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Straight White Male: Roman (German Edition)

Straight White Male: Roman (German Edition)

Titel: Straight White Male: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Niven
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und Schrammen an der Wohnungstür. Ihre roten Augen und ihr trockenes Husten.
    Bevor sie sich umzog, bot sie ihm an, sich an dem stinkenden Joint, der im überfüllten Aschenbecher vor sich hin schwelte, und dem Päckchen Benson & Hedges zu bedienen, das daneben lag. Kennedy war der Überzeugung, dass heutzutage eigentlich nur noch Adelige und Langzeitarbeitslose zu Hause rauchten. In den eigenen vier Wänden zu rauchen und Kinder zu kriegen, ohne an die Konsequenzen zu denken, war einmal ein Privileg der Mittelklasse gewesen. Inzwischen war es ausschließlich dem oberen und unteren Ende der sozialen Leiter vorbehalten. Er hatte ein Fenster geöffnet, statt auf das Angebot einzugehen, einen Schluck aus seinem silbernen Flachmann genommen und es sich auf dem Kunstledersofa bequem gemacht. Gerrys Zimmer war wie geschaffen, um von Truman Capote beschrieben zu werden: das dünne Laminat, das beim Gehen quietschte und knirschte. Das schäbige Sofa. Der aus der Mode gekommene Couchtisch aus Glas und Chrom, der, soweit sich Kennedy erinnerte, von irgendeiner Tante, einem Onkel oder Cousin stammte. Der kleine runde Esstisch in der Ecke, übersät mit schmutzigem Geschirr. An der Wand hing ein billig gerahmtes Filmplakat: Al Pacino in Scarface . Auf dem Kaminsims standen in verschnörkelten, goldenen Kunststoffrahmen, deren Inschriften – »Glückliche Zeiten«, »Love« – die Themen der Bilder betonen sollten, ein paar spärliche Fotografien. Darunter ein Schnappschuss von Robin, wie sie, gerade sechs Jahre alt, ausgelassen auf einer Akustikgitarre herumschrammelte, und eines von Rowan und Eamonn, Patricks Ältesten. Ihre Bibliothek, bestehend aus seinen eigenen damals bereits drei veröffentlichten Romanen, einer Taschenbuchausgabe von Mr. Nice und ein paar Harry-Potter -Bänden, fand auf nur einem Wandbord Platz. Mitten im Raum thronte der einzige Gegenstand in dieser Wohnung, der einen gewissen Wert besaß: ein riesiger Fünfzig-Zoll-Flachbildfernseher mit einer Xbox darunter. Die ganze Bude stammte geradewegs aus den Seiten des Schöner-Wohnen -Sonderhefts für kleine Drogendealer.
    Auf dem Weg in die Küche sah er den kurzen Flur hinab und bemerkte, dass die Tür zum Schlafzimmer verschlossen war. Die Küche, im Prinzip bloß eine Abstellkammer, war gerade groß genug, um die Arme auszustrecken. Vom Fenster blickte man in die dunklen Gärten der Nachbarwohnungen, zugepflastert mit Müllcontainern, kleinen Aluminiumwindrädern, Schrott und Plunder. Das oberste Blatt des Kalenders an der Wand stammte vom März – inzwischen war es Mai. Gelegentlich gab es mal einen einsamen Eintrag in Gerrys mädchenhafter Handschrift – »Mums Geburtstag«, »Arzt«, »Sozialamt« –, davon abgesehen waren die Seiten leer. Kennedy verspürte einen seltsamen Schmerz: Ein paar Jahre des Erfolgs hatten ausgereicht, um in ihm die Sehnsucht nach einem ähnlich verwaisten Terminkalender aufkeimen zu lassen. Der seine war bloß noch ein Folterinstrument: 8:55 Uhr Heathrow; 12:00 Uhr Waterstone Buchhandlung Manchester, Dinner: Connie, Lunch: ICM, Meeting: Curtis Brown, L. A. Berlin. Dublin. Preisverleihung. Er öffnete den kleinen Kühlschrank: ein Stück Käserinde, eine Flasche Ketchup und eine Zweiliterflasche Cider. Das Tiefkühlfach war ein einziger weißer Eisblock mit einem schmalen Schlitz, in dem eine dünne Tiefkühlpizza gerade noch Platz gefunden hätte. Er zog eine Schublade auf, darin lag ein Schreiben. Schwarze Druckbuchstaben in einem rot umrandeten Kasten: »Sollte Ihre Zahlung nicht bis zum …« Es war bei Weitem nicht der einzige Brief dieser Art. Beim Öffnen des Küchenschranks über der Spüle schlug ihm ein muffiger, abgestandener Geruch entgegen. Zwei einsame Dosen Pilzsuppe standen inmitten brauner Medizinfläschchen: Lorazepam, Diazepam, Codein. Er betätigte das Pedal des Mülleimers: ein zerrissener Pizzakarton, bedeckt von Fetzen geschwärzter Alufolie.
    Hölle. Winzige Höllenkreise, egal wohin man sah.
    In Gedanken ging Kennedy noch einmal sämtliche Adjektive durch. Welche davon hatten zu Capotes Stammvokabular gehört? Dünn, klein, billig, falsch. Abgesehen vom Fernseher und der Xbox war alles, was sich sonst noch in der Wohnung befand, höchstens ein paar Hundert Mäuse wert.
    Als sie aus dem Schlafzimmer zurückkehrte schien Gerry besser drauf zu sein. Ihre Augen glänzten, als sie in den Mantel schlüpfte und sie beide in den beißenden Frühlingswind hinaustraten. Gerry war von seinem Auto

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