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Straight White Male: Roman (German Edition)

Straight White Male: Roman (German Edition)

Titel: Straight White Male: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Niven
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wissen.
    »Bestens. Sie denkt noch mal drüber nach.«

sechsunddreißig
    »Hallo, tut mir leid, ich bin ein bisschen spät …«
    »Kein Problem. Komm rein. Komm doch rein.«
    Kennedy lotste sie in sein Büro und geleitete sie zu den Sofas. Draußen ging flackernd das orangefarbene Licht der Laternen an, die den Weg über den Kolleghof säumten. Das Einzelseminar am Ende des Arbeitstages war natürlich Teil seines Plans gewesen. Auch gewisse andere Details hatte er keineswegs vernachlässigt.
    Da war zum Beispiel das riesige gerahmte Filmplakat des supererfolgreichen Thrillers, dessen Drehbuch von ihm stammte. Natürlich hatte er das Poster nicht aufgehängt – viel zu vulgär –, sondern ans Ende jenes Sofas gelehnt, das genau gegenüber dem Sofa stand, zu dem er Paige jetzt führte. Am unteren Rand des Plakats, gerade noch sichtbar, befand sich ein Kasten mit den magischen Worten »Drehbuch: Kennedy Marr«. Noch hinter dem Filmplakat, im Bücherregal, exakt auf Augenhöhe, hatte er sorgfältig, wenn auch betont beiläufig und fast schon willkürlich, einen Stapel ausländischer Übersetzungen seiner Bücher verteilt – italienische, französische, deutsche, norwegische, sogar türkische . Die verschiedenen Farben und Schrifttypen auf den Rücken der Bücher buchstabierten quasi das Wort » M.A.C.K.E.R. «. Hoch oben auf dem Regal, von der Kante abgerückt, aber dennoch deutlich sichtbar, thronte sein BAFTA -Award für das Drehbuch zu Undenkbar . Direkt hinter das Sofa, auf dem Paige gleich Platz nehmen würde, hatte er einen Pappkarton mit noch nicht ausgepacktem Kram gestellt. Falls sie in diese Richtung schaute – was sie zwangsläufig tun musste, um mit ihm zu sprechen, wenn er an der Bar stand –, würde ihr Blick auf die gerahmten Fotos in der Kiste fallen: Schnappschüsse von verschiedenen Drehs. Kennedy mit Ryan Gosling und Nicole Kidman. Sogar mit Jack Nicholson.
    Sie ließ ihren Mantel von den Schultern gleiten, und ihr Duft war umwerfend. Bloß Seife und Wasser, nicht zu viel Parfum. Sie setzte sich, beugte den Kopf, um einen Ordner aus ihrer Tasche zu ziehen, und durch die Schießscharte zwischen zwei herabhängenden Strähnen roten Haars hatte er kurz ihr Dekolleté im Visier: gebräunt, sommersprossig, die festen Brüste – noch unbehelligt von der Schwerkraft – in einem eng sitzenden marineblauen BH.
    »Drink?«, fragte Kennedy so beiläufig wie möglich und versuchte, es so rüberkommen zu lassen, als handele es sich dabei um die normalste Sache der Welt. Eben das, was jeder zivilisierte Dozent einem Studenten um fünf Uhr nachmittags anbieten würde, bevor er mit ihm arbeitet. Er gab sich alle Mühe, die Frage nicht wie »Rohypnol?«, »Chloroform?« oder einfach nur »Schwanz?« klingen zu lassen.
    »Bitte?« Paige hob den Kopf und sah ihn an.
    »Ich wollte mir gerade einen Drink machen. Mögen Sie vielleicht auch einen?«
    »Was für einen?«
    »Wie wäre es mit einem Negroni?« Er deutete in Richtung des Regals mit den alkoholischen Getränken, das einige von Londons besseren Cocktailbars beschämt hätte.
    »Was ist denn da drin?«
    »Gin, Wermut und Campari.«
    Sie blickte ihm einen Augenblick lang in die Augen. »Na gut, in Ordnung.«
    Mit dem Rücken zu ihr begann er mit dem Eis und den Orangen zu hantieren. »Also, wie sehen Ihre Pläne aus?«
    »Meine Pläne?«
    »Ich habe gesehen, dass Sie sich nach dem zweiten Studienjahr eine zweijährige Auszeit genommen haben.« Er goss den Gin über das Eis und fügte eine Orangenschalenspirale hinzu.
    »Oh. Ich bin nach London gegangen. Habe gejobbt. Und geschrieben.«
    »Wo haben Sie gejobbt?« Jetzt noch einen Spritzer Wermut.
    »Hier und da. Hab gekellnert und solche Sachen.«
    »Und warum sind Sie zurückgekommen?«
    »Ich hatte genug …«
    »Genug?« Zu guter Letzt noch ein großzügiger Schuss Campari.
    »… Erfahrungen gesammelt.«
    »Ah.« Er brachte die Drinks herüber und reichte Paige ihr Glas. »Prost.« Er toastete ihr zu, nahm ihr gegenüber Platz und genoss seinen Cocktail sowie ihren Anblick im Schein des letzten Tageslichts, das durch die Fenster hinter ihm fiel.
    »Mmm«, sagte sie, als sie an ihrem Drink nippte.
    »Ich habe die ersten zehn Seiten Ihres Drehbuchs gelesen.«
    Paige sah ihn an. Kein »Ach, tatsächlich?« oder »Wie hat es Ihnen gefallen?« in den Augen. Sie erwiderte einfach nur seinen Blick, wartete ab, was er zu sagen hatte. Irritierend selbstbewusst.
    »Die Idee ist ziemlich gut. Am Ausdruck könnte man

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