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Strange Angels: Verraten: Roman (PAN) (German Edition)

Strange Angels: Verraten: Roman (PAN) (German Edition)

Titel: Strange Angels: Verraten: Roman (PAN) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lili St. Crow
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vor dem Wandschrank aufgestapelt hatte, bis hin zu dem zerwühlten Bett. Ich wurde nachlässig und hielt keine Ordnung. Das hätte einen Vortrag von Dad gegeben.
    Oh Gott! Ich vermisste sogar seine Predigten nach dem Motto: Räum auf, damit du findest, was du brauchst, wenn du unter Beschuss stehst, Dru, denn das allein kann dir den Arsch retten!
    Einsamkeit stieg in mir auf, die wie Säure schmeckte. Ich blieb an der Tür stehen, schloss die Augen und horchte, wobei ich die Faust in meinem Kopf löste, die da drinnen zu ballen Gran mir beigebracht hatte. Sie immerzu verschlossen zu halten, war notwendig, damit man nicht aus Versehen das Falsche sagte oder die Gedanken anderer laut wiederholte. Außerdem war es schwierig, sich auf seine eigenen Sachen zu konzentrieren, wenn man die ganze Zeit den anderen zuhörte. Das hatte Gran mir wieder und wieder und wieder erklärt.
    Gran war großartig darin gewesen, sich auf die Angelegenheiten anderer zu konzentrieren, und ich fragte mich, was sie zu alldem hier gesagt hätte. Prompt saß mir ein Kloß im Hals.
    Vor meinem Zimmer war eindeutig eine Präsenz im Flur zu spüren. Plötzlich wünschte ich, ich wäre wieder aus meinem Fenster geklettert, aber bei der Vorstellung, so kurz vor der Dunkelheit auf das Dach zu steigen, fühlten meine Knie sich komisch an. Nein, ein Mal reichte! Außerdem war der Sinn und Zweck des Ganzen, dass ich herauskam, bevor ein Notfall eintrat.
    Ich wartete und wagte kaum zu atmen. Die Präsenz glitt langsam fort, gerade rechtzeitig zum ersten Klingeln. Gedämpft durch die Tür klang es beinahe wie ein niedliches Tapsen, wie sie sich über die Korridore entfernte. Zeit fürs Frühstück – oder Abendessen, je nachdem. Die Jungen würden aufstehen, sich anziehen und in die Cafeteria strömen.
    Ich holte tief Luft, drehte den Türknauf und trat auf den Flur hinaus. Niemand da. Alles war still. Lag es an mir, oder hatte diese Ruhe eine befremdliche, fast fiebrige Note?
    Es liegt an dir, Dru. Konzentriere dich auf das, was du vorhast!
    Trotzdem zögerte ich. Was war mit Graves?
    Je weiter du von ihm weg bist, umso sicherer dürfte er sein. Die Wölfe passen auf ihn auf. Sie würden sich allerdings kein Haarbüschel verrenken, um dir zu helfen, also setz deinen Hintern in Bewegung!
    Hinter mir klickte die Tür zu. Ich machte zwei Schritte und erstarrte wieder, denn es war etwas Neues zu hören.
    Das war die Alarmglocke, deren hohe schroffe Töne die Stille durchschnitten wie ein heißes Messer ein Butterstück. Ich erkannte sofort, dass es hier nicht um eine Übung ging. Die Gefahr kribbelte mit kleinen Diamantkrallen auf meiner Haut.
    Die Schola schien gleichsam durchzuatmen, sich zu wappnen, und sobald die Glockenschläge verklangen, machte ich mich mit zusammengebissenen Zähnen und geballten Fäusten auf den Weg.
    Ich würde nie eine bessere Fluchtchance bekommen.

    Auch die ausgeklügeltsten Konzepte wiesen Lücken auf. Mein hübscher kleiner Plan bestand darin, nach unten an die Stelle zu laufen, wo die Flure sich kreuzten. Dort wollte ich nach rechts einen Laufgang mit Türen zu beiden Seiten hinunterrennen. Die Hälfte der Türen führte in den Innenhof, die andere auf einen schäbigen Pausenhof mit Schaukeln und rechteckigen Spielfeldern, deren Maschendrahtzäune stumm vor sich hinrosteten. Den wollte ich überqueren, bis ich das Gebüsch dahinter erreichte, und dann …
    Na ja, egal. Weit kam ich jedenfalls nicht. Ich bog scharf nach rechts, und mitten in der Bewegung pochten nahende Schritte in meinem Kopf. Sie liefen, und jeder einzelne wummerte zu hart, als dass er zu einem Menschen hätte gehören können. Ich wich zurück um die Ecke in den Flur, aus dem ich gerade gekommen war, und blickte mich nach einem Versteck um.
    Nichts. Teppichboden, Industriebeleuchtung, kahle Wände. Links und rechts lagen leere abgeschlossene Klassenräume, Treppen, die nach unten in die Cafeteria führten, zwei Hausmeisterkammern.
    Hausmeisterkammern. Super! Eine war verschlossen, die andere nicht, also schlüpfte ich hinein, zog die Tür zu und hockte mich in die Dunkelheit. Meine Hüfte stieß gegen etwas Metallisches, das ich rechtzeitig packen konnte, ehe es hinunterfiel. Es war ein Blecheimer. Ich atmete vorsichtig aus und betete, dass sie draußen zu viel Lärm machten, um mich zu hören.
    Sie liefen im Gleichschritt, hart und metallen wie Eisenstöcke, die auf gefrorene Erde schlugen. Der Geschmack von rostigem Blut und Wachsorangen schwappte in

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