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Sträflingskarneval

Sträflingskarneval

Titel: Sträflingskarneval Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Eickert
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Mittagspause bei Aidan vorbeizuschauen. Das angerichtete Chaos und Aidans Verschwinden hatten ihn sofort zum Handeln bewegt. Wie von einer Tarantel gestochen war er zum nächsten Taxistand gehetzt und hatte den Fahrer fast bedroht, er solle ihn so schnell wie möglich nach Galway bringen. Noch bevor sie losgefahren waren, hatte er ihm zweihundert irische Pfund in die Hand gedrückt, um ihn noch weiter anzutreiben. Wieder einmal fluchte er, weil er noch keinen Führerschein besaß.
    „Ich kann nichts machen“, erklärte der Taxifahrer und deutete auf die rote Ampel.
    „Ich steige aus“, meinte Ryan kurzerhand und bemerkte, dass der völlig verdutzte Mann seine Entscheidung nicht zu bedauern schien, und so seinen ungeduldigen Fahrgast frühzeitig zu verlieren.
    Ryan stieg aus und wandte sich schnurstracks in die gewünschte Richtung. Zu seinem Glück war das Ordenshaus der Druida Lovo nicht allzu weit von seinem jetzigen Standort entfernt, und die restlichen zwei Kilometer rannte er wie ein Besessener. Als er sein Ziel erreichte, japste er nach Luft und hatte heftiges Seitenstechen, aber das war ihm im Moment egal. Er musste zum Großmeister, denn nur er konnte wissen, wo Aidan war. Eine Ahnung sagte ihm, dass Smith wiederkommen war und Aidan mitgenommen hatte. Und Smith handelte ausschließlich auf Befehl von Hinthrone.
    Nachdem er einigermaßen wieder normal Luft bekam, stürmte er die Marmortreppe zur Eingangshalle hinauf und von dort in den dritten Stock, wo sich das Büro des Großmeisters befand – das frühere Büro seines Urgroßvaters – und blieb erst im Vorzimmer vor der geschlossenen Bürotür stehen. Er hatte dieses Zimmer gar nicht so prunkvoll in Erinnerung. Die Möbel waren neu und alles wirkte sehr teuer. Das geschah also mit den Geldern des Ordens, dachte er, und ärgerte sich gleich noch mehr.
    „Entschuldigen Sie, aber Sie dürfen nur mit Termin eintreten“, schnarrte Ian, der überrumpelte Sekretär, als der ungebetene Gast einfach an ihm vorbeilief. Eilends stand er auf und umrundete den Schreibtisch, der mit Aktenordnern übersät war. „Der Großmeister ist heute nicht zu sprechen.“ Dabei stellte er sich Ryan mit ausgebreiteten Armen in den Weg.
    „Ich habe einen Termin … JETZT!“, schnaubte Ryan, kurz vorm Explodieren. „Lassen Sie mich gefälligst vorbei, ich muss mit Hinthrone reden!“
    Der Sekretär räusperte sich und versuchte seinen Gegenüber mit strengem Blick zu maßregeln. „Sie brauchen einen Termin“, beharrte er.
    „Wie Sie meinen.“ Plötzlich lächelte Ryan süßlich und zog ein kleines Klappmesser aus seiner Hosentasche, welches er letztes Weihnachten von seinem Urgroßvater geschenkt bekommen hatte. Dieses hatte er bereits am Morgen vorsichtshalber eingesteckt, weil er Smith seit gestern alles zutraute – nur nicht die Entführung Aidans. Nun zahlte sich sein Argwohn aus. „Hier ist mein Termin! Lassen Sie mich vorbei! Jetzt!“
    „Dir sollte dringend jemand ein paar Manieren beibringen“, ertönte eine ihm bekannte Männerstimme. Der tückische Tonfall fuhr ihm durch Mark und Bein, aber dieser widerliche Kerl war zur rechten Zeit am rechten Ort. Auf der Stelle wirbelte er herum und stand mit dem Messer in der Hand vor dem breitschultrigen Riesen Peter Smith.
    „Was willst du denn mit dem kleinen Ding da?“, fragte er und deutete mit dem Kinn auf die Waffe. “Damit kannst du nicht einmal richtig einen Finger abschneiden.“
    „Passen Sie bloß auf, sonst versuche ich es bei Ihnen zuerst“, spie Ryan hasserfüllt zurück. Er kochte förmlich vor unbeherrschter Raserei. „Oder ich werde Sie kastrieren und dann in ein dunkles Loch werfen, wo Sie am Ende in Ihrem eigenen Blut verrotten“, und ein gefährlicher Unterton mischte sich in seine Stimme. „Wo ist Aidan? Was haben Sie mit ihm gemacht? Und ich warne Sie, wenn Sie ihn angefasst haben, dann benutze ich das Messer und zeige ihnen, wie gut es wirklich schneidet.“
    „Du wirst sicherlich verstehen, dass du mich damit nicht beeindruckst.“ Peter Smith schüttelte amüsiert den Kopf. „Du warst doch bisher immer ein lieber Junge. Außerdem scheinst du mir ein wenig zu jung, um dich in Angelegenheiten Erwachsener einzumischen. Doch ich vergaß, du magst Regeln nicht; und je mehr du davon brechen kannst, desto nerviger wirst du. Also steck das Ding lieber ein, bevor du dich noch weiter aus dem Fenster lehnst. Das wird dir nicht gut bekommen.“
    Diese Warnung verfehlte im ersten Moment nicht

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