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Straße ins Nichts (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Straße ins Nichts (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Straße ins Nichts (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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an.
    »Robicheaux is anständig zu mir gewesen, Callie«, sagte Little Face, wich aber meinem Blick aus, so als bräche sie mit einem Grundsatz, den sie sich selbst auferlegt hatte.
    »Das war damals noch ein Club für Weiße. Ich hab hinten in den Hütten angeschafft. So hab ich Ihre Mutter kennen gelernt«, sagte Caledonia.
    »Meine Mutter hat hinten in den Hütten angeschafft?«, sagte ich und hustete kurz in die Hand, als hätte ich eine leichte Erkältung.
    »Nein, Ihre Mutter hat nicht angeschafft. Zipper hat Ihnen bloß etwas Glas ins Getriebe werfen wollen. Haben Sie die Brandnarbe auf seiner Backe gesehen, wie ein großer Ringelwurm? Die Cops haben ihm das angetan. Mae Guillory hat bedient, an der Bar ausgeholfen und manchmal auch gekocht. Sie hat mir erzählt, dass sie vor zwanzig Jahren mit ’nem Mann dort gelandet is, der wo Croupier beim Bouree gewesen is. Der Croupier hat TB gekriegt und ist gestorben. Deshalb hat sie ab und zu dort bedient. Ansonsten hat sie in anderen Lokalen in Morgan City und Thibodaux gearbeitet.«
    »Was ist mit ihr passiert, Caledonia?«
    Sie erzählte mir folgende Geschichte.
    Es war im Jahr 1967, im Spätherbst, als draußen im Golf ein Hurrikan aufzog. Der Himmel wurde gegen Abend grünlich, und ein drückend dumpfiger Geruch nach Seetang, Fischlaich und angeschwemmten Röhrenquallen, die am Strand verdorrten, hing in der Luft; man meinte förmlich die vom Sturm gepeitschten Brecher zu spüren, die über die vorgelagerten Inseln hinweg brandeten und zwischen den Strandbefestigungen und den Dünen aufgischteten.
    Der frühere Besitzer des Nachtclubs war kurz zuvor verstorben und hatte das Lokal seinem Halbbruder hinterlassen, einem Metzger namens Ladrine Theriot, der am Schlachthof gearbeitet hatte und sich von nichts und niemandem etwas bieten ließ. Da Ladrine schon seit jeher hatte Koch werden wollen, ließ er die Küche umbauen und tischte den Leuten in seinem Lokal Gumbo und allerlei Hühnergerichte mit ungeschältem Reis auf. Er stand für sein Leben gern am Herd, er liebte alle Frauen und wie einst mein Vater prügelte er sich mit jedem, der so dumm war, sich von ihm herausfordern zu lassen.
    Auf Mae Guillory wirkte Ladrine wie ein Widergänger aus ihrer Vergangenheit. Doch im Gegensatz zu meinem Vater war er kein Säufer.
    Mae arbeitete an dem Abend an der Bar, als die beiden Polizisten in einem Zivilstreifenwagen an der Hintertür vorfuhren, die Scheinwerfer ausschalteten und in Hut und Regenmantel aus der Dunkelheit kamen. Durch die Tür sah sie Ladrine, der in Unterhemd und Schürze an einem großen Hackstock stand und ein Schwein zerlegte, mit dem Beil durch Rippen und Rückgrat hieb, sah die kleinen, rosigen Fleischfetzen, die an den schwarzen Haaren auf seinen Schultern und Armen hingen. Die Gesichter der Polizisten sah sie nicht, nur ihre Schatten, die über den Hackstock fielen, doch das Gespräch, das einer der beiden mit Ladrine führte, konnte sie Wort für Wort mithören.
    »Bestellt den Itakern in New Orleans, dass ich Ihnen nix mehr abnehme. Jemand hat mir erzählt, dass in dem Gummi, den er aus dem Automaten gezogen hat, lauter Löcher waren. Das Bier, das sie liefern, is abgestanden, und auf der Musikbox läuft bloß Rock ’n’ Roll. Haben die Leute in New Orleans keine Cajun-Musik?«, sagte Ladrine.
    »Na schön, Sie wollen also einen anderen Lieferanten.«
    Ladrine nahm sich einen Stapel Koteletts vor, schälte die Schwarte ab und schnippte die abgetrennten grauen Fettstreifen mit seinem langen, scharfen Messer in eine Abfalltonne.
    »Und noch was andres«, sagte er. »Ich mach auch die Hütten dicht. Schickt mir künftig keine Mädels mehr her.«
    Er hielt mit dem Messer kurz inne und blickte auf, als wollte er seinen Standpunkt ein für alle Mal klar machen.
    »Nichts dagegen einzuwenden, Ladrine«, sagte der Polizist. »Aber Ihr Bruder schuldet den Leuten in New Orleans viertausenddreihundert Dollar und ein paar gequetschte. Wer den Club übernimmt, übernimmt auch die Schulden. Samt Zinsen und Zinseszinsen, die, tick-tack, tick-tack, Tag für Tag und Nacht für Nacht dazukommen. Ich würde an Ihrer Stelle zahlen.«
    »Ach, ihr wollt also euer Geld wieder haben? Geht auf den Friedhof. Mein Bruder hat einen Haufen Goldzähne im Mund. Die könnt ihr haben. Dem isses wurscht«, sagte Ladrine.
    Er nahm sich das nächste Kotelett vor und schälte mit zwei, drei Schnitten den Speckrand ab.
    Am übernächsten Abend kamen sie wieder. Ein Stück weiter

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