Straße des Todes: Thriller (German Edition)
der USC ohne Job oder nennenswerte Zukunft. Genau der Typ Junge, der den großen Ambitionen ihrer Tochter in die Quere kommen könnte.
Ich warf einen kurzen Blick auf die Adresse.
»Er wohnt in Palm Springs?«
»Irgendwo in L.A., glaube ich. Das Haus in Palm Springs gehört seiner Familie oder irgendeinem Freund, genau weiß ich das nicht. Krista hat mir nie viel über ihn erzählt.«
Die alte Geschichte. Je weniger Krista ihr erzählte, desto weniger konnte ihre Mutter sie kritisieren. Ich legte die Adresse zur Seite.
»Okay. Und was heißt, sie ist verschwunden?«
»Sie wollte übers Wochenende wegfahren. Das hat sie mir erzählt, und sie sagt mir immer, wohin sie geht, und auch genau, wie lange sie fort sein wird. Aber jetzt ist sie schon seit einer Woche weg, und sie reagiert auch nicht auf meine Anrufe oder meine Textnachrichten. Und ich weiß, der Grund ist dieser Junge.«
Dieser Junge.
»Seit wann sind Krista und dieser Junge zusammen?«
Allein darüber nachzudenken schien sie anzuwidern.
»Sechs oder sieben Monate. Ich bin ihm nur zwei- oder dreimal begegnet, aber ich mag ihn nicht. Er hat diese Einstellung.«
Sie sagte »Einstellung«, als wäre es ein anderes Wort für »Krankheit«.
»Wohnen sie zusammen?«
Ihr Gesicht verfinsterte sich weiter.
»Sie teilt sich mit einem Mädchen eine Wohnung in Uninähe. Sie hat überhaupt keine Zeit für diesen Jungen.«
Sie hatte genug Zeit gehabt, um nach Palm Springs zu fahren. Ich hatte diese Geschichte schon ungefähr fünfhundertmal erlebt und wusste genau, wohin das führte. Das brave Töchterchen rebellierte gegen die dominante Mutter.
»Mrs. Morales, einundzwanzigjährige Frauen verreisen mit ihren Freunden. Manchmal haben sie dabei so einen Spaß, dass sie ihr Telefon abstellen und ein paar Tage länger bleiben. Solange Sie keinen Grund haben, das Gegenteil anzunehmen, wird nicht mehr dahinterstecken. Sie kommt bestimmt zurück.«
Nita Morales musterte mich einen langen Augenblick, als wäre sie enttäuscht, dann nahm sie ihr Smartphone in die Hand und berührte den Bildschirm.
»Sprechen Sie Spanisch?«
»Ein paar Worte, aber nein, nicht wirklich.«
»Ich werde übersetzen. Das hier ist der zweite Anruf. Ich habe ihn mitgeschnitten …«
Aus dem kleinen Lautsprecher kam Nita Morales’ Stimme, wie sie gerade den Anruf annahm.
»Krista, bist du das? Was ist da draußen los?«
Eine junge Frau ließ einen Schwall Schnellfeuer-Spanisch vom Stapel. Dann wurde sie von Nita unterbrochen.
»Sprich Englisch. Was soll der Quatsch?«
Die junge Frau wechselte in ein Englisch mit starkem Akzent.
»Mama, ich wissen, du wollen ich Englisch übe, aber ich nicht können …«
Dann setzte sie ihren spanischen Wortschwall fort. Nita unterbrach die Wiedergabe.
»Sie täuscht etwas vor. Dieser übertriebene Akzent, das schlechte Englisch. So spricht meine Tochter nicht.«
»Was sagt sie denn?«
»Am Anfang hat sie gesagt, sie wären beunruhigt, weil das Geld nicht angekommen ist.«
»Wer ist ›sie‹?«
Sie hob einen Finger.
»Hören Sie …«
Sie setzte die Wiedergabe fort. Die Stimme eines jungen Mannes war nun zu hören. Auch er sprach Spanisch. Er klang ruhig und besonnen und sprach mehrere Sekunden lang, bevor Nita die Aufnahme erneut unterbrach.
»Haben Sie was davon verstanden?«
Ich schüttelte den Kopf und war ein wenig verlegen.
»Er sagt, er müsse seine Kosten decken. Er will, dass ich telegrafisch fünfhundert Dollar anweise, und sobald er das Geld hat, wird er dafür sorgen, dass Krista nach Hause kommt.«
Ich beugte mich vor.
»Was ist denn da überhaupt passiert? Wurde Krista entführt?«
Nita verdrehte die Augen und winkte ab.
»Natürlich nicht. Der Rest ist auch auf Spanisch, ich werde es Ihnen übersetzen.«
»Nein. Spielen Sie es mir vor. Ich will die Emotionen hören.«
Nita drückte auf Wiedergabe. Ihre Stimme unterbrach den Mann wiederholt, der aber dennoch ruhig blieb. Er ließ sie jedes Mal ausreden, wenn sie dazwischensprach, und machte dann unbeirrt weiter, als lese er von einem Manuskript ab.
Schließlich war die Aufnahme zu Ende, und Nita zog die Augenbrauen hoch.
»Er hat sich dafür entschuldigt, mich um das Geld bitten zu müssen. Er hat gesagt, wohin ich es überweisen soll, und mir dann versprochen, gut auf Krista aufzupassen, während sie darauf warteten. Dann hat er sich für meine Hilfsbereitschaft bedankt.«
Sie ließ das Telefon auf ihren Schreibtisch fallen. Schepperpeng.
»Das war eine
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