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Strasse der Sterne

Strasse der Sterne

Titel: Strasse der Sterne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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nicht nur, weil sie damit mehr Glaubwürdigkeit bekam, sondern auch, weil sie spürte, dass ihre Anwesenheit alle insgeheim beschäftigte - die beiden Frauen ebenso wie die Männer. Nur der schweigsame Maure schien gänzlich unbeeindruckt.
    Jetzt wollte sie erst einmal ihren Beutel füllen. Unterwegs hatte sie einen Pilger ausgefragt und war nun dabei, seine Auskünfte in klingende Münze umzusetzen. Entlang der Rúa, der Pilgerstraße, waren zahlreiche Schänken und Wirtshäuser. Sie musste sich nur noch entscheiden, welches der beste Platz war, um ihre Karten sprechen zu lassen.
    »Ist sie eigentlich schön?«, fragte Pilar, sobald sie mit Moira allein war. Obwohl Tariq gerade das Pferd in den Klosterstallungen unterstellte, dämpfte sie ihre Stimme. Keiner sollte Zeuge dieses Gesprächs werden.
    »Ja«, erwiderte Moira. »Das ist sie. Auf eine gefährliche Art.«
    »Was meinst du damit?«
    »Estrella ist keine Frau, die Männern Glück bringt.«
    »Weil sie so schön ist?« Kleinmütig zupfte Pilar an ihren eigenen verschnittenen Locken.
    »Sie hat etwas Verlorenes«, sagte Moira. »Und jeder glaubt, bei ihm könne sie Ruhe finden. Aber sie täuschen sich. Estrella wird niemals zur Ruhe kommen, bei keinem.«
    »Sie hat keine Angst«, sagte Pilar. »Darum beneide ich sie. Sie hat den Knüppel genommen und zugeschlagen. Und mich gestern ohne Umschweife gefragt, wie es ist, blind zu sein. Das wagen die allerwenigsten.«
    »Was hast du geantwortet?« Moira führte das Mädchen ein Stück spazieren. Nach dem langen Ritt würde es Pilar gut tun, die Beine zu bewegen.
    »Dass es eine Zeit gab, wo ich mich in mein Schicksal gefügt hatte. Es ist noch nicht besonders lang her. Aber dass ich jetzt am liebsten ...«
    Sie verstummte. Es hatte keinen Sinn, immer wieder davon anzufangen. Aber es gab noch etwas, was ihr auf der Seele lag. Allerdings war es so neu und zart, dass sie zögerte, es in Worte zu fassen. Schließlich gab sie sich einen Ruck.
    »Und Armando?«, sagte sie nach einer Weile. »Meinst du, er liebt sie?«
    »Ich glaube nicht, dass die beiden ein Paar werden.« Moira musterte sie mit zärtlicher Neugierde. Bislang hatte sie geglaubt, Pilar kämpfe noch immer mit ihren Gefühlen für Camino. Renas Tod schien das jedoch verändert zu haben. »Schon möglich, dass Estrella sich das wünscht.
    Aber sein Herz ist anderswo. Und das liegt meiner Meinung nach nicht daran, dass er eins über den Schädel bekommen hat.«
    »Ich mag seine Stimme«, sagte Pilar, mutiger geworden. »Es klingt so lustig, wenn er unsere Sprache spricht - als ob er einen Knödel im Mund rollen würde! Hast du schon gehört, wie schön er singen kann?«
    »Er hat etwas, das mich anrührt. Vielleicht weil er so jung ist, so ... unschuldig.«
    »Meinst du, er wird uns bald wieder verlassen?« Pilar blieb stehen. »Ich weiß nicht einmal, ob er wirklich zu Santiago will. Ich habe ihn gefragt. Aber er ist mir ausgewichen. Dabei redet er sonst gerne mit mir.«
    »Du wünschst dir, dass Armando bei uns bleibt. Ist es so, Pilar?«
    Hastig wandte Pilar den Kopf ab, als sie die Röte in sich aufsteigen spürte.
    »Zuerst hab ich dich nicht leiden können«, murmelte sie. »Aber jetzt tut es gut, mit dir zu reden. Dann fühle ich mich nicht mehr so allein.«
    »Ich kenne die Einsamkeit, Pilar. Viel zu gut. Auch ich bin sehr froh, dass ich mit euch sein kann.«
    Wenig später brachte Camino sie in ein gut besuchtes Wirtshaus. Nach längerem Warten bekamen sie Knoblauchsuppe und Lammbraten vorgesetzt, zu dem sie einen kräftigen Roten tranken. An den Tischen ringsumher wurde es immer lauter, vor allem aus dem Nebenraum drangen hitzige Stimmen.
    »Sind viele Pilger hier?«, wollte Pilar wissen.
    »Eine ganze Menge«, erwiderte Camino. »Je näher wir Santiago kommen, desto mehr scheinen es zu werden.«
    »Wir sind noch lange nicht in Compostela«, wandte Tariq ein. Seit dem Tod der Herrin sprach er nur noch das Nötigste. Pilar spürte sein innerliches Ringen. Aber wie gewöhnlich schwieg er beharrlich.
    »Natürlich ist es noch ein gutes Stück«, sagte Camino. »Aber wenn alles gut geht, dürfte es nicht viel länger als einen Monat dauern, bis wir unser Ziel erreicht haben.«
    »Einen Monat!«, wiederholte Pilar staunend. »Mir kommt es wie ein halbes Leben vor, seit wir Regensburg verlassen haben.«
    »Lass uns erst einmal nach León kommen«, meldete Tariq sich abermals zu Wort.
    »León?« Camino fasste ihn scharf ins Auge.
    »Was hat es mit León

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