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Sträfliche Neugier

Sträfliche Neugier

Titel: Sträfliche Neugier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claus H. Stumpff
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war der Krankenwagen da und brachte
den besinnungslosen Jungen in das von Zisterzienserinnen betriebene
St.-Markus-Krankenhaus. Die Mayrhöfers packten ihre Sachen rasch ein und fuhren
hinterher.
     
    Für den Jungen bestand höchste Lebensgefahr. Die Ärzte hatten
sowohl einen Bluterguss zwischen Schädeldecke und äußerer Hirnhaut konstatiert,
ein so genanntes subdurales Hämatom , außerdem schwere
Gesichtsverletzungen und schließlich noch einen komplizierten Bruch des
Oberschenkels, was eine langwierige, mehrstündige Operation erforderlich
machte. Die Schnittwunde, die quer von der Stirn über die Nasenwurzel bis zur
linken Wange verlief, sollte ihm zeitlebens ein verwegenes Aussehen verleihen.
    Aber es gab noch ein ganz anderes Problem: Wer war der
Schwerverletzte? In seiner Kleidung befanden sich weder ein Ausweis noch sonst
irgendein Gegenstand, der seine Identifizierung ermöglicht hätte. Nur einen
Zehn-Euro-Schein fand man in einer der Jackentaschen. Zudem trug er eine blaue
Armbanduhr, auf deren Unterseite die Inschrift ›Zum 15. Geb. am
20/9/....D.F.‹ eingraviert war. Die beiden letzten Ziffern waren nicht mehr
lesbar, sodass das Geburtsjahr nicht festzustellen war. Bei den Buchstaben ›D.F.‹ auf der Uhr handelte es sich vermutlich um die Initialen des oder der Schenkenden.
Da der Patient aber einen Namen haben musste, nannte man ihn vorläufig Markus ,
nach dem St- Markus-Krankenhaus; andernfalls hätte man ihm eine Nummer geben
müssen und das wollte die Oberin, Mater Anunciata, auf keinen Fall.
     
    Erst am Tag nach der Operation wachte Markus aus tiefer
Bewusstlosigkeit auf. Eine mit Lederjacke und Jeans bekleidete junge Frau saß
an seinem Bett, und als er erstmals die Augen aufschlug, sprach sie ihn mit
sanfter Stimme an:
    »Na, du machst ja schöne Sachen. Hier bist du aber gut
aufgehoben. Möchtest du mir etwas sagen?«
    Doch Markus zeigte keinerlei Reaktion, nur seine Augen
blickten unruhig suchend umher.
    »Na gut, jetzt schlaf dich erst mal richtig aus. Ich komme
später wieder, dann geht es dir bestimmt besser. Pfüat di!«
    Als die Frau gegangen war, schaute sich Markus verwundert
um. Er wusste nicht, wo oder wer er war. Dann fielen seine Augen zu und tief
atmend schlief er wieder ein. Erst nach einer knappen Stunde wachte er wieder
auf. Jetzt fühlte er sich schon etwas besser, doch dann sah er weiß gekleidete
Frauen herumlaufen, die seltsame Hauben auf dem Kopf trugen. Träumte er das?
    »Magst du eine feine Suppe?«, fragte ihn eines dieser
Wesen. »Du musst doch Hunger haben!«
    Tatsächlich spürte er, wie sein Magen knurrte, doch er
konnte nicht antworten, die Fähigkeit zu sprechen hatte er anscheinend
eingebüßt.
    »Wenn du etwas essen möchtest, dann brauchst du nur mit dem
Kopf zu nicken, schau mal so.« Die weiße Frau machte es ihm vor. Markus begriff
jetzt, was er zu tun hatte, und nickte kaum merklich. Wenig später stand eine
Tasse mit einer kräftigen Hühnerbrühe vor ihm, die er nach gutem Zureden
genussvoll leerte. Auf die gleiche Weise wurden ihm noch weitere Speisen
gereicht, die er gierig aß, bis er sich gesättigt fühlte.
    Nach einer Weile ging die Zimmertür auf und die junge Frau,
an die er sich ganz schwach erinnerte, kam wieder herein, zog einen Schemel
herbei und setzte sich an sein Bett.
    »Da bin ich wieder. Hast du jetzt ausgeschlafen?«
    Markus nickte zaghaft. Vorsichtig versuchte die junge Frau,
eine Beamtin des psychologischen Polizeidienstes, mit ihm in Kontakt zu kommen.
Mit Geschick gelang es ihr, eine Vertrauensbasis zwischen sich und dem jungen
Patienten aufzubauen. Nach einer Weile formulierte Markus die ersten Worte. Die
Beamtin war erleichtert:
    »Schön, dass du wieder sprechen kannst. Aber das ist jetzt
genug für heute, ich komme morgen wieder.«
     
    Am nächsten Tag war die Psychologin wieder da. Ganz
allmählich kam ein richtiges Gespräch zustande.
    »Wie heißt du?« fragte sie Markus. » Komm, sag mir deinen
Namen!«
    »Ich weiß es nicht«, flüsterte er. »Wo bin ich eigentlich?«
    »Du bist hier im St.-Markus-Krankenhaus, bei netten
Krankenschwestern, die dich gesund pflegen werden. Du wurdest mit schweren
Verletzungen unter einer Donaubrücke aufgefunden und dann am Kopf und am Bein
operiert. Anscheinend hattest du einen schweren Unfall. Was ist dir passiert?«
    Nach und nach wurde Markus gesprächiger und bemühte sich
nach Kräften, bei der Feststellung seiner Identität zu helfen. Aber er konnte
sich weder die Ursache

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