Sträflingskarneval
diesen Unsinn hast du geglaubt?“ Ryan stand kurz vor einem Lachanfall; gleichzeitig war er wütend auf Mrs. Buckley, weil sie ihn seit Monaten angelogen hatte.
„Wenn du alles besser weißt, wieso erzählst du dann nicht weiter?“, schnaubte Duncan und verschränkte schmollend die Arme vor der Brust.
Ophelia seufzte. Für kindisches Benehmen hatten sie keine Zeit. „Reißt euch gefälligst zusammen, alle beide!“
„Aber er hat doch angefangen“, verteidigte sich Duncan mehr schlecht als recht.
„Das ist mir ganz egal“, erwiderte sie leicht gereizt und tadelte beide mit einem strengen Blick. „Erzählen Sie jetzt bitte weiter.“
Nun seufzte Duncan. „Okay. Also, Mr. Hinthrone hat mich bedroht. Eines Tages stand er plötzlich vor meinen Eltern und hat ihnen eine Lüge aufgetischt. Er hat ihnen erzählt, ich hätte eine Tankstelle überfallen und er hätte mir geholfen, der Polizei zu entkommen. Mein Dad war so sauer auf mich, dass er mich hochkant rausgeschmissen hat. Danach hat mich Mr. Hinthrone in den Orden geholt und mich fast einen Monat dort wie ein Gefangener festgehalten. Ich musste ihm schwören, dass ich ihm treu ergeben bin. Danach musste ich zuerst Mrs. McGrath ausspionieren und vor vier Wochen hat er mich nach Llŷr geschickt, um mich dort um einen ganz besonderen Gefangenen zu kümmern, den niemand sehen oder besuchen darf.“
„Sie haben vergessen zu erwähnen, dass Sie kurz nach Ihrem Eintritt in den Orden heimlich mit mir Kontakt aufgenommen haben, um mich vor dem Großmeister zu warnen“, ergänzte Ophelia für jeden im Raum überraschend.
„Das kann doch wirklich nicht Ihr Ernst sein?“, rief Ryan entgeistert. „Sie sprechen hier von Duncan ‚Weichbirne’ Audley! Wenn er … hoffentlich früh genug … einen Gehirnschlag bekommt, dann wird es ein Schlag ins Leere sein. Hallo?! Kapiert das niemand? Duncan ist Duncan und kein Spion!“ Nebenher spürte er Kimberlys Hand auf seiner, die ihn von einem ausgewachsenen Wutausbruch abzuhalten versuchte. Er sah sie nur kurz an und verstand. Er musste sich im Zaum halten, für Aidan, auch wenn es ihm äußerst schwer fiel. Trotzdem, die Situation war einfach zu lächerlich.
„Mal ehrlich, Mrs. Buckley“, warf Gillean ein. „Ich stehe voll und ganz auf Ryans Seite. Er hat uns genug von dem da erzählt …“, sein Kinn ruckte zu Duncan, „… um ihm kein einziges Wort zu glauben.“
„Diese Geschichte ist wahr“, ergriff Ophelia für ihren Spion Partei. „Ansonsten würden sie beide behaupten, ich lüge.“
Diese Aussage brachte Ryan und Gillean zum Verstummen und sie schämten sich. Niemals würden sie ihre ehemalige Schulleiterin als eine Lügnerin bezeichnen. Anstatt erneut aufzubrausen dachten sie über die neue Lage nach. Wenn das Oberhaupt des Ordens Duncan Audley für seine Seite benutzte, dann war die ohnehin schon angespannte Situation anscheinend ernster, als ihnen bewusst gewesen war. Egal ob sie es wollten oder nicht, jeder von ihnen musste versuchen Duncan zu akzeptieren. Ophelia vertraute ihm und sie vertrauten Ophelia.
Doch Ryan konnte nicht einfach so über seinen Schatten springen, dafür war zu viel zwischen ihnen vorgefallen. Auf der einen Seite konnte er Duncan nicht ausstehen, aber auf der anderen Seite wollte er Aidan unbedingt wieder in Sicherheit wissen. Somit steckte er in einem furchtbaren Dilemma. Er beschloss insgeheim, dass es noch eine andere Lösung geben musste, die ihm allerdings im Moment nicht einfallen wollte. Um jedoch einen eigenen Plan zu ersinnen, benötigte er dringend Informationen und die konnte ihm nur Duncan geben. Solange musste er eben die Zähne zusammenbeißen.
„In Anbetracht deiner ohnehin nicht vorhandenen Fähigkeiten …“, unterbrach Ryan seine Überlegungen, „… wäre es besser, du würdest tatsächlich für Hinthrone arbeiten. Und weil du offiziell für ihn arbeitest, will ich auf der Stelle wissen, was ist mit Aidan passiert? Du sagst, du warst auf Llŷr, also musst du auch wissen, wie es Aidan geht?“
Diese Frage interessierte auch die restlichen Anwesenden brennend und neugierig fixierten sie Duncan.
Angesprochener fühlte sich bei so viel Aufmerksamt unwohl in seiner Haut. Er hatte zwar gewusst, dass es schwierig werden würde, in dieser kleinen Gruppe akzeptiert und integriert zu werden, hauptsächlich wegen Ryan, aber so kompliziert hatte er es sich nicht vorgestellt. Obgleich er Mrs. Buckley bei ihrem letzten heimlichen Treffen in Clifden davor
Weitere Kostenlose Bücher