Sträflingskarneval
prangte ein großes, dunkelblaues Veilchen. Als wäre das nicht genug, fielen Ryan die blutverschmierten Handrücken und Knöchel auf und teils aus Furcht und teils aus Neugier wanderte sein Blick nun zu Zebediah Merriweather.
In dessen Gesicht stand abgrundtiefer, blanker Hass geschrieben. Am linken Auge hatte er ebenso ein Veilchen und insgeheim freute sich Ryan, denn Aidan hatte nicht nur eingesteckt, sondern auch ausgeteilt. Zebediahs Schuluniform, bestehend aus Hemd, Hose und einem Pullunder, war von oben bis unten dreckig, die Säume aufgerissen und auf dem einst weißen Hemdkragen schimmerten Blutflecken.
Aber was war passiert; und wieso hatte Smith es überhaupt zu einer Schlägerei kommen lassen? Auch Kimberly fragte sich das und deutete mit dem Zeigefinger auf den Chefaufseher, der sich ärgerlich nach vorne drängte.
„Was ist hier los?“, bellte Peter Smith über das Geschnatter und die Anfeuerungsrufe hinweg und trat neben Aidan. Sofort begriff er die gesamte Situation und lächelte hämisch. Betont langsam schlenderte er zu den Wachen. Einer der Männer flüsterte ihm etwas ins Ohr, worauf sein Lächeln noch niederträchtiger wurde. Mit funkelnden Augen musterte er Aidan, und Ryan befürchtete eine komplette Eskalation der ganzen Situation.
„Bitte Ryan, bleib ruhig. Tu nichts Unüberlegtes“, beschwor ihn Kimberly und zog ihn an seinem Hemdsärmel ein paar Schritte zurück. „Ich hole einen Lehrer; oder besser noch Mrs. Buckley“, fügte sie eilig hinzu, bevor sie verschwand.
Einen Moment später bahnte Ryan sich einen Weg auf die Szene zu.
„Du widerliche Kakerlake!“, schrie Peter Smith Aidan an, der zwar kurz zusammenzuckte, Zebediah jedoch weiterhin unverwandt fixierte. Allerdings wich seine angestaute Wut aus seinem Gesicht, als wüsste er genau, was nun folgte. „Du stinkende Ratte, wie konntest du nur einen Schüler angreifen? Das gibt eine Menge Ärger und nicht nur für dich, du verräterisches Insekt“, schnaubte Smith eiskalt und schickte die Männer fort, die Aidan bisher in Schach gehalten hatten. Der Muskelberg schritt auf ihn zu und schlug ihm zweimal mit der flachen Hand kräftig ins Gesicht. Sofort verstummte die Menge und Smith holte zu einem weiteren Schlag aus, der mit der Faust die Nase traf. Aidan schrie schmerzgepeinigt auf, sank auf die Knie und umklammerte seine blutende gebrochene Nase.
Bevor jemand reagieren konnte, hielt Smith bereits seinen Prügelstock in der Hand und hieb ohne Rücksicht auf den am Boden knienden Aidan ein. Aidan schrie erneut auf und versuchte notdürftig seinen Kopf mit den Armen zu schützen. Dabei landete der Stock heftig auf seinen Unterarmen und dem Rücken. Unter dem Hagel aus Schlägen kauerte er sich immer mehr zusammen.
Ryan stand für einen winzigen Moment wie gelähmt da und beobachtete schockiert die gewaltsame Szenerie. Er glaubte sich in einem Albtraum. Als hinter ihm auch noch einige Leute leise kicherten und sich augenscheinlich darüber amüsierten, wurde er von einer gewaltigen Zorneswelle überrollt. Ryan vergaß alles um sich herum und hastete schnurstracks auf Aidans Peiniger zu. Ohne Vorwarnung und mit ganzem Körpereinsatz rammte er ihm sein Knie in die Weichteile. Es folgte ein erstickter Schmerzensschrei – der rasch in ein klägliches Jammern überging – und der Muskelberg fiel getroffen zu Boden, wo er sich vor Schmerzen krümmte. Um die Lektion zu beenden, nahm Ryan nochmals Schwung und trat Smith gleich zweimal hintereinander hart in den Magen. Die Menge war abrupt verstummt und beobachtete völlig perplex dieses unerwartete Schauspiel.
„Du Missgeburt!“ Peter Smith stöhnte laut, als Ryan von ihm abließ. „Hau bloß ab … wenn … wenn ich dich krieg …“
„Was dann? Wollen Sie mich auch verprügeln?“, giftete Ryan zurück.
„Hey, du Superheld!“, meldete sich Zebediah Merriweather überraschend zu Wort. Er hatte sich endlich aus dem Klammergriff der Wachen befreit, die nun etwas ratlos in der Gegend standen und sich konsterniert anstierten. „Halt dich aus Dingen raus, die dich nichts angehen. Dieses Verräterschwein hat angefangen.“
Nun richteten sich alle Augen auf Ryan, gespannt auf seine Reaktion.
„Pass bloß auf, was du sagst, Merriweather“, keifte Ryan und hätte ihm auch allzu gerne einen ordentlichen Tritt in seine künftige Familienplanung gegeben. „Ich kenn dich und glaub mir, du verdrehst hier die Wahrheit. War dir langweilig, oder was?“
„Sein stinkender Vater
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