Sträfliche Neugier
schmecken. Danach trieb Doktor Curtius seine jungen Gäste
an:
»Kinder, auf geht’s zum Oktoberfest! Es darf ja nicht zu
spät für euch werden und zu unserem morgigen Vorhaben müssen wir alle frisch
sein. Aber ihr wisst ja, dass unsere Expedition ein Geheimnis zwischen uns
bleiben muss.«
Robert und Franziska versprachen, Stillschweigen über die
bevorstehenden Ereignisse zu bewahren. An Robert gewandt sagte der Doktor
Curtius dann noch:
»Du kannst aber ruhig deinen Eltern verraten, dass ich dich
und Franzi wegen deiner guten Schulnoten aufs Oktoberfest eingeladen habe. Ist
es schlimm, wenn es ein wenig später wird?«
»Nee«, sagte Robby, »das merkt eh keiner, denn unsere
Eltern sind wieder mal verreist. Papa dreht gerade einen Krimi ab und Mama ist
auf einer Konzertreise. Unsere Tante Laura, die Schwester unserer Mama, führt
derweil den Haushalt. Sie wartet bestimmt auf uns, ich will ihr doch Bescheid
geben. Wozu habe ich denn ein Handy?«
Tante Laura gab ihr Einverständnis, bat ihn aber, nicht zu
spät nach Hause zu kommen.
Vergnügt gingen sie zum größten Volksfest der Welt, auf
die Wies’n , wie es im Volksmund heißt. Zunächst machten sie einen
Bummel durch die lärmende Budenstadt, kauften sich Zuckerwatte und lachten
herzhaft, als ihrem Lehrer ein großes Stück davon an seiner dicken Nase klebte.
Dann schenkte Doktor Curtius jedem einen 10-Euro-Schein, um sich damit einen
kleinen Wunsch zu erfüllen.
Dankbar steckte Robby den Schein
in seine Jackentasche, während sich Franzi davon eine riesige Eistüte
genehmigte.
Sie schlenderten von Bude zu
Bude, naschten geröstete Mandeln, aßen Bratwurst mit Senf, fuhren mit der
Schiffsschaukel, wobei dem Doktor die Brille von der Nase fiel, und unternahmen
zum Abschluss noch eine Fahrt mit der riesigen Achterbahn. Doch dann nahm das
Schicksal für alle eine unbarmherzige Wende.
>>>zurück zum Anfang dieses Kapitels
>>>zurück zur Übersicht
Teil 5
32
Der
Namenlose
E s
geschah an einem sonnigen Oktobertag, als die Eheleute Werner und Waltraud
Mayrhöfer ihr Auto unweit einer Donaubrücke westlich von Passau parkten. Das
schöne Wetter wollten sie zum Angeln am Donauufer ausnutzen. Doktor med. Werner
Mayrhöfer war der Inhaber einer Allgemeinarzt-Praxis in Passau und sein Hobby
war das Fischen. Er war ein leidenschaftlicher Angler, Mitglied im örtlichen
Fischereiverein und hoffte, fürs Mittagessen einen guten Fang zu machen.
Vielleicht hatte er Glück und ein stattlicher Zander biss an. Werner und
Waltraud packten Angelzeug, Eimer, Klappstühle und alles, was sonst noch dazu
gehörte, zusammen und gingen den leicht abwärts führenden Weg zum Ufer des
rasch dahinfließenden Stromes hinunter. Ihr zugewiesener Stammplatz lag in Nähe
einer die Donau in großem Bogen überspannenden Brücke. Als sie ihr Ziel
erreichten und zufällig zur Brücke hin schauten, bemerkten sie ein Bündel, das
mitten auf dem schmalen Uferpfad lag.
»Du, da liegt was«, sagte Waltraud zu ihrem Mann. »Lass uns
doch mal nachschauen, was das ist.«
»Ach, das ist bestimmt wieder so ein Penner«, meinte Werner
leicht verdrießlich, denn er wollte sich nicht durch Diskussionen mit einem
vielleicht noch betrunkenen Herumtreiber seine Angelfreuden verderben lassen.
»Aber gut, schauen wir mal nach.«
Da lag aber kein Betrunkener, sondern ein schwer verletzter
Junge, dessen Alter sie auf fünfzehn Jahre schätzten. Er hatte eine klaffende
Kopfwunde und lag zusammengerollt auf dem vom letzten Regen noch feuchten
Erdboden. Er schien fest zu schlafen, was man an dem leichten, aber
regelmäßigen Heben und Senken seines Brustkorbs erkennen konnte.
»Mein Gott, der muss ja halb erfroren sein heute Nacht!
Sieh doch mal, der hat ganz schön was abgekriegt, das sieht nach einem Unfall
aus!« Erschrocken blickte Waltraud auf die blutverkrusteten Stellen am Kopf und
im Gesicht des Burschen.
Ohne viel Worte zu verlieren kniete sich Werner neben den
Jungen, brachte ihn in die stabile Seitenlage, fühlte den Puls und hob
vorsichtig die Augenlider an, doch der Blick blieb starr und der Junge rührte
sich nicht.
»Er muss sofort ins Krankenhaus, sonst überlebt er nicht,
er ist unterkühlt und hat möglicherweise auch innere Verletzungen. Sein Gesicht
wurde bei dem Unfall böse zugerichtet.«
Werner Mayrhöfer hatte wie immer sein Handy dabei. Die
Nummer des BRK-Rettungsdienstes war darin abgespeichert und die Verbindung
rasch hergestellt. Schon nach fünf Minuten
Weitere Kostenlose Bücher