Strafzeit
aller Leute um Hubertus und Klaus herum zum vierten Mal ins Netz.
Vier zu eins lautete der Endstand.
Damit hatten Schwenninger wie Ravensburger je zwei Partien in dieser Finalserie für sich entschieden – am Dienstag würde das fünfte und letzte Spiel über den Aufstieg in die oberste Spielklasse entscheiden.
Noch während die Ravensburger Anhänger die letzten Sekunden herunterzählten, erhob sich Riesle und strebte gen Ausgang, Hummel trottete müde hinterher.
Währenddessen hatten die Polizeibeamten drei oder vier Fans auf der Sitzplatztribüne wegen ihrer Ähnlichkeit mit dem Phantombild angesprochen. Möglicherweise, so überlegte Müller, sollte man die Männer mit der Videokamera filmen und die Passagen dann Ziegler vorlegen. Der würde schließlich beurteilen können, ob das der betreffende Mann war.
Natürlich bot sich aber noch eine andere Vorgehensweise an – und die verfolgte Müller stattdessen: Zusammen mit Winterhalter und zwei Schutzpolizisten ging er direkt in die Spielerkabine, um Kirk Willy zu bitten, zu einer Befragung nach draußen zu kommen.
Diese ergab nichts Neues, obwohl man das so eigentlich auch wieder nicht sagen konnte: Nach der Eins-zu-vier-Niederlage war Willy in einer so prächtigen Stimmung, dass er die Aufforderung der Polizei, herauszukommen, damit quittierte, dass er ein Loch in die Kabinentür trat. Als er dann andeutungsweise erfuhr, was die Kripo von ihm wollte, hätte er beinahe noch ein Loch in Müllers Kniescheibe getreten, als dieser sagte, er könne ihn auch einfach mit aufs Revier nehmen. Zum Glück – auch für Müller – schaltete sich Winterhalter ein und beruhigte den Hünen.
»Lasset Se’s mol gut sei«, sagte er zu Müller. »De Kirk brauchet mir Eishockeyfans no am Dienstag – und e astreines Alibi für de Mord hät er jo wohl au.«
Hummel und Riesle kamen an diesem Abend nicht mehr in direkten Kontakt mit Willy. »Get away, man!«, brüllte dieser Riesle an, als er vor dem Bus Anstalten machte, ihn anzusprechen. Der Sportler hatte sich wie verschiedene andere Akteure auch einen »Play-off-Bart« wachsen lassen, rasierte sich also während dieser entscheidenden Wochen nicht mehr, was ihm ein noch wilderes Aussehen gab. Und seit der ersten Play-off-Runde waren immerhin schon fast vier Wochen vergangen …
Immerhin ließ sich Riesle auf der Rückfahrt trotz seiner Enttäuschung darauf ein, mit der Veröffentlichung der Enthüllungen über Willy im Schwarzwälder Kurier bis nach dem Dienstagsspiel zu warten.
Einige Male überholten sie auf der Autobahn noch Fanbusse, aber mit den Schals winkten nur noch wenige unverdrossene Schwenninger Anhänger.
10. ZWEIKAMPFSTARK
Auch in der Schule blieb der Fall Mielke am Montagmorgen weiter Thema. Der Rektor hatte zu einer Art improvisierter Trauerfeier in die Aula des Gymnasiums gebeten – und auch die Schüler schienen wenig anderes im Kopf zu haben als das Ableben eines ihrer Lehrer. Mit ihnen war jedenfalls weder im Deutsch- noch im Gemeinschaftskundeunterricht etwas anzufangen.
Eine Stunde nach Schulschluss holte Klaus Hubertus zu Hause ab, und gemeinsam fuhren sie nach Schwenningen.
Im Wagen besprachen sie das weitere Vorgehen.
»Willst du wirklich noch mal zu Willy hingehen? Und ihn diesmal ganz klar fragen, ob Mielke ihn mit seiner Frau betrogen hat?«, meinte Hubertus, als Klaus bei Dunkelgelb die Ampel an der Fideliskirche überquerte.
Die Radaranlage blitzte nicht. Glück gehabt.
Oder gutes Timing, wie Klaus behauptete, während sie am Café Viereck, dem Villinger Untersuchungsgefängnis, vorbeikamen.
»Während du in der Schule Kinder verdorben hast, habe ich mir was Cleveres überlegt«, meinte Riesle gewohnt großspurig. »Die haben jetzt um vierzehn Uhr Training. Ich spreche danach einfach mal ganz normal mit Willy. Ich bin ja schließlich Journalist, und er kennt mich, auch wenn er gestern Abend ein bisschen abweisend war. Irgendwann werde ich das Gespräch auf den Mord lenken und sehen, wie er dann reagiert.«
»Toll«, meinte Hubertus sarkastisch. »Und ich?«
Auch für Hummel hatte Riesle einen Plan: »Unser Sportredakteur wusste Bescheid: Kirk und Helen Willy, Schwenningen, Vor dem Hummelsholz. Du gehst in der Zwischenzeit zu Helen, gibst dich als Detektiv aus – und dann wirst du schon was aus ihr herausbekommen. Tritt einfach forsch auf.«
Zwar zierte sich Hubertus noch eine Weile, aber schließlich ließ er sich gegenüber dem zweistöckigen Haus absetzen, wo Willy
Weitere Kostenlose Bücher