Straße ins Nichts (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
Sie und Maggie Glick unterhalten«, sagte ich.
»Maggie, meine Lieblingspuffmutter«, sagte er.
»Sie haben sie aus dem Gefängnis geholt?«, sagte ich.
»Ganz recht, mein Guter. Ein skrupelloser Drogenfahnder hat ihr Speed untergeschoben. Heutzutage herrschen bei uns andere Sitten. Ein Jammer, dass Sie nicht mehr bei uns sind«, erwiderte er.
Es fing an zu regnen – schwere Tropfen, die auf das Zeltdach fielen und die Neonreklamen und Lichterketten über den Karussells in dichten Dunst hüllten. Ein Barkeeper schlug die Plane auf der einen Seite des Pavillons herunter, aber unter dem trockenen Überdach war die Luft nach wie vor kühl und angenehm, und ich konnte das frisch gezapfte Bier riechen, den Whiskey, die Minze, den süßen Syrup und das geschmolzene Eis in den Plastikbechern auf der Bar.
»Können Sie sich noch an mich erinnern, Dave?«, sagte Sookie Motrie und streckte mir die Hand entgegen. Kaum hatte ich eingeschlagen, quetschte er mir die Finger, zwinkerte mich an und sagte: »Als ich noch für Wee Willie Bimstine im Kautionsgeschäft tätig war, habe ich Sie mal im Gefängnis besucht. Ich glaube, Sie waren mit außergewöhnlichen Forschungen beschäftigt. Damals, als Sie noch jung und frisch waren.«
Ich zog meine Hand zurück, schaute in den Regen und wandte mich dann an Bootsie. »Ich habe Alafair versprochen, dass wir zeitig zurück sind. Ich hole das Auto und fahr es hinter den Pavillon.«
Ich zog los, ohne ihre Antwort abzuwarten. Ging in den Regen hinaus, fort von dem Gelächter der Zecher, das aus den Zelten drang, dem Lärm der Karussells, deren leere Gondeln und Wagen flackernd im Lichterschein vorüberhuschten.
Du gehst einfach, dachte ich. Es ist ganz leicht. Du provozierst niemanden, du hältst dich raus. Dann können dir deine Feinde nichts anhaben.
Ich ließ Bootsies Auto an und fuhr durch den Matsch zum Getränkepavillon. Cora Gable war nirgendwo zu sehen, aber Jim stand nach wie vor an der Bar, unmittelbar hinter Bootsie.
Ich beherrschte mich mit aller Macht, ging mehrmals mein Zwölf-Schritte-Programm durch, kam mir vor wie ein Langstreckenschwimmer, der darauf achtet, dass er nicht in eine Welle gerät und Salzwasser schluckt. Sagte mir, dass ich nicht mehr so leben musste wie einst. Mich nicht mehr in blinden Gewaltausbrüchen ergehen musste, die mich früher so unverhofft übermannten, als risse man ein Streichholz am Daumennagel an.
Durch die regennassen, von den Wischerblättern verschmierten Scheiben sah ich Bootsie. Gable stand so dicht hinter ihr, dass sein Schatten sie umhüllte. Sie tupfte mit einer Serviette einen Tropfen ab, den sie auf der Bar verschüttet hatte, bemerkte offenbar gar nicht, wie nah er ihr gerückt war, geschweige denn den glasigen Blick, mit dem er ihren Hintern musterte.
Ich hielt an, trat hinaus in den Regen und ließ die Autotür offen.
Gable hatte die Nasenflügel gebläht und sog den Duft von Bootsies Shampoo ein, des Parfüms hinter ihren Ohren, ihrer Badeseife, die Hitze ihrer Haut, ihrer ganzen Weiblichkeit. Ich sah, wie sich seine Hose über dem Schritt spannte.
Dann rannte ich durch den Regen auf ihn los. Ich schlug so hart zu, dass sein Blut und Speichel auf die Bluse einer Frau spritzten, die anderthalb Meter entfernt war. Ich trieb ihm die Faust in die Nieren, dass er den Rücken durchbog, als wäre seine Wirbelsäule gebrochen, dann verpasste ich ihm einen linken Haken unters Auge und schickte einen rechten Schwinger an die Kinnlade hinterher, der ihn quer über einen Klapptisch schleuderte.
Ein Mann, den ich nicht kannte, packte mich am Arm, und ein großer Polizist in Uniform rammte mich von der anderen Seite, versuchte mich mit seinen fleischigen Händen zu umklammern und an sich zu drücken. Aber selbst als die beiden Männer mich von Gable wegzuziehen versuchten, trat ich ihm noch an den Kopf, verfehlte mit einem weiteren Tritt knapp sein Gesicht und zertrümmerte seine Uhr auf dem Zementboden.
Ich fiel über einen Stuhl und starrte benommen in die Gesichter, die zu mir herabblickten, wie ein Stadtstreicher, der auf dem Bürgersteig zusammengebrochen ist und das Mitleid und den Abscheu erleben muss, die er bei seinen Mitmenschen auslöst. Bootsie war jetzt zwischen mir und Gable, schaute mich mit ungläubiger Miene an. Eine nasse Zigarettenkippe klebte wie eine zermatschte Kakerlake an meiner Wange. Ich konnte den Schnaps- und Biergestank in meiner Kleidung riechen, Gables Blut an meinen Knöcheln, und ich hätte
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