Strandglut 27 Short(s) Stories
sagte Judy.
„Sag mal, Mom, seit wann verwendest Du eigentlich Waffen?“, fragte Peter, als er mit einem eisgekühlten Drink in der Hand wieder auf die Terrasse trat.
„Schätzchen, ich kann eine Pistole nicht von einem Revolver unterscheiden.“
„Magnum, Kaliber 26. Glückwunsch Mom, Blattschuß.“
„Peter, ich habe Oskar nicht erschossen. Das ist ja das Problem.“
„Nee, das Problem ist, was Du jetzt den Gästen erzählst. Wir müssen uns unbedingt eine Geschichte einfallen lassen. Also, ich würde sagen, Oskar ist heute früh segeln gegangen.“
„Peter, die Wassernummer hat zwar bei Deiner Lucy ganz gut funktioniert, aber das Segelboot ist weithin sichtbar am Steg zum Strandhaus vertäut.“
„Okay, wie wär’s damit: Oskar geht es nicht gut, er hat sich hingelegt. Moment mal, was hast du gesagt? Du hast Oskar gar nicht erschossen?“
„Du bist genauso wie Dein Vater, Du hörst nie zu.“
„Wenn er zugehört hätte, wärst Du die Kellertreppe runtergefallen.“
„Peter, das steht nicht zur Debatte, verstehst Du denn nicht, wir haben einen Mörder im Haus.“
„Um Gottes Willen!“
„Oh shit. Mom hat recht!“
„Und jetzt?“
„Haltung bewahren, da kommt der erste Wagen.“
Miriam richtete sich noch einmal das aufgesteckte Haar und schritt an der Sitzgruppe am Kamin vorbei zum Eingang. Auf der Kiesvorfahrt war ein dunkelgrüner Jaguar vorgefahren. Judy und Peter, die ihrer Mutter gefolgt waren, warfen sich bedeutungsvolle Blicke zu.
„Hi, General Osbourne, wie schön, dass Sie es einrichten konnten, zu kommen. Wir haben ein Tässchen Suppe für Sie vorbeireitet“.
Miriam lächelte mit der gesamten Strahlkraft ihres zwanzigtausend Dollargebisses und erlaubte ihrem Lächeln ausnahmsweise, ab und zu in ihren grünen Augen aufzublitzen. Die Wagen rollten jetzt im Sekundentakt auf die Auffahrt unter den Lianen in den alten Oaktrees, die Leute vom Parkservice kamen kaum noch nach, den Gästen die Limousinen abzunehmen.
‚Wir haben einen Mörder unter uns’, dachte Miriam, während sie die Gäste begrüßte und zum Poolhaus begleitete. Rund um den Pool hatte der Catering-Service Büfetts und Tische aufgebaut, überdacht von einem indirekt beleuchteten Baldachin. Im Pool schwammen Hunderte von Lichtern, die sich in der einsetzenden Dämmerung tausendfach im Wasser widerspiegelten. Judy stritt sich mit Juanita, ihrem kubanischen Hausmädchen, Peter hatte sich den ewig neugierigen General Osbourne gegriffen und Miriam teilte Komplimente an die Damen aus.
„Sie sehen entzückend aus mit diesem gelben Hut. Oskar lässt sich entschuldigen, es geht ihm heute gar nicht gut.“
„Wer sagt das denn, es geht mir blendend!“ schrie Oskar, als er mit quietschenden Bremsen direkt neben Miriam mit dem Golfcart zum Stehen kam. Miriam kippte ohne Vorwarnung einfach um. Als sie wieder zu sich kam, schauten zehn besorgte Augenpaare in ihr Gesicht.
„Oh sorry, ich weiß gar nicht, was mit mir los ist, es ist wohl die Schwüle, an die ich mich nie gewöhnen werde“, flüsterte Miriam. Man hatte sie auf eine der Standliegen gebettet. Judy hielt ihr ein Glas Eiswasser hin.
„Trink das, Mom, dann geht es Dir besser.“
„Hör auf zu zittern, das Klirren der Eiswürfel hört man ja bis Pawley Island“, zischte Miriam ihrer Tochter zu, als sie sich entschlossen von der Liege erhob. Sie schaute in Peters Gesicht, der ebenfalls kreidebleich geworden war. Aber Peter hatte ihren Blick verstanden, schwang sich ins Golfcart und fuhr Richtung Herrenhaus. Oskar parlierte in seinem komischen, typisch deutschen Akzent mit den Gästen.
„Pomp and Circumstances“ erklang und das Barockfeuerwerk nebelte zuerst den Pool und dann die Gäste ein, bis es sich freigebrannt hatte und silberne Funkenkasskaden durch die Luft wirbelte. Aus den Eichen tropften rote Feuerwasserfälle und als Peter endlich wieder am Pool war und seiner Mutter zur Bestätigung, dass Oskar immer noch in der Tiefkühltruhe lag, zunickte, explodierte das Höhenfeuerwerk mit einem Knall und riesige Orchideen färbten den Nachthimmel grün und gelb. Die Gäste klatschten begeistert noch bevor die letzte Höhenbombe gezündet war. Sie entlud sich mit einem ohrenbetäubenden Knall zum letzten Ton von Pomp and Circumstances und hinterließ neben einem prächtigen Schlussbild auf Angie Williams Georgettekleid ein unschönes Loch.
„Was für eine nette Party“, fanden die Gäste und torkelten zur Auffahrt. Miriam, Judy, Peter und Oskar
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