Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sträfliche Neugier

Sträfliche Neugier

Titel: Sträfliche Neugier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claus H. Stumpff
Vom Netzwerk:
Sie
erinnerte sich wieder daran, wie sie und Robby den Erzählungen des Doktors
gelauscht hatten. Erwartungsvoll öffnete sie das Buch mit dem roten Rücken.
Darin hatte der alte Lehrer viele Begebenheiten aus seinem Leben festgehalten.
Julia blätterte eine Weile darin, doch als sie auf folgenden, auf einer
Schreibmaschine geschriebenen Bericht stieß, stockte ihr der Atem:
     
    Ich hatte meinen
Schüler Robert Abel zur Belohnung für seine guten schulischen Leistungen zu
einem Bummel übers Münchner Oktoberfest eingeladen, auch seine Schwester
Franziska war mit von der Partie. Wir fuhren sogar mit der riesigen Achterbahn.
Während der Fahrt – wir saßen im letzten Wagen hintereinander – verspürte ich
einen merkwürdigen Ruck. Als ich mich umdrehte, sah ich zu meinem Entsetzen,
wie Robert über die Bordwand in die Tiefe stürzte. Zum Glück waren wir kurz vor
dem Ziel und der Höhenunterschied betrug nur noch etwa sechs Meter. Als wir
unten ausstiegen und Franziska sich nach ihrem Bruder umschaute, log ich sie
an. Ich erklärte, dass Robert bereits zum Riesenrad gerannt sei, sie solle ihm
schon mal hinterherlaufen, ich käme gleich nach. Ich wartete, bis ich sie aus
den Augen verlor. Dann suchte ich in dem Gewirr von Balken und Eisenstreben der
Achterbahnanlage nach Roberts Körper. Aber er war nirgends zu entdecken. Ein
furchtbarer Schrecken durchfuhr mich, denn ich trug die Verantwortung für den
minderjährigen Jungen. Was sollte ich nur machen? Ich irrte auf dem Platz umher
und war verzweifelt! Was hatte ich Elender da nur angestellt mit diesem dummen
Ausflug auf ’ s Oktoberfest?
    So hoffte ich,
dass Robert nur geringfügig verletzt war. Vielleicht hatte er allein den Weg
nachhause gefunden. Ich bin dann Franzi hinterhergelaufen, die mich am
Riesenrad mit den Worten ›Robby ist aber gar nicht hier‹ oder so ähnlich
empfing. Ich antwortete, dass er uns wohl aus den Augen verloren hätte und den
Heimweg sicher auch ohne uns fände. Dann machte ich mit dem Mädchen noch eine
Fahrt mit dem Riesenrad, anschließend fuhren wir zu mir. Aber Robby war nicht
da. Ich habe Franziska dann nachhause gebracht, doch auch dort war Robby nicht.
Da bin ich mit Franzis Tante Laura zur Polizei gegangen und habe eine
Vermisstenanzeige aufgegeben. Aber Robert ist nie mehr aufgetaucht.
    Nach einem vom
Kultusministerium eingeleiteten Disziplinarverfahren wurde ich für immer vom
Schuldienst suspendiert. Das war ein schwerer Schlag für mich, denn die Schule
war meine Leidenschaft und ich brauchte das dortige Biologielabor für meine
Forschungen. Ich blieb zwar noch sieben Jahre in München, konnte aber die
ständigen Anfeindungen der Nachbarn nicht mehr ertragen. So habe ich München
und Bayern den Rücken gekehrt. Seit einem Jahr bewohne ich im schwäbischen
Burgstadt ein Haus und habe mir im Keller wieder ein kleines Labor
eingerichtet.
     
    Julia blätterte weiter, und es fiel ein Zettel aus dem
Buch. Darauf war diesmal in der säuberlichen Handschrift von Doktor Curtius zu
lesen:
     
    Ich bitte darum, nach meinem Tode den gesamten Inhalt der
silbernen Schatulle meines Urgroßvaters zu vernichten. Hierbei handelt es sich
um verschiedene Substanzen, die nicht in fremde Hände gelangen dürfen. Ich habe
einige Notizen beigelegt, die aber nur für mich bestimmt sind und die ohnehin
niemand anderes entziffern kann.
     
    Martin Curtius
     
    ›Mein Gott! Das ist ja..!.‹ Ihr fehlten die Worte, um das auszudrücken, was sie jetzt
bewegte. Die Erinnerungen an jenen schrecklichen Tag hatten sie wieder
eingeholt:
    Als sie mit der größten Achterbahn der Welt fuhren, musste
Robby wohl aus dem Wagen gefallen sein. Jedenfalls war er danach spurlos
verschwunden. Man hatte den ganzen Platz abgesucht, doch ihn schien der
Erdboden verschluckt zu haben. ›Aber Robby lebt‹ , hatte sie trotzdem
immer zu sich gesagt, ›ich fühle es!‹
     
    Julia bedauerte es sehr, Doktor Curtius ihre wahre
Identität verschwiegen zu haben. Vielleicht hätte sie von ihm noch einiges mehr
erfahren, als in dem Tagebuch stand.
     
    >>>zurück zum Anfang dieses Kapitels
    >>>zurück
zur Übersicht

42
     
    Julias Rückkehr
     
    J ulia
Millert war jetzt vierundzwanzig Jahre alt und trug sich mit dem Gedanken,
wieder nach Burgstadt zurückzukehren. Das eher beschauliche Leben in der
Kleinstadt hatte ihr ohnehin wesentlich besser gefallen als die Hektik einer
Großstadt wie München. Außerdem hoffte sie, in Burgstadt einiges mehr über
Doktor Curtius und das

Weitere Kostenlose Bücher