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Straße ins Nichts (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Straße ins Nichts (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Straße ins Nichts (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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beherrschen, damit er nicht die Fäuste aneinander schlug. Es war zu schön, drei Gesichter rund um eine Kerzenflamme, die Köpfe in Dunkelheit gehüllt. Jetzt ging es nicht nur darum zu treffen, sondern es war die große Herausforderung – dem Opfer einen sauberen Schuss verpassen, ihm das Licht ausknipsen und die anderen außen herum unversehrt lassen, mit fassungslosen, ungläubigen Mienen und einer gallertartigen Masse auf der Haut, die sie nicht anfassen mochten.
    Das Schönste dabei war, dass sie den Schuss gar nicht hörten. Während die Leute schreiend im Kreis herumliefen, unter die Tische krochen und sich hinter geparkten Autos versteckten, konnte er seine Messinghülse einsammeln, zum Kombi zurückgehen und davonfahren. Was erzählten die Leute bei diesen schrottigen Talk-Shows im Fernsehen immer? Dass Politik und Sex einem das Gefühl von Macht und Stärke gäben? Von wegen.
    Die unzertrennlichen Zwei von der Mordkommission. Was für ein Witz. Ein Säufer und ein wabbliger Haufen Walfischtran mit einer Lizenz als Privatdetektiv. Gespannt und voller Vorfreude auf den großen Moment biss er sich auf die Unterlippe.
    Dann, nur eine Sekunde lang, sah er wieder vor sich, wie Jimmy Burgoynes Kopf bei dem in die Binsen gegangenen Hit am Atchafalaya zerplatzte, und er musste die Augen zukneifen, bis das Bild verschwunden war.
    Es fing an zu nieseln. Mit einem Mal kräuselten sich Regenringe auf dem Bayou, und zwischen den Wasserhyazinthen schnappten die Brassen nach Luft. Er öffnete die Augen, als wäre er aus dem Tiefschlaf aufgewacht, und beschloss, mehr Blumen für Jimmys Grab zu bestellen, seinen Eltern eine weitere Karte zu schicken und mit all den anderen übertriebenen Beileidsbezeugungen fortzufahren, die zumindest vorübergehend das Schuldbewusstsein wegen Jimmys Tod linderten.
    Dann regte sich wieder die Wut in seiner Brust, wie ein alter Freund, und vertrieb alle Selbstvorwürfe und düsteren Gedanken.
    Auf geht’s, Jungs und Mädels.
    Er schlug die Decke zurück, die er um das M-1A gewickelt hatte, die halbautomatische, zivile Version des alten M-14-Sturmgewehrs. Es war viel besser als all die anderen für den zivilen Bedarf modifizierten Kriegswaffen, mit Schalldämpfer und Zielfernrohr bestückt, tödlich genau, für Schnellfeuer geeignet und mit einem zwanzig Schuss fassenden Magazin, das mit .308er Teilmantelgeschossen geladen war. Er zog die Decke unter dem Gewehr hervor und hängte sie sich wie ein Zelt über den Kopf. Dann nahm er das Gewehr zur Hand, setzte ein Knie auf den Boden und drückte den Kolben an Schulter und Wange.
    Ein Männerkopf tauchte im Sucher des Zielfernrohrs auf, und Axel schmiegte den leicht geöffneten Mund an den Kolben, fast so, als wollte er die Lippen in die Halsgrube einer Frau drücken. Er atmete langsam aus und krümmte den Finger um den Abzug. Der ist für Jimmy und mich, dachte er.
    »Ich hab gehört, du wärst bei der Sitte der Schwärm aller Schwuchteln gewesen, bevor dich das NOPD hat Köpfe zerballern lassen«, sagte jemand hinter ihm.
    Axel rutschte die Decke von Kopf und Schultern, als er herumfuhr und in das Gesicht eines jungen Mannes starrte, der aussah wie ein Halbstarker aus den fünfziger Jahren. Wo hatte er dieses Gesicht schon mal gesehen? Auf einem Phantombild? Der Junge lächelte kurz, als wollte er sich vorstellen, dann schoss er Axel mit einer .22er Ruger-Automatik zwischen die Augen. Der Junge sah zu, wie Axel in das Schilfrohr torkelte, stupste dann mit dem Schuh Axels Kopf auf die Seite, beugte sich über ihn und jagte ihm eine zweite Kugel ins Ohr und eine dritte in die Schläfe.
    Danach nahm er die Decke und wischte die Spritzer ab, die auf dem Lauf seiner Pistole gelandet waren.
    Als die Schüsse losgingen, wollte der alte Schwarze gerade wieder die Uferböschung herabsteigen, um das Taschenmesser zu suchen, das er verloren hatte. Er blieb stocksteif stehen, aber sein Herz raste, während er zusah, wie der junge, dunkelhaarige Mann mit der bleichen Haut, der ihm kurz zuvor noch wie jemand vorgekommen war, der einen Spaziergang machen wollte, sich nach getaner Arbeit aufrichtete und mit einer Pistole in der Hand die Böschung erklomm.
    Der Schwarze wäre am liebsten davongerannt, aber seine Füße wollten ihm nicht gehorchen. Er wollte sagen: »Wenn Weiße Stunk haben, halt ich mich raus«, doch er kam nicht dazu.
    »Wie geht’s, Chef?«, sagte der junge Mann und ging an ihm vorbei, schüttelte eine Brille mit schwarzem Gestell aus dem

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