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Straße ins Nichts (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Straße ins Nichts (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Straße ins Nichts (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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Micah«, sagte ich.
    Er hatte eine Flasche Bier und ein Schnapsglas vor sich stehen, nippte an dem Stamper und trank anschließend einen kleinen Schluck Bier, wie jemand, der so an seinen Lastern hängt, dass er Angst hat, er könnte es übertreiben und müsste eines Tages gänzlich darauf verzichten.
    »Der Schwergewichtsmeister vom Shrimp-Festival«, sagte er.
    Ich setzte mich neben ihn, nahm mir eine Erdnuss aus der Plastikschale auf der Bar, knackte die Schale und steckte mir die Nuss in den Mund.
    »Haben Sie schon mal jemanden namens Johnny Remeta hier drin gesehen?«, fragte ich.
    »Was bieten Sie denn für die entsprechende Auskunft?«
    »Nicht viel.«
    Er setzte sein Schnapsglas wieder an und trank einen kleinen Schluck.
    »Ich kauf mir möglicherweise die Hälfte von einem Schaustellergeschäft«, sagte er. »Was halten Sie davon?«
    »Vielleicht haben Sie einen Job für mich. Ich bin nämlich rausgeflogen, nachdem ich Jim Gable niedergeschlagen habe.«
    Er betrachtete ein etwas zu dick geratenes Mädchen, das barbusig, in Stöckelschuhen und einem mit Pailletten besetzten G-String auf die kleine Bühne hinter der Bar trat.
    »Hat Ihnen Miss Cora eine ordentliche Abfindung gezahlt?«, sagte ich.
    »Der schlaue Mann zapft denjenigen an, der die Kuh melkt. Das sagt Ihnen wahrscheinlich überhaupt nichts. Aber eines Tages werden Sie’s begreifen«, sagte er.
    »Wirklich?«, sagte ich.
    »Sie haben keine Ahnung.«
    »Da haben Sie vermutlich Recht«, sagte ich und schlug ihm auf den Rücken, sodass er sich den Schnaps über die Hand schüttete.
    Ich ging hinaus und lief zu den alten Docks und den Dalben am Hafengelände hinab. Mittlerweile war es dunkel, und durch den Regen, der über dem Fluss niederging, sah ich den Lichtschein von New Orleans am anderen Ufer und im Süden die grünen Bäume, die der Wind niederdrückte, das weite Knie des Mississippi und die braunen Fluten des Stroms, der zum Golf von Mexiko strebte.
    Irgendwo dort unten war der Ölbohrturm hochgegangen, auf dem mein Vater arbeitete. Irgendwo dort unten hatte er den Sicherungsgurt in das Drahtseil gehakt und war in die Dunkelheit gesprungen. Irgendwo dort unten trieben seine Knochen, sein Schutzhelm und die mit Stahlkappen bewehrten Arbeitsstiefel im Gezeitenstrom, und ich war fest davon überzeugt, dass auch sein Geist noch immer da draußen umging.
    Die Polizisten, die meine Mutter umgebracht hatten, hatten ihren Leichnam kurzerhand in einen Bayou gewälzt, sie beseitigt wie ein Stück Abfall. Doch irgendwann musste ihr Leib nach Süden getrieben sein, ins Meer hinaus, und ich stellte mir vor, dass sie und Big AI irgendwo unter den weiten, grünen Wassern des Golfes wieder vereint waren, von allem Zank und Hader befreit, dass ihre Seelen gemeinsam die weite Reise antraten, die ihnen auf Erden nicht vergönnt war.
    Der Regen fegte durch die Straßen, als ich zu meinem Pick-up zurückging, und die Neonreklamen über den Bars hingen wie rot-weiße Rauchkringel im Dunst. Ich hörte laute, aufgebrachte Männerstimmen aus einem Poolsalon und dachte einmal mehr an Big Aldous Robicheaux und Mae Guillory, an die schlichte Welt, in der sie lebten, unbedarft wie sie waren, ohne zu wissen, wie sie ihren Schmerz und ihre Sehnsüchte einander mitteilen sollten.

29
    I n dieser Nacht träumte ich von Rosen. Den Rosen, die der Sheriff in seinem Garten abschnitt, den Rosen, die auf Maggie Glicks Brüste tätowiert waren. Den winzigen Rosen auf der Vase, die Johnny Remeta Alafair geschenkt hatte. Und ich hatte die Rose mit den grünen Blättern vor Augen, die auf Letty Labiches Hals tätowiert war.
    Aber als ich aufwachte und einen Moment lang zwischen Halbschlaf und Morgendämmerung dahintrieb, verschwanden die Blüten, und ich sah stattdessen ein Album mit Fotos aus dem Bürgerkrieg auf einem Lesepult liegen, sah, wie der Wind, der durch das offene Fenster blies, die Seiten umblätterte.
    Ich hätte diesen Traum mitsamt seinen wirren Bildern am liebsten vergessen, aber er ging mir den ganzen Tag über nicht aus dem Kopf. Und ich meinte förmlich zu spüren, wie jetzt, da der Herbst anbrach, für eine Frau, die oben in St. Gabriel in der Todeszelle saß, Stunde um Stunde verrann.
    Am Montagmorgen war ich mit Helen Soileau draußen auf dem Schießstand. Ich sah zu, wie sie mit ihrer Neunmillimeter auf eine Zielscheibe feuerte, bis kein Schuss mehr im Lauf war. Als das Verschlussstück aufsprang, nahm sie die Ohrschützer ab, schob ein neues Magazin in den

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