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Straße ins Nichts (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Straße ins Nichts (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Straße ins Nichts (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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gekratzt.«
    »Ich bin zum nächsten Telefon. Ich habe Hilfe geholt.«
    »Du hast nicht geschrien. Das machen doch Frauen sonst immer, wenn ihnen die Muffe geht. Du hast das nicht gemacht, Cherry.«
    »Meinst du etwa, ich steck mit drin?«
    »Du hast gewusst, dass dir nichts passiert, solange du nicht schreist. Schon komisch, wie schnell die Leute raffen, was Sache ist, wenn sie Schiss haben.«
    Sie stand eine Zeit lang reglos da, hatte wieder die Gasse vor Augen, den wirbelnden Regen. Sie sah sich durch die öligen, in sämtlichen Regenbogenfarben schillernden Pfützen rennen, spürte, wie sich ihr Hals zusammenschnürte, wie ihre Brüste in der Bluse auf und ab hüpften, und sie wusste, dass er Recht hatte. Und noch etwas Anderes, etwas weit Wichtigeres und Schlimmeres wurde ihr bewusst: Sie war froh, dass es ihn erwischt hatte und nicht sie.
    Im Haus staute sich die Hitze der prallen Morgensonne, die durch das Wintergartenglas einfiel und auf die frisch gestrichenen, hellen Wände traf. Das Surren der Züge, die auf den Gleisen entlang fuhren, aus Tunneln stießen und über die Weichen ratterten, hallte ihr immer lauter in den Ohren. Sie zwang sich dazu, Axel ins Gesicht zu schauen. Der Unterkiefer, das Kinn und die Stirnpartie sahen aus, als wären sie zerstückelt und wieder zusammengesetzt worden wie ein aus lauter Ecken und Kanten zusammengefügtes altes Tongefäß.
    Er tippte sich an den Eckzahn und musterte den Speicheltropfen an seinem Finger, genauso wie seinerzeit, bevor er in einer Bar jemand zusammengeschlagen hatte. Sie schaute auf das rote Narbengeflecht, stellte sich vor, sie sähe so aus, und hätte am liebsten laut losgeweint.
    »Ich geh jetzt, Axel. Ich meine, wenn du das willst«, sagte sie, verschränkte die Arme und schlang die Hände um die Ellbogen, als wäre ihr kalt.
    Er ballte ein paar Mal die Faust, musterte die schwellenden Adern an seinem Unterarm. Dann nahm er sich einen Apfel vom Obstteller, schälte ihn und betrachtete die Kringel, die sich wie rot-weiße Hobelspäne über seinen Daumennagel ringelten.
    »Ich krieg demnächst einen Haufen Geld. Ich glaube, ich geh nach Südamerika und stell geschäftlich was auf die Beine. Du kannst mitkommen«, sagte er.
    »Klar, Baby«, sagte sie und stellte fest, dass sie innerlich zitterte.
    »Dann geh jetzt nach Hause und denk drüber nach. Geh in dich. Morgen kommst du dann wieder her und sagst mir Bescheid ... Willst du noch mal aufs Klo, bevor du gehst? Du siehst aus, als ob dir jeden Moment was in die Hose geht.«
    Clete hatte sein Apartment zur Untermiete von einem Pärchen übernommen, das es jetzt zurückhaben wollte, offenbar nachdem der Hausverwalter in Florida angerufen und den beiden mitgeteilt hatte, dass Clete manchmal seinen Cadillac mit einem an den D-Ring angeketteten Kautionsflüchtling auf dem Rücksitz vor dem Haus parkte, während er duschte, und sich umzog oder etwas zu Mittag kochte. Einer der Männer hatte eine Viertelstunde lang aus dem Fenster gebrüllt und der ganzen Nachbarschaft kundgetan, dass er dringend aufs Klo musste.
    Am Samstagnachmittag besuchte Bootsie ihre Schwester in Lafayette, und Alafair und ich halfen Clete beim Umzug in ein mit braunem Mörtel verputztes Cottage, das auf dem Gelände eines aus den dreißiger Jahren stammenden Motels drunten am Bayou Teche stand. Das Grundstück war von immergrünen Eichen, Bananenstauden und Palmen gesäumt, und gegen Abend saßen die Leute, einfache Arbeiter zumeist, vor ihren Cottages und grillten. Die Sonne spiegelte sich auf dem Bayou und funkelte gold-gelb wie Whiskey, den man ins Kerzenlicht hält, zwischen den Bäumen hindurch.
    Nachdem wir Cletes Sachen von meinem Laster abgeladen hatten, zerrissen Clete und ich die Pappkartons und stopften sie in eine Mülltonne, während Alafair drinnen die Küchengeräte verstaute.
    »Ich besorg uns ein paar Poorboys«, sagte er.
    »Wir sollten lieber gehen«, sagte ich.
    »Ihr müsst was essen. Nur die Ruhe, Großer. Cletus hat das Kommando«, sagte er, stieg dann in seinen Cadillac und fuhr über die holprige Zufahrt zur East Main Street, ehe ich widersprechen konnte.
    Alafair kam aus dem Cottage und schaute nach links und rechts. Sie trug eine abgeschnittene Jeans, die sie über die Schenkel hochgerollt hatte, und ein künstlich gebleichtes, lavendelfarbenes T-Shirt, das förmlich von den Spitzen ihrer Brüste zu hängen schien. Ein Mann, der vor einem Cottage saß und Gitarre spielte, ließ den Blick von hinten über

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