Straße des Todes: Thriller (German Edition)
treffen, aber es muss sofort sein. Er hat andere Verpflichtungen.«
Ich ging mit der halben Schlange nach draußen und warf sie über das Geländer. Der Kater stieß ein langes, tiefes Kriegsknurren aus, dann huschte er von der Terrasse seiner Beute hinterher. Das würde er mir nicht verzeihen.
Ich sah auf die Uhr.
»Ich bin in fünfzehn Minuten aus dem Haus. Wo treffen wir uns?«
»Auf der Ostseite des Sees, wo diese Paddelboote vermietet werden.«
Ich rasierte mich, wechselte das Hemd und machte mir eine schnelle Tasse Instantkaffee, als Joe Pike anrief.
»Jon ist mit im Boot«, sagte er. »Er kennt diese Leute. Komm her, er wird uns informieren.«
»Locano hat zuerst angerufen. Ich bin auf dem Sprung zu ihm. Gut möglich, dass er einen Hinweis auf den Syrer hat.«
»Wir werden bei dem BMW bleiben. Komm, sobald du kannst.«
Ich warf das Telefon auf die Couch, schloss die Tür hinter mir ab und folgte dem Hollywood Freeway nach Süden Richtung Downtown Los Angeles. Es war exakt die gleiche Strecke, die ich bei meinem ersten Treffen mit Nita Morales gefahren war. Diesmal allerdings verließ ich die Autobahn in Echo Park, einem alten Stadtteil, der um einen dekorativen See herum angelegt worden war. Der See wird von einem schmalen Grüngürtel eingefasst, durch den ein Fahrradweg verläuft. In der Frühzeit von Los Angeles konzentrierte sich in Echo Park die Stummfilmindustrie, bevor sie dann nach Hollywood umzog, und in den benachbarten Vierteln Elysian Hills und Angelino Heights lebten die Reichen und Berühmten. Das hatte sich inzwischen geändert. Seitdem die Filmleute fortgegangen waren, lebten mittlerweile hauptsächlich Einwanderer aus Asien und Mittelamerika hier, Leute aus den unteren Schichten.
Ich fuhr auf die linke Seite des Echo Lake, parkte in einer Straße in der Nähe und beeilte mich zum Bootshaus zu kommen. Schon zu dieser frühen Stunde umrundeten Jogger und Fußgänger den See, und Schwärme kleiner dunkelhäutiger Frauen schoben Kinderwagen durch die Gegend oder standen plaudernd mit Freundinnen zusammen, während ihre Wagen aufgereiht wie die Autos bei einem Stockcar-Rennen nebeneinanderstanden.
Thomas Locano stand zwischen zwei Palmen am Ufer des Sees und war nicht allein. Ein spindeldürrer junger Latino in weißer Hose und weißem T-Shirt war bei ihm. Der Junge hatte eine Glatze, maß vielleicht eins dreiundsechzig und brachte kaum mehr als hundert Pfund auf die Waage. Er trug Gang-Tätowierungen auf Armen und Hals und war kaum älter als fünfzehn. Sie beobachteten mich, während ich näher kam, und als ich bei ihnen ankam, ergriff Mr. Locano sogleich das Wort.
»Mr. Cole, das hier ist mein Freund Alfredo Munoz. Fredo, das hier ist mein guter Freund Mr. Cole. Er ist außerdem befreundet mit einer anderen Freundin, Nita Morales.«
»Hey, Fredo. Freut mich, dich kennenzulernen.«
»Äh, yeah, gleichfalls.«
Fredo sah mich an, schaute aber weg, als er mir die Hand anbot. Sein Griff war schwach, so als wäre ihm das alles etwas peinlich. Aus der Nähe bemerkte ich eine feine weiße Staubschicht, die sein Gesicht, den Hals und die Oberarme überzog. Mehl. Seine Hände und Unterarme waren sauber, doch weiter als bis zu den Ellbogen war er mit dem Waschen nicht gekommen. Locano fuhr fort, uns einander vorzustellen.
»Fredo arbeitet als Bäckerlehrling gleich einen Block weiter. Jeden Morgen von fünf bis sieben, danach geht er um acht in die Schule.«
Ich nickte, versuchte aufmunternd zu wirken.
»Mann, ganz schön früh. Da hast du echt einen Mordsstundenplan.«
Fredo schaute weg.
»Hm. Schon okay. Ist gut. Mr. Locano hat mir den Job besorgt.«
Ich sah Locano an, meine Miene fragte, warum wir hier mit diesem Jungen waren, doch dann fing Fredo wieder an zu sprechen, und als ich ihn erneut anschaute, erwiderte er meinen Blick.
»Dieser Syrer hat Raoul umgebracht. Ich kenne den Typen. Ich sag Ihnen alles, was ich weiß.«
Ich blickte ihn fragend an, dann Locano.
»Raoul war Fredos Bruder. Raoul und Fredo sind hier geboren, ihre Eltern nicht. Ich habe sie in einem Abschiebungsverfahren vertreten.«
»Einer von zwei, keine schlechte Quote.«
Locano wirkte verlegen.
»Ihr Vater wurde zurückgeschickt, aber wir haben es geschafft, dass ihre Mutter bleiben konnte.«
»Er hat ihr ein Arbeitsvisum besorgt. Das ist nicht übel.«
Mr. Locano räusperte sich.
»Raoul hat für Sinaloa gearbeitet, hier in Los Angeles und drüben in San Diego. Fredo ebenfalls.«
»Hm. Die Eastside
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