemand denkt in so einem Fall daran, dass ein Gewaltverbrechen vorliegen könnte. Stattdessen wird das Opfer untersucht und bewegt. Das ist auch nur verständlich und natürlich. Aber leider werden dadurch wertvolle Spuren für immer vernichtet.« Er deutete auf den Straßengraben. »Sehen Sie nur die verschiedenen Fußabdrücke. Alles niedergetrampelt. Wie sollen die Kollegen da noch etwas Verwertbares entdecken?«
    »Was ist Ihre Meinung zum Tod der Frau?«
    »Sie ist vermutlich erstickt worden. Der Täter wird sie von hinten gepackt und zu Boden geworfen haben, was nicht schwer gewesen sein dürfte, denn die Tote hat kaum was gewogen. Oder er hat der alten Dame einfach ein Bein gestellt, sie ist gestolpert und in den Graben gefallen. Danach hat der Mörder ihren Kopf so lange in die Erde gedrückt, bis die Ärmste tot war. Darauf deuten zumindest die Druckspuren im Gesicht hin. Außerdem finden sich Erde und Grashalme im Mund der Toten, ein weiterer Beleg. Genaues wird die Obduktion ergeben.«
    »Wie lange ist der Mord her?«
    »Vielleicht ein, zwei Stunden, bevor der Arzt sie entdeckt hat. Der Mörder muss sich seiner Sache ziemlich sicher gewesen sein, wenn er am helllichten Tag zuschlägt. Oder es war eine Tat im Affekt.«
    »Die Stelle ist ziemlich abgelegen, genauso wie die Totenbretter in der Nähe. Die Frau war im Vorbeifahren im Straßengraben leicht zu übersehen. Frau Fink hatte ein scharfes Auge.« Baltasar sah zu, wie die Experten den Leichnam untersuchten. »Das spricht für Ortskenntnis, also für einen Einheimischen als Täter.«
    »Sehe ich genauso. Die große Frage bleibt: Gibt es eine Verbindung zwischen dem toten Mädchen und dieser Frau, so wie Sie vermuten, Herr Pfarrer? Bisher sind die Indizien dünn. Die beiden mögen sich gekannt haben, die Siebzehnjährige hat vielleicht sogar bei dieser Bichlmeier übernachtet, aber wo ist das Motiv? Wir wissen nicht, ob das Opfer tatsächlich über die Vorfälle von vor zwanzig Jahren reden wollte, ob sie den Täter von damals kannte. Es klingt etwas unwahrscheinlich, dass eine derart religiöse Frau ein Verbrechen all die Jahre für sich behalten hat. Wie Sie selbst gesagt haben, Hochwürden, redete die alte Dame manchmal wirres Zeug.«
    »So wirr kann es nicht gewesen sein, sonst hätte Walburga Bichlmeier nicht dafür sterben müssen.«
    »Wohl wahr. Wie die Tat sich wohl abgespielt hat?« Dix ging zu einer Stelle am Straßenrand, die einige Schritte von der Toten entfernt lag. »Sehen Sie, Hochwürden, hier ist das Gras der Böschung niedergedrückt. Also wird das Opfer von dem Punkt, wo ich jetzt stehe, in den Graben gestoßen worden sein. Dazu passt auch der Fundort des Spazierstocks. Was meinen Sie, hätte es die alte Frau zu Fuß von zu Hause bis hierher geschafft?«
    »Sie war zäher, als Sie denken. Ich frage mich nur, was Walburga Bichlmeier dazu bewogen hat, diese Strapaze auf sich zu nehmen.«
    »Möglicherweise war sie mit jemandem verabredet. Oder sie wollte zu den Totenbrettern.«
    »Oder zu den Finks.«
    »Das klären wir gleich.« Dix ging hinüber zu Gabriele Fink und redete mit ihr. »Keine Verabredung«, sagte der Kommissar, nachdem er wieder bei Baltasar war. »Auch ihr Mann Alfons hätte mit Frau Bichlmeier nicht sprechen wollen, glaubt sie.«
    Ein Beamter brachte zwei Tüten. »Das haben wir in den Taschen der Toten gefunden.« Eine Geldbörse und ein Schlüsselbund.
    »Also ist Raubmord auszuschließen.« Dix untersuchte die Fundstücke. »Wir sollten uns die Wohnung des Opfers vornehmen. Sie wissen, wo die Frau gewohnt hat? Dann brechen wir auf.« Er gab Mirwald und einigen Kollegen ein Zeichen mitzukommen.
    Baltasar dirigierte den Kommissar zu Walburga Bichlmeiers Adresse.
    »Bitte das Haus außen und innen nach Einbruchsspuren untersuchen«, wies Dix die Kollegen an. Sie machten sich in ihren Schutzanzügen an die Arbeit. Der Kommissar öffnete die Eingangstür mit dem Schlüssel der Toten und zog Baltasar beiseite. »Lassen wir der

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