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Sträflingskarneval

Sträflingskarneval

Titel: Sträflingskarneval Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Eickert
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irgendwoher vernahm er dumpf eine panische Stimme. „Schme … Schmerzen“, presste er kaum hörbar heraus. Dann wurde ihm schwummrig. Und im nächsten Moment war alles um ihn herum schwarz. Stille senkte sich über ihn und er fühlte keine Schmerzen mehr.

- 6 -
    Eine überraschende Wende
     
    „Ryan!“, sprach eine leise Frauenstimme eindringlich. „Ryan, wachen Sie auf! Hier können Sie doch nicht schlafen.“
    Schlafen? Er hatte geschlafen? Verwirrt hielt er die Augen noch einen Moment geschlossen und überlegte, an was er sich als Letztes erinnerte. Aidan war bewusstlos zusammengebrochen, kurz darauf waren zum Glück zwei Lehrer vorbeigekommen und hatten sie auf die kleine Krankenstation im Ordenshaus gebracht. Ryan hatte ängstlich dem hier ansässigen Arzt und der Krankenschwester zugesehen, als sie die Blutung stoppten, die Wunde vernähten und Aidans Kreislauf mit Infusionen und Medikamenten stabilisierten. Anschließend hatte er Ophelia Buckley erklären müssen, was passiert war. Wie sich im Nachhinein herausstellte, war Zebediah in die Küche eingebrochen und hatte ein großes Küchenmesser gestohlen, mit dem er Aidan tatsächlich hatte umbringen wollen.
    Diese Nachricht hatte sich wie ein Lauffeuer innerhalb von nur einer Stunde auf Omey Island herumgesprochen. Seitdem stand Zebediah, der sich von Ryans Schlag rasch wieder erholt hatte, unter strengster Bewachung in seinem Zimmer. Niemand außer den Lehrkräften durfte zu ihm. Schon morgen würde er nach Galway gebracht werden, wo er sich verantworten musste. Dieses Mal handelte es sich nicht um eine einfache Prügelei unter Schülern, sondern um versuchten Mord. Außerdem sollte sein Geisteszustand geprüft werden.
    Seit Aidan auf der Krankenstation lag, war Ryan ihm nicht mehr von der Seite gewichen. Mittlerweile war es draußen wieder hell geworden.
    „Ryan! Bitte wachen Sie auf“, forderte die Frauenstimme ihn abermals auf, und er öffnete die Augen. Sofort sah er in das Gesicht von Hannah Donahue, der Krankenschwester, die ihn ein wenig besorgt anschaute.
    „Wie spät ist es?“ Er spürte schmerzlich seine steifen Glieder, die ihm deutlich sagten, dass das Schlafen auf einem Stuhl nicht grade zu seinen Lieblingspositionen gehörte. Er war neben Aidans Bett eingeschlafen.
    „Gleich halb elf.“
    Ryan erschrak. Er hatte die ganze Nacht hier geschlafen. „Bitte … lassen Sie mich noch einen Moment bleiben“, flehte er, da er Aidan einfach nicht alleine lassen wollte.
    Die Krankenschwester runzelte die Stirn, dann lächelte sie. „Na gut, Ryan, aber nur ausnahmsweise.“ Er wollte ihr schon danken, da fuhr sie fort: „Aber das nächste Mal übernachten Sie nicht mehr auf einem Stuhl. Es wäre eigentlich besser, Sie würden in Ihr Zimmer gehen und eine Mütze Schlaf in Ihrem Bett nachholen.”
    Er grinste verlegen und nickte. Anschließend wanderte sein Blick zu Aidan, der ruhig im Bett lag und schlief. Die weiße Bettdecke war bis zur Brust hochgezogen, doch der Ansatz des Verbands war deutlich zu sehen. Auf einigen der sichtbaren blauen Flecken und Striemen an den Armen schimmerte der Rest einer speziellen, sehr wirksamen Heilsalbe. Ryan kannte sie, sie wurde nach einem Spezialrezept alter Druidenkunst hergestellt und oft eingesetzt. Allerdings stutzte er, als er auch um Aidans Hände dicke Verbände entdeckte.
    „Machen Sie sich keine Sorgen“, sagte die Krankenschwester, die seinen fragenden Blick bemerkte, beruhigend. „Es geht ihm schon besser als gestern Abend. Trotzdem müssen wir den Tag abwarten. Vorher kann der Arzt nichts Genaues sagen. Seine aufgerissenen Hände müssen mindestens eine Woche behandelt werden, ein paar Narben wird er allerdings behalten.“
    „Was ist, wenn es schlimmer wird?“ Ryan hoffte das allerdings nicht.
    „Dann wird er sofort ins Krankenhaus nach Clifden oder Galway gebracht. Doch bisher hatte er kein Fieber, und in der Nacht hatte er sogar einmal die Augen auf und konnte etwas trinken.“
    Erleichtert seufzte Ryan.
     
    *
     
    Am nächsten Morgen wachte Ryan ziemlich früh in seinem Bett auf. Er blinzelte und beobachtete, wie sich die ersten Sonnenstrahlen sanft durch den zugezogenen Vorhang einen Weg ins Zimmer bahnten. Eilig stand er auf, ging ins Bad und trat fünfzehn Minuten später frisch geduscht und angezogen in den Flur. Auf Unterricht hatte er heute zwar gar keine Lust, aber der ließ sich leider nicht vermeiden. Doch zuerst wollte er nach Aidan sehen. Leise lief er die Treppe zum

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