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Straße der Toten

Titel: Straße der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
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gönnten sich ein frühes Mittagsmahl. Wieder gab es Bohnen und harte Brötchen und außerdem ein geschmortes Eichhörnchen, das Old Timer am Morgen erlegt hatte. Jebidiah hatte Bill, der im Vorgarten an einen Baum gekettet war, im Auge behalten, während der Deputy in der Hütte geschlafen hatte.
    Jetzt saßen alle im Freien und aßen, mit Ausnahme von Bill.
    »Was ist mit mir?« Er zerrte mit den Händen an seiner Kette.
    »Du bekommst was, wenn wir fertig sind«, sagte Old Timer. »Keine Ahnung, ob von dem Eichhörnchen was für dich übrig bleibt, aber Brötchen gibt’s noch genug. Vielleicht lass ich dich damit meinen Teller auskratzen, dann kriegst du noch etwas Eichhörnchensoße ab.«
    »Diese Brötchen sind grauenhaft«, sagte Bill.
    »Wohl wahr.« Old Timer grinste.
    Bill wandte sich jetzt an Jebidiah. »Prediger, Sie sollten ohne uns weiterreiten und mich mit dem Jungen allein lassen. Sonst müssen Sie, wenn ich mich losmache, genau wie der Deputy mit dem Leben bezahlen. Dann stehen Sie auch auf meiner Liste.«
    »Nach allem, was ich erlebt habe«, sagte Jebidiah, »bist du in meinen Augen ein Nichts, eine Schabe. Also, setz mich ruhig auf deine Liste.«
    »Geben wir ihm was zu essen«, sagte der Deputy und nickte in Richtung des Gefangenen. »Und dann machen wir uns auf den Weg. Ich bin ausgeruht und will die Sache hinter mich bringen.«
    Als die drei Reiter endlich die Straße der Toten vor sich liegen sahen, ging gerade der Mond auf. Das weiße Schild, das die Abzweigung markierte, ragte neben der Straße zwischen Bäumen und Büschen hervor. Im schwindenden Licht und im Spiel der Schatten war die ungelenke Schrift darauf kaum zu entziffern. Der Wind griff nach den Blättern am Boden, spielte mit ihnen, pflückte sie von den Bäumen, schleuderte sie über die schmale, sandige Straße und machte dabei ein Geräusch, als würden Mäuse im Heu herumkrabbeln.
    »Der Herbst drückt mir immer aufs Gemüt«, sagte der Deputy, während er sein Pferd anhielt, um einen Schluck aus seiner Feldflasche zu nehmen.
    »Das ist der Kreislauf des Lebens«, sagte Jebidiah. »Erst wirst du geboren, dann leidest du, und dann wirst du bestraft.«
    Der Deputy drehte sich im Sattel um und sah Jebidiah an. »Sie halten’s wohl nicht so mit der Auferstehung und dem Lohn für ein gottesfürchtiges Leben.«
    »Nein, das tu ich nicht.«
    »Ich weiß nicht, wie Sie das sehen«, sagte der Deputy, »aber ich wünschte, wir wären nicht zu so später Stunde hier unterwegs. Wir hätten die Straße am helllichten Tag nehmen sollen.«
    »Ich dachte, Sie glauben nicht an diesen Spuk?«, sagte Bill und schnaubte, wie sie es inzwischen von ihm gewohnt waren. »Sie haben doch gesagt, Ihnen ist es egal?«
    »Da war ich noch nicht hier.« Der Deputy sah Bill nicht an. »Dieser Ort hat etwas an sich, was mir nicht gefällt. Außerdem leg ich’s lieber nicht drauf an, auch wenn ich nicht an so was glaube.«
    »Das ist das Dümmste, was ich je gehört hab«, sagte Bill.
    »Sie wollten, dass ich Sie begleite«, sagte Jebidiah. »Also haben Sie so lange gewartet.«
    »Sie möchten was zu sehen bekommen, nicht wahr, Prediger?«, fragte Bill.
    »Wenn es denn etwas zu sehen gibt«, sagte Jebidiah.
    »Glauben Sie an die Geschichte, die Old Timer erzählt hat?«, fragte der Deputy. »Ich meine, ernsthaft?«
    »Vielleicht.«
    Jebidiah schnalzte mit der Zunge, und sein Pferd setzte sich an die Spitze der kleinen Gruppe.
    Als sie die Straße der Toten einschlugen, hielt Jebidiah kurz an und holte eine kleine dicke Bibel aus der Satteltasche.
    Auch der Deputy hielt an, und mit ihm Bill. »Sie sind also doch nicht so knallhart, wie ich dachte«, sagte der Deputy. »Auch Sie brauchen den Trost der Bibel, wie jeder andere auch.«
    »In diesem Buch findet niemand Trost«, sagte Jebidiah. »Das ist ein Irrglaube. Die Bibel ist ein Buch des Schreckens. Und genau das trifft auch auf Gott zu: er ist schrecklich. Doch das Buch besitzt Macht, und die können wir vielleicht gebrauchen.«
    »Ich weiß nicht recht, was ich von Ihnen halten soll, Reverend«, brummte der Deputy.
    »Was soll man auch von einem Mann halten, der irre ist«, sagte Bill. »Ich will lieber nicht in der Nähe von irgendeinem Irren sein.«
    »Wenn du auf die Idee kommen solltest, abzuhauen, schieß ich dich vom Pferd«, sagte der Deputy. »Aus nächster Nähe mit dem Revolver, aus der Entfernung mit dem Gewehr. Also versuch’s gar nicht erst.«
    »Wir werden sehn.« Bill grinste. »Der Weg

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