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Straße ins Nichts (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Straße ins Nichts (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Straße ins Nichts (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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zwischen die Finger geklemmt, in der anderen Hand ein goldenes Feuerzeug, und musterte die Schatten, die die Bananenstauden und die Palmwedel auf die Ziegelmauern warfen. Die gleißenden Strahlen der Spätnachmittagssonne, die sich auf dem Pool spiegelten, fielen über ihr Gesicht, als sie mit schmalen, verkniffenen Augen dastand, mit krampfhaft zuckenden Lippen die Zigarette fest hielt und etliche Male auf das Feuerzeug drückte, ohne dass der Funke übersprang. Ihr Teint wirkte mit einem Mal derb und rau, wie bei einer Bäuerin, so als bliese ihr ein eisiger Wind ins Gesicht.
    Ich schob das Foto wieder in den Umschlag, steckte ihn in die Tasche und ging über die Steinplatten in Richtung Tor. Drehte mich noch einmal um und warf einen Blick zurück, bevor ich unter die Pergola trat.
    Das goldene Feuerzeug. Es war ein altmodisches Modell, schmal und leicht, mit dunkel gemaserten Lederstreifen, die in das Gehäuse eingelassen waren, und einem flachen Hebel an der Oberseite, auf den man drücken musste, damit eine kleine Klappe aufschnappte und die Flamme entzündet wurde.
    Es war das gleiche Feuerzeug, das Jim Gable benutzte, um seine Zigarren anzuzünden.
    Sie stieß den Rauch schräg nach oben aus, als ihre Zigarette endlich brannte, hatte die in Sandalen steckenden Füße leicht nach außen gestellt, die Hände in die Hüfte gestützt, und blickte gedankenverloren vor sich hin.

21
    A m Montagmorgen suchte mich Little Face Dautrieve im Büro auf. Sie trug ein dunkles, mit grünen Blumen bedrucktes Kleid, Strumpfhosen und lavendelfarbene Pumps und hatte eine Hibiskusblüte im Haar stecken.
    »Haben Sie heute irgendwas Besonderes vor?«, sagte ich.
    »Yeah, weil Sie nämlich mit mir nach New Orleans fahren«, erwiderte sie.
    »Ist dem so?«
    »Ich hab Sie doch nicht ›trauriger Mann‹ genannt, weil Sie so aussehn. Das war bloß deswegen, weil Zipper Clum Sie zum Narren gehalten hat«, sagte sie.
    »Wie bitte?«
    »Zipper hat für sein Leben gern andere Leute niedergemacht, damit sie sich selber nicht mehr leiden können. Auf diese Weise hat er jemand wie mich dazu gekriegt, dass sie für ihn anschaffen geht. Und mit dem Crack, das er mir gegeben hat.«
    »Ich komme nicht ganz mit, Little Face.«
    »Sie haben mich nie gefragt, wie ich in die Szene geraten bin. Es ist über meine Tante in New Orleans gelaufen. Sie hat Zipper gekannt. Ich hab meine Tante dieses Wochenende besucht. Sie sagt, Zipper hat Ihnen ’nen Haufen Lügen über Ihre Mutter erzählt.«
    Ich besorgte mir einen Streifenwagen und fuhr mit Little Face auf der Vierspurigen über Morgan City nach New Orleans. Das hellgrüne Zuckerrohr stand hoch und dick auf den Feldern, und der Wind, der vom Golf wehte, zerrte am Wagen.
    »Warum machen Sie das?«, fragte ich.
    »Ich hab den Artikel in der Zeitung gelesen. Dass jemand auf Sie und den fetten Mann geschossen hat. Geht’s ihm gut?«
    »Klar.«
    »Richten Sie dem fetten Mann aus, dass ich zu Versammlungen geh«, sagte sie und schaute stur geradeaus, damit man ihr keinerlei Regung anmerkte.
    »Trauen Sie mir immer noch nicht so weit, dass Sie mir verraten, wie Vachel Carmouche umgekommen ist?«
    »Wenn in Louisiana ein Ordnungshüter umgebracht wird, muss jemand dafür büßen. Wurschtegal, wer das ist. Und die da droben schnallen auch noch jemand anders auf den Tisch, wenn man ihnen die Gelegenheit dazu gibt. Sagen Sie mir, dass ich mich irre, trauriger Mann.«
    Die Tante wohnte in einem schmalen Haus an der St. Andrew Street, zwischen der Straßenbahnlinie und dem Uferdamm des Mississippi. Sie war dreißig Jahre lang Prostituierte gewesen, hatte aber einen Teint, der glatt wie gelber Talg war, ohne jede Runzeln, dazu grau melierte Haare, die offen auf die Schultern fielen, türkisfarbene Augen und einen roten Mund, der noch immer verführerisch wirkte. Zumindest so lange, bis sie ihn aufmachte und man die schlechten Zähne sah und den schwarzen, vom Koks zerfressenen Gaumen.
    Sie saß auf der Polstercouch in ihrem kleinen Wohnzimmer und hatte die Hände unter den Knien verschränkt, damit der Bodenventilator ihren Rock nicht hoch blies. Draußen hörte ich die Straßenbahnen, die auf knirschenden Gleisen die St. Charles Avenue auf und ab fuhren.
    »Sie haben Mae Guillory gekannt?«, fragte ich.
    »Ich hab in einem Club im Bezirk Lafourche gearbeitet. Unten an der Purple Cane Road, kurz vor der Küste«, sagte sie.
    Ich wiederholte meine Frage. Die Tante, Caledonia Patout hieß sie, schaute Little Face

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