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Strange Angels: Verflucht: Roman (PAN) (German Edition)

Strange Angels: Verflucht: Roman (PAN) (German Edition)

Titel: Strange Angels: Verflucht: Roman (PAN) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lili St. Crow
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sehr damit beschäftigt gewesen, wie man Flüche aufhebt, als dass ich sonderlich aufpasste, wie Dad die lebenden Leichen erledigte.
    Die Bücher standen im Wohnzimmer. Hatten die Nachbarn vielleicht doch etwas gehört? Dieser Gedanke war, als würde man mit der Zunge in einem entzündeten Zahn stochern. Eine andere Antwort als »wahrscheinlich nicht« fiel mir so oder so nicht ein, denn es hatte nicht die Spur von Polizei gegeben, bis ich floh. Trotzdem …
    Ich wusste nicht ansatzweise genug, und nachts durch ein Einkaufszentrum zu schleichen, brachte mir keine Antworten.
    Was denkst du dir eigentlich, Dru? Ich wandte mich nach links und steckte meine Hände in die Taschen, so dass ich die kalte Waffe an den Fingerknöcheln rechts fühlte. Wenn ich richtig tief einatmete, konnte ich riechen, wie der Stoff nachgab und einen Hauch von Dads Aftershave aufwehte. Leider war das nicht halb so tröstlich, wie es hätte sein sollen.
    Ich neigte meinen Kopf und bewegte mich durch einen Gang, vorbei an »Hillshire Farms«, wo es selbst durch die Glastüren nach Räucherfleisch und Edelkäse roch, und kam zu der Filiale einer Kette, die tonnenweise billigen Schmuck verkaufte. Meine Stiefel verursachten auf dem kurzgeschorenen Industrieteppich so gut wie kein Geräusch, und es war dunkel.
    Vor allem war es schön, hier drinnen zu sein, nachdem alle Läden geschlossen hatten. Die Stille war weit und fedrig wie eine Daunendecke. Das Halblicht hatte etwas Beruhigendes, weil es alles verbarg. Niemand war hier, der sehen konnte, ob ich lächelte oder die Stirn runzelte, keiner, der sah, was ich anhatte, und niemand, den ich belügen oder meiden musste. Ich konnte in die Schaufenster gucken oder vor »Victoria’s Secret« stehen bleiben, wo ich mir die spindeldürren Puppen in Unterwäsche ansah. Und niemand würde mich für seltsam halten.
    Es war nicht einmal so kühl, wie ich gedacht hatte. Nach ungefähr zehn Minuten Herumschlendern fing ich trotzdem an, nervös zu werden. Ich konnte nicht einmal den Wind hören. Bei so viel Stille wurden die anderen Geräusche in meinem Kopf ein bisschen zu dominant. Erinnerte Geräusche.
    Wie das Klopfen von fleischlosen Fingern auf Glas. Oder der fiese, krächzende, stimmlos wuchtige Kläffer eines Zombies.
    Jemand hat ihn zu einem Zombie gemacht. Diesen Gedanken hatte ich gemieden, seit ich wieder und wieder den Abzug gedrückt hatte. Man stolpert nicht einfach, fällt hin und steht als Untoter wieder auf. Jemand hat das mit ihm gemacht. Wer? Wahrscheinlich derselbe, hinter dem er her war.
    Jemand oder etwas? Das Ding hinter der Tür? Ich war mir schrecklich sicher, dass mein Traum real gewesen war und ich Dads vorletzte Momente auf Erden bezeugt hatte.
    Was mich zu dem wenig beglückenden Gedanken führte, dass ich anfangen könnte, richtig scheußliche Dinge zu träumen. Das wäre wahrlich kein Spaß. Gran hatte mir nie viel über Träume beigebracht, weil wir in unseren Wachstunden zu viel zu tun gehabt hatten. Alles, was sie erklärt hatte, war: Träume sind falsche Freunde, Dru, Liebes. Sie zeigen dir nicht, was du brauchst oder was sicher ist; meistens geben sie dir gar nichts, an das du dich auch nur ein bisschen halten kannst. Sie geben dir nur »Könnte-seins« und mehr nicht.
    Ich blieb vor einer Videothek stehen und rieb mir die Stirn mit dem linken Handrücken. Wenn ich fest genug rieb, fiel mir vielleicht etwas ein, womit man das riesige Loch in der Welt stopfen konnte.
    Solche Sachen sollten nicht passieren. Es war wie ein klassischer Alptraum, außer dass es wirklich geschah. Dad war fort, richtig fort. Er kam nicht kurz vor Tagesanbruch blutig und erschöpft wieder. Nein, er war unwiderruflich, ganz und gar, endgültig weg.
    So wie Gran. So wie Mom.
    Ich war allein. Die Tatsache, dass ich darauf trainiert war, mich allein über Wasser zu halten, tröstete mich kein bisschen. Ich wollte meinen Dad.
    Als ich eben im Begriff war, in diesen Bahnen weiterzudenken, hörte ich etwas, das ich nicht hätte hören sollen, etwas, das mich auf der Stelle gefrieren ließ, während ich auf die leeren Fernseher starrte, die tagsüber Filme zeigten, von denen die Mitarbeiter gesagt bekamen, sie müssten Werbung für sie machen. Mein Spiegelbild – krauses, wirres Haar, große Augen mit weißen Ringen um die Pupillen, bleiche Wangen und eine Tarnjacke – starrte mich an, vervielfacht in jeder gebogenen Glasscheibe.
    Dem Krachen und Klimpern von zerbrochenem Glas folgten ein Knirschen

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