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Sträflingskarneval

Sträflingskarneval

Titel: Sträflingskarneval Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Eickert
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einsetzen muss. Er kann Lawren nicht töten, aber er kann ihn erpressen.“
    „Aber Lawren ist ein Verräter“, entgegnete Ryan und sah Aidans Mutter geschockt an. „Er hat doch mit den Datla Temelos gemeinsame Sache gemacht.“
    Rossalyn schaute Hilfe suchend zu ihrer Schwester hinüber, die sogleich an ihrer Stelle weiterredete. „Er hat die ganze Zeit für Colin als Spion gearbeitet. Lawren war nie ein Verräter, sondern hat Ramon MacDermot und Bartholemeus ausspioniert. Niemals hat er auch nur vorgehabt, die Seiten zu wechseln. Als der Befehl zum Angriff kam, da hatte Ramon Rossalyn in seiner Gewalt und drohte Lawren damit, sie und Aidan zu töten, sollte er nicht mitspielen. Kurz vor dem Angriff hatte er erfahren, dass er von Lawren unterwandert worden war. Das konnte er natürlich nicht auf sich sitzen lassen, und aus diesem Grund war auch Aidan dabei. Ramon hatte gehofft, Aidan würde bei der blutigen Auseinandersetzung sterben.“
    Nach dieser Offenbarung herrschte absolute Stille im Raum, nur das Knistern des Kaminfeuers war zu hören.
    „Dann wollten die Formori dieses uralte Wissen des Ordens für sich beanspruchen?“, mutmaßte Kimberly.
    „So ist es“, bestätigte Ophelia. „Das Schlimme jedoch ist, dass Ramon McDermot erst durch Bartholemeus’ Hilfe an die Informationen gelangte, und er war es auch, der Lawren ans Messer geliefert hat.“
    „Das kann ich nicht glauben“, flüstere Ryan und schüttele den Kopf. „Das geht nicht. Hinthrone gehört doch zum Orden. Aber nach dem, was ihr gesagt habt, wäre er ein Verräter und ein Formori.“
    „Er ist kein Formori“, stellte Ophelia sofort richtig. „Er war von Anfang an ein Mitglied unseres Ordens, wenn auch kein gläubiges. Jetzt ist er lediglich ein Verräter.“
    „Woher wusste er davon?“ Ryan begann allmählich die Zusammenhänge zu verstehen, wollte sie jedoch nicht wahr haben. Die ganze Sache wurde immer verzwickter und gefährlicher. Wäre das alles doch nur ein böser Traum, dann könnte er einfach aufwachen und sein Leben wäre wieder in Ordnung.
    „In der Hierarchie des Ordens ist das Geheimnis nur dem Großmeister und den zwölf Ratsmitgliedern bekannt und vor seiner Ernennung zum Großmeister saß Bartholemeus im Rat, genau wie ich vor Colins Tod.“
    Erneut herrschte Schweigen. Jeder dachte über das Gesagte nach. Ryan wunderte sich vor allem, dass er die Neuigkeiten so gelassen hinnahm, was allerdings nicht seine Sorge um Aidan schmälerte. Er wollte ihn endlich wieder in Sicherheit wissen und in seine Arme schließen.
    „Okay, das muss ich erst einmal in Ruhe verdauen“, sagte er schließlich laut und seufzte. „Aber das hilft Aidan auch nicht weiter. Soll er etwa in Llŷr versauern?“
    „Natürlich nicht“, meinte Ophelia. „Alles Weitere diesbezüglich können wir aber erst morgen besprechen, wenn mein Spion von Llŷr zu uns kommt. Er wird uns helfen, einen Plan auszuarbeiten wie wir Aidan und Lawren befreien können. Denn wenn eines ganz sicher ist, dann dass Bartholemeus nicht mehr lange zögern wird und tatsächlich über noch mehr Leichen geht.“
     
    *
     
    Die Stunden bis zum nächsten Tag zogen sich dahin wie Kaugummi. Ryan wurde zunehmend nervöser. Wenn es nach ihm gegangen wäre, wäre er sofort nach dem Gespräch zur Küste gefahren und hätte sich dort ein Motorboot genommen, um die Gefängnisinsel zu erreichen. Aidan saß ganz alleine in einer dunklen und stickigen Zelle und drehte vermutlich durch. Ryan dachte an die Worte seines Freundes zurück und konnte praktisch am eigenen Leib spüren, wie es ihm jetzt gehen musste. Zwischen der Vorstellung, wie Aidan in seinem Gefängnisloch saß, blitzten immer wieder Erinnerungsfetzen auf: Aidan, wie er lachte und die schöne Geburtstagsfeier und ihre Stunden zu zweit. Ryan vermisste ihn schmerzlich und seine Angst um ihn nagte unaufhörlich an seinem ohnehin gereizten Nervenkostüm. Nicht einmal Kimberly und Gillean konnten ihn beruhigen und ganz besonders nicht Ophelia Buckleys andauernde Beteuerungen, dass sie abwarten müssten, bis der Spion eintraf.
    Endlich war es so weit. Um drei Uhr nachmittags kündigte ein schrilles Läuten den lang ersehnten Besucher an. Ryan sprang vom Sofa auf und hechtete wie ein Wilder zur Haustür. Neugierig, wie er war, wollte er unbedingt den Spion kennenlernen, der ihm und seinen Freunden helfen sollte, heil nach Llŷr hinein und auch wieder herauszukommen. Womöglich wusste der Spion auch, wie es Aidan zurzeit erging.

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