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Straße ins Nichts (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Straße ins Nichts (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Straße ins Nichts (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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ihre Beine wandern. Er schaute weg, als ich ihn anstarrte.
    »Wo ist Clete?«, fragte sie.
    »Er holt was zu essen.«
    Sie zog eine Schnute und schniefte. »Ich bin verabredet, Dave.«
    »Mit wem?«
    »Jemand, mit dem ich zur Schule gehe. Er hat keine zwei Köpfe. Er ist völlig harmlos. Genau genommen ist er schwul. Wie findest du das?«
    »Dagegen habe ich nichts einzuwenden, Alf.«
    »Ich heiße Alafair. Warum hast du mir keinen andern Namen gegeben, wenn du mich nicht so anreden willst?«
    »Nimm den Laster. Ich kann mit Clete fahren«, sagte ich.
    Sie reckte das Kinn hoch, tippte mit dem Fuß auf den Boden, stemmte die Hände in die Hüfte und schaute auf den Rauch der Grillfeuer, der durch die Bäume trieb. »So wichtig ist das nicht«, sagte sie.
    Ich schüttelte den Kopf, ging zur Straße und wartete auf Clete. Er stieß auf den Innenhof, stellte den Motor ab, lief dann zur Einfahrt zurück und schaute die East Main Street entlang.
    »Was ist los?«, fragte ich.
    »Ich könnte schwören, dass mich auf dem Parkplatz vor dem Winn-Dixie jemand mit einem Fernglas beobachtet hat«, sagte er.
    »Wer?«
    »Keine Ahnung. Ich hab eine Runde gedreht, um ihn mir anzuschauen, aber er war schon weg.«
    »Hast du dich wieder mit Ritter oder diesem Jennings angelegt?«, sagte ich.
    »Meiner Meinung nach hat Jennings sein Fett schon weg gekriegt. Und Ritter knöpf ich mir irgendwann mal vor.«
    Wir gingen zum Cottage zurück, aber er blickte ständig über die Schulter.
    »Alafair, nimm den Laster und fahr nach Hause, ja?«, sagte ich.
    »Hör bitte auf, mir ständig zu sagen, was ich tun soll«, erwiderte sie.
    Clete zog die Augenbrauen hoch und blickte zu den Spottdrosseln in den Bäumen auf, als hätte er plötzlich seine Liebe zur Ornithologie entdeckt.
    »Habt ihr Lust, an dem Tisch unten am Wasser zu essen?«, sagte er und holte eine Tüte Poorboys und einen Sechserpack Dr. Pepper aus dem Cadillac. Er wartete, bis Alafair außer Hörweite war, nahm dann die kalte Lucky Strike aus dem Mund und klemmte sie sich hinters Ohr. »Sag mal, Streak, wenn ich die Finger vom Sprit lasse und auch zu den Versammlungen gehe, werde ich dann genauso abgeklärt und gelassen wie du?«, sagte er.
    Während wir an einem Tisch zwischen den Kiefern saßen und aßen, überquerte ein hoch aufgeschossener, sehniger Mann mit einem kleinen roten japanischen Kombi eine Zugbrücke im Süden der Stadt und folgte dann der Straße, die am Teche entlang wieder nach Norden führte, bis er zu einem mit Gras bewachsenen Hang unmittelbar gegenüber dem Motelgelände kam.
    Er stieß mit seinem Auto die Böschung hinab, parkte bei einem Röhricht und ging mit Angel, Ködereimer und einem zusammengefalteten Segeltuchstuhl zum Ufer hinunter, wo er ihn aufklappte und sich hinsetzte.
    Ein älterer Schwarzer, der nichts gefangen hatte, stieg gerade die Böschung zur Straße hinauf. Er warf einen Blick auf das Gesicht des großen Mannes, schaute dann rasch wieder weg, versuchte seinen Schreck zu verbergen und hoffte, dass man es ihm nicht ansah.
    Der große Mann wirkte beunruhigt, leicht gereizt oder wütend, dass ihn jemand angeschaut hatte. Er blickte auf seinen Schwimmer, der zwischen den Seerosen trieb, und kehrte dem Schwarzen den Rücken zu. »Glück gehabt?«, sagte er, als spräche er zum Bayou.
    »Kein bisschen. Das Wasser ist zu hoch«, erwiderte der Schwarze.
    Der große Mann nickte, sagte aber nichts mehr, worauf der Schwarze zur Straße ging und auf sein Haus zulief, dessen Umrisse sich in der Ferne abzeichneten.
    Es dämmerte jetzt. Auf der anderen Seite des Bayous zündete Clete Purcel eine mit Chemikalien behandelte Kerze an, die die Mücken vertrieb. Der Angler saß auf dem Segeltuchstuhl und beobachtete mit einem Opernglas vom Rande des Röhrichts aus unsere Gesichter, die im Schein der Kerze wie gelbes Pergament leuchteten.
    Er kehrte zu seinem Kombi zurück, öffnete die Vorderund die Hintertür auf der Fahrerseite und schuf damit eine Art Sichtschutz. Er holte ein auf dem Boden liegendes, in eine Decke gewickeltes Gewehr heraus, trug es hinab zum Bayou und legte es neben sich ins Gras.
    Man muss nur auf Atmung und Herzschlag achten, das Ziel erfassen und immer dran denken, dass die Waffe ein Freund ist, ein verlängerter Arm, den man in den richtigen Winkel ausrichten muss, auf den Schnittpunkt der Linien, die man sich im Kopf ausmalt. Das hatte sein Vater immer gesagt.
    Allmählich spürte er wieder die altbekannte Erregung und musste sich

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