Strandglut 27 Short(s) Stories
winkten ihnen nach, bis der letzte Wagen hinter der Lianenverhangenen Allee verschwunden war, während der Catering-Service bereits die Hälfte des Abbaus hinter sich hatte.
„Drink auf der Terrasse!“ befahl Miriam. Schweigend stiegen die vier die Eichentreppe hoch in den ersten Stock, der von einer Holzterrasse umrundet wurde. Sie ließen sich in die Schaukelstühle fallen und starrten auf die von unten erleuchtete Lianenallee.
„Okay, wer sind Sie?“ fragte Miriam den Mann, der sich für Oskar ausgegeben hatte.
„Aber Miriam, ich bin’s, Oskar.“
„Quatsch, Oskar liegt mit Eiszapfen an den Wimpern in der Tiefkühltruhe. Also, wer sind sie?“
„Ach, Sie haben ihn schon entdeckt!“
„Also raus mit der Sprache.“
„Und keine Mätzchen“, fügte Peter trocken hinzu.
„Okay, ich werde Euch eine Geschichte erzählen.“
„Wird aber auch langsam Zeit“, fand Judy.
„Mein Name ist Paul. Paul Schneider. Oskar und ich sind, äh waren, Zwillingsbrüder. Während Oskar immer der lebenslustige war und sich mit diversen Ehefrauen und Geliebten amüsiert hat, habe ich die Firma unseres Vaters geführt. Sie wissen vielleicht, dass unser Vater eine Reifenfabrik im Sauerland hatte. Vater war ein Tyrann, selbst als er schon im hohen Alter von 90 war, hatte keiner von uns etwas zu sagen, es wurde gemacht, was Vater bestimmte. Als ich mit fünfundfünfzig Jahren zum ersten Mal heiraten wollte, hatte mein Vater etwas gegen meine Frau und drohte mir an, mich im Falle einer Heirat zu enterben. Oskar wollte nach Amerika auswandern und hier ein Zweigwerk gründen, aber Vater war strikt dagegen und verweigerte ihm jegliche Unterstützung. Da hat Oskar ihn kaltgemacht. Aber Oskar war schlau, er hatte sich ein hieb- und stichfestes Alibi besorgt. Dafür wurde ich festgenommen und, da ich zwar ein Motiv aber kein Alibi hatte, zu zwanzig Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Während ich im Knast saß, ist Oskar nach Amerika ausgewandert und hat eine so charmante und attraktive Frau wie Sie, liebe Miriam, gefunden und geheiratet.“
„Vor allem eine so reiche“, gab Peter zu bedenken.
„Ja“, sagte Paul, „und eine so reiche.“
„Und zu ihrem fünfundsiebzigsten Geburtstag haben Sie sich dann selbst ein Geschenk gemacht und ihren Bruder umgenietet“, schloss Judy die Erzählung.
„Ich habe zwanzig Jahre für ihn gesessen, jetzt werde ich den Rest meines Lebens auch sein Leben leben.“
„Und was macht sie so sicher, dass wir Sie nicht der Polizei übergeben?“
„Sie wollen doch sicher an dem Reichtum, den Oskar von meinem Vater geerbt hat, weiterhin teilhaben. Oder wer soll die Golfplätze, die Häuser dort vorn, denn weiter finanzieren?“
Miriam hatte die Arme um sich geschlungen, als ob ihr kalt wäre.
Jetzt setzte sie sich entschlossen auf und sagte: „Gut, aber Oskar muss weg. Sonst entdeckt Juanita spätestens morgen früh die Leiche.“
„Peter, könntest Du vielleicht...“
„Mom, es sind viel zu viele Leute ums Haus herum. Wir können ihn jetzt nicht in die Reisfelder bringen.
„Lass mich ausreden. Du wirst ihn morgen in Deiner Fabrik, die Du von der reizenden Lucy geerbt hast, entsorgen. Die lieben Hundchen werden schon nicht merken, dass in ihrem Dosenfutter Menschenfleisch ist.“
„Mom, es dauert viel zu lange, bis er aufgetaut ist.“
„Wir könnten ihn ja föhnen“, schlug Judy vor.
„Oder den Kamin anzünden.“
„Nichts von alledem. Wir haben eine Eissäge im Schuppen. Damit werden wir Oskar portionieren, in Plastiktüten füllen und dann fährt Peter mit dem Range hinten an die Terrasse ran und wir laden die Tüten ins Auto. Wenn einer das sieht, sagen wir ‚Doggybag’.
„Mom, willst Du im Ernst mit dem Mörder Deines Mannes ab sofort unter einem Dach leben?“
„Ach Judy, in meinem Alter tut Abwechslung auch mal wieder ganz gut. Los jetzt, ich bin müde.“
Drei Stunden später, als Peter mit den Tüten in seiner Fabrik war, Judy sich mit einer lauwarmen Dusche erfrischte und Paul bereits in Oskars Bett lag, bürstete sich Miriam im Bad die schulterlangen Haare. Hundert Bürstenstriche täglich, wie Mami in Idaho es sie gelehrt hatte. Da hörte sie es, das leise Rufen aus dem Schlafzimmer. „Mimi, Mimi!“
Miriam legte schnell die Bürste weg, strich ihr Negligé glatt und rannte mit unterdrücktem Kichern ins Schlafzimmer.
„Oskar, Du Schlingel!“
Pi mal Daumen
Hüseyin ließ sich durch die Gassen des Basars treiben. Bald roch es nach Spaltleder und
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