Strange Love (German Edition)
eigentlich nicht. Bis gleich.«
»Ja, bis gleich.«
Nick legte auf, bezweifelte aber schon, dass es eine gute Idee gewesen war, sie anzurufen. Wieso glaubte er, er könne sie mit seinen Problemen belasten?
Fünf Minuten später rief Nick noch einmal bei Cerys an.
»Ja?«
»Ähm ... Vielleicht sollten wir uns doch im Dark Angel treffen. Dann kannst du dir das alles noch einmal überlegen.«
Er sah Cerys’ Stirnrunzeln förmlich durchs Telefon.
»Ich bin ja echt gespannt«, sagte sie, aber es klang zweifelnd. Nick ignorierte es einfach.
»Bis gleich.«
Leise betrat er sein Schlafzimmer und sah auf Daniel hinunter. Dieser war eingeschlafen. Nick setzte sich neben ihn und berührte sacht seine nackte Schulter.
»Daniel? – Ich muss nochmal weg. Schlaf ruhig weiter, ja?«
Daniel nickte und murmelte irgendwas Unverständliches, dann schlief er weiter. Mittlerweile war es kurz vor neun.
Nick ließ das Licht brennen, als er die Wohnung verließ. Er fühlte sich wie gerädert, fragte sich, warum er sich überhaupt um Daniel kümmerte. Sein eigenes Leben war schon schwierig genug, sich dazu noch um einen Halbwüchsigen zu kümmern, würde ihn völlig überfordern. Aber er hatte ihn doch nicht einfach bei Chris »hängen« lassen können. Unvorstellbar.
Nick ging mit zügigen Schritten die Straße hinunter. Er war froh, dass die Straßenbeleuchtung eingeschaltet war, denn die Dunkelheit verursachte oft Unbehagen in ihm. Es war einfach ein ungutes, ein mulmiges Gefühl. Keine reale Bedrohung. Nur so ein Gefühl der Beklemmung. Er kannte es seit seiner Kindheit, und er wusste auch, dass es eine Verbindung gab. Ein flüchtiges, unscharfes Bild seines Vaters huschte durch seinen angespannten Geist und verflüchtigte sich Gott-sei-dank wieder.
Die Gummisohlen seiner Trainers machten kein Geräusch auf dem Asphalt, und für einen kurzen Augenblick fühlte Nick sich unsichtbar. Wie das wohl wäre, fragte er sich. Er widerstand dem Drang, sich in diese Vorstellung zu versenken und betrat das Dark Angel.
Dichter Rauch waberte ihm entgegen – und der Geruch von Alkohol. Eine beißende, bekannte Mischung.
Nick versuchte in dem schwachen Licht etwas auszumachen. Einige Motorrad-Freaks saßen rechts von ihm. Ihre dicke Lederkluft gab ihnen ein bedrohliches Aussehen. Doch eigentlich wirkten sie fehl am Platz. Das Dark Angel war eher der Treffpunkt für die schwarze Szene. Und so konnte Nick auch, als sich seine Augen an das Licht gewöhnt hatten, die wallenden, schwarzen Gewänder, die weißen Gesichter, die Spitzen- und Rüschenhemden erkennen.
Einen Moment lang fixierte er eine zierliche schwarz-haarige Frau, die an der Theke stand. Sie trug ein dunkelrotes Brautkleid und zog ihre schwarzen Lippen zu einem kleinen Lächeln kraus, als sie Nicks Blicke bemerkte. Er hatte den Eindruck, als hätte er sie schon mal irgendwo gesehen.
Er wandte sich ab, wollte verhindern, angesprochen zu werden. Es war wahrscheinlich, dass einige der Clubbesucher ihn erkannten.
Nick suchte nach einem freien Tisch und drückte sich auf die Bank, die mit schwarzem, mittlerweile schäbigen Samt bezogen war. Cerys war noch nicht da.
Aus den Boxen dröhnte FREAK von strangelove. Nick fragte sich, ob er der Freak war oder all die Goths und Grufties, die ihn umgaben.
Bei einem merkwürdigen Wesen, das in weiße Spitze und Tüll gehüllt war, bestellte Nick einen Kaffee.
Und wartete.
Er war noch nie ein besonders geduldiger Warter gewesen. Warten kotzte ihn an, aber er wollte schließlich was von Cerys – also wartete er weiter.
Wahrscheinlich hatte er eh erst ein paar Minuten gesessen, als Cerys auftauchte, denn sein Kaffee war noch warm.
Sie stand vor ihm, keine Erscheinung, und in ihrer dunklen Cordhose und schwarzem Pullover eher deplatziert. Ihre Hand war warm, ihr Händedruck fest.
»Hallo.« Nick zog sie auf einen Stuhl hinunter.
»Hi.« Sie schaute sich um. »Hier war ich noch nie«, stellte sie fest.
Wenn es eine Spitze sein sollte, so traf sie Nick nicht im Mindesten. Er sah sie an. Sie hatte sehr schöne braune Augen.
»Möchtest du was trinken?«
»Ja, auch einen Kaffee.«
Wieder das Wesen in Tüll und Spitze. Cerys hätte unmöglich sagen können, ob es männlich oder weiblich war.
Sie musterte Nick. In ihrem Blick lag Neugier, aber auch unverhohlene Bewunderung. Wahrscheinlich war es ihr nicht mal bewusst.
»Wie geht es dir?«, fragte sie schließlich.
Nick überlegte, ob das nur wieder so eine Floskel war, aber sie
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