Straße ins Nichts (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
Remeta.«
Sie ließ sich wieder ins Kissen sinken, wandte das Gesicht ab und schaute aus dem Fenster, auf die Pekanbäume und die Eichen im Garten, als hätte sie Angst, dass alles, was sie sagte, falsch sein könnte.
»Weißt du, warum ich von der Todesstrafe nichts halte?«, sagte sie. »Weil dadurch diejenigen aufgewertet werden, die wir hinrichten. Wir lassen zu, dass wir in ihren Augen genauso sind wie sie.«
»Gable ist durch und durch verkommen. Du hättest ihn sehen sollen. Ich hoffe, ich hab ihm die Milz zerschlagen.«
»Ich kann diesen Mist nicht mehr hören. Ich kann es nicht, und ich will es nicht«, sagte sie, setzte sich auf die Bettkante und drehte mir wütend den Rücken zu.
Ich traf Clete an diesem Nachmittag in einer Bar in St. Martinville an, wo er am Tresen saß, Bier trank und schon halb hinüber war. Die Bar hatte aus Latten zusammengezimmerte Wände und eine hohe Decke aus gestanztem Blech, und da es draußen regnete, hatte jemand die Hintertür aufgemacht, um die kühle Luft einzulassen, sodass ich das Wasser von einer Bananenstaude tropfen sah, die vor einer Ziegelmauer wucherte. Ein Trupp Biker und ihre Freundinnen spielten im hinteren Raum-Pool, brüllten jedes Mal, wenn einer von ihnen einen schwierigen Stoß ansetzte, und rammten die Griffenden ihrer Queues auf den Boden.
»Hat Passion dir erzählt, dass ich hier bin?«, sagte Clete. Sein Schoß und der Boden rund um seinen Hocker waren mit Popcorn übersät.
»Ja. Seid ihr auseinander?«
»Die ist immerzu mit ihren Gedanken beschäftigt. Ich hab’s satt, ständig raten zu müssen, was los ist. Ich meine, wer braucht das, stimmt’s?«
»Wenn ich jemanden umlegen lassen möchte, an wen müsste ich mich dann wenden?«
»Ein paar von den Arschgeigen da hinten machen das für einmal französisch im Handbetrieb.«
»Ich mein’s ernst.«
»Die Könner kommen nach wie vor aus Miami. Soll das heißen, dass du wirklich jemand umnieten lassen willst? Du musst ja einen schlechten Tag hinter dir haben, Streak?«
»Es kommt noch schlimmer.«
»Was soll das heißen?«
»Nichts. Ich möchte ein Stahlnetz über Johnny Remeta auswerfen. Die meisten Auftragsmörder kennen einander.«
»Ich hab’s schon probiert. Bei einem eiskalten Killer in Little Havana, einem Typ, der seit den Zeiten eines Johnny Roselli zugange ist. Er hat aufgelegt, sobald ich Remetas Namen erwähnt habe. Was hat Remeta denn diesmal angestellt?«
»Er hat Todesgelüste. Ich glaube, er will Alafair mitnehmen.«
Cletes Gesicht war rot angelaufen, und er wischte sich mit einer Papierserviette den Schweiß und das Fett aus den Augen. Die Poolspieler brüllten wieder los, als einem von ihnen ein weiterer vertrackter Stoß gelang.
»Wie wär’s, wenn ihr ihn unter ’ne Glasglocke stellt, Leute«, rief Clete nach hinten, dann wandte er sich wieder an mich, rang sich ein schmales Lächeln ab und schaute mich mit leichtem Silberblick an. »Sag das noch mal.«
»Ich melde mich ein andermal, Cletus.«
Er zog einen Papierfetzen aus seiner Hemdtasche und starrte darauf.
»Was heißt Scherodermie? Ich hab’s im Wörterbuch nicht gefunden«, sagte er.
»Ich weiß es nicht. Warum?«
»Ich hab Passion gestern zum Arzt gebracht. Ich hab gehört, wie sich die Schwestern über sie unterhalten haben. Ich hab mir das Wort aufgeschrieben.«
»Meinst du etwa Sklerodermie?«, fragte ich.
»Das ist es. Das ist es, was sie hat. Was ist das?«
Er hatte den Mund geöffnet und schaute mich mit seinen grünen, vom Alkohol getrübten Augen an, während er auf meine Antwort wartete.
Es regnete den ganzen Nachmittag hindurch und bis in die Nacht. Little Face Dautrieve brachte ihr Baby zu Bett und saß dann bis Mitternacht im vorderen Zimmer ihrer Hütte in der Sozialsiedlung von Loreauville vor dem Fernseher. Dann zog sie sich aus, schlüpfte in ein Pyjamaoberteil, legte sich unter dem Ventilator aufs Bett und lauschte auf den Regen, der auf das Blechdach fiel. Als sie den Wind hörte, der um die Bretterwände pfiff, wusste sie, dass das Unwetter noch eine ganze Zeit lang toben würde. Die Scheinwerfer der Autos, die gelegentlich auf der Staatsstraße vorbeifuhren, spiegelten sich wie Spinnweben auf der Fensterscheibe.
Im Halbschlaf meinte sie einen Laut zu hören, eine Art Scharren, als ob eine Ratte von innen an der Wand kratzte. Als sie den Kopf vom Kissen hob, sah sie, wie sich der runde Knopf der Türverriegelung in der Fassung drehte und das Schloss aufsprang.
Der Mann, den
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