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Straße ins Nichts (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Straße ins Nichts (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Straße ins Nichts (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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südlich war ein Sturm über die Küste hinweggezogen, begleitet von Flutwellen, die ganze Bootsstege weggerissen und fortgespült hatten, und grellen Blitzen, in deren Schein das Zuckerrohr hin und her gepeitscht wurde, als ob der Wind aus allen vier Himmelsrichtungen zugleich wehte.
    Die beiden Polizisten rannten mitten durch den Regen in die Küche, wo einer von ihnen die Glühbirne aus der Fassung schraubte, die über dem Hackstock hing, sodass es mit einem Mal stockdunkel wurde.
    Im Nachtclub war wenig los. Mae stand hinter der Bar und starrte beklommen auf die Küchentür, meinte jeden einzelnen Pulsschlag im Hals zu spüren. »Callie und ich brauchen dich mal kurz hier draußen, Ladrine«, rief sie.
    »Dem passiert schon nichts. Kümmert euch um eure Arbeit«, sagte einer der Polizisten. »Ihr könnt uns einen Kaffee machen, wenn ihr wollt. Stellt ihn auf einen Stuhl vor die Tür.«
    »Ladrine hat doch gar nichts gemacht«, sagte Mae.
    »Er ist ein braver Junge. Und er wird auch ein braver Junge bleiben«, sagte der Polizist. »Das stimmt doch, nicht wahr, Ladrine?«
    »Halt dich da raus, Mae«, flüsterte ihr Callie ins Ohr.
    Mae konnte jetzt hören, wie sie sich drin im Dunkeln unterhielten, sah ihre Umrisse im flackernden Schein der Blitze, die über den Feldern zuckten. Ladrine wirkte sonderbar geknickt, saß zusammengesunken da, so als beuge er sich einem Befehl.
    »Nehmen Sie’s nicht persönlich. Aber Schulden müssen bezahlt werden. Wir lassen Sie leben. Aber Sie müssen auch uns leben lassen«, sagte der Polizist.
    Der Polizist nahm die Mokkatasse samt Untersetzer, Löffel und Zuckerwürfel, die Mae auf einem Stuhl für ihn hingestellt hatte. Er stand unter der Tür und trank einen Schluck, hatte ihr den Rücken zugekehrt, sodass nur seine Hände zu sehen waren, die unter den schwarzen Falten des Regenmantels hervorragten. Es waren kleine Hände mit gepflegten Nägeln, und sein Gesicht wirkte rosig und hübsch, als das Licht darauf spielte.
    »Die Giacanos sind ziemlich grob, was?«, sagte Ladrine.
    »Weiß ich nicht. Ich stell mich immer gut mit ihnen«, sagte der Polizist.
    »Ich denk drüber nach«, sagte Ladrine.
    »Ich wusste, dass Sie das sagen«, sagte der Polizist und legte die Hand auf Ladrines Arm, stellte dann die leere Tasse samt Untersetzer ab und ging mit seinem Partner hinaus in den wirbelnden Regen.
    »Ist alles in Ordnung, Ladrine? Die haben dir doch nichts getan, was?«, fragte Mae.
    »Mir fehlt nix«, erwiderte er mit bleicher Miene.
    Der Sturm verging, doch der nächste war bereits im Anzug. Am Morgen darauf war es grau und düster. Der Himmel war braun wie ein Pappkarton, die Felder waren überflutet, die unbefestigte Straße zog sich nass und gelb wie eine lange Narbe durch die Zuckerrohrfelder, und als Mae zur Arbeit fuhr, holperten ihre Reifen über armdicke Wassermokassinschlangen, die aus den Gräben gekrochen waren. Sie wischte die Böden und schleppte Müll zu den rostigen Eisenfässern hinter dem Lokal, bis sie um zehn Uhr morgens Ladrine mit einem Pick-up, an dessen Heck eine hydraulische Hebebühne montiert war, auf den Parkplatz fahren sah. Er stieg aus, knallte die Tür des Führerhauses zu und zerrte eine Handkarre über die hölzernen Treppenstufen in die Bar.
    Später hörte sie ihn hinten mit einem schweren Gegenstand herumhantieren, hörte dann das Winseln der hydraulischen Hebebühne, bevor er mit dem Pick-up wegfuhr.
    Mittags kehrte er zurück, öffnete die Registrierkasse und zählte etliche Scheine und Silbermünzen auf dem Tresen ab. Anschließend ging er noch einmal zur Kassenschublade, entnahm ihr einen weiteren Zehn-Dollar-Schein und legte ihn auf den Stapel, der bereits auf der Bar lag.
    »Ich muss dich entlassen, Mae«, sagte er.
    »Was hast du denn vor?«, sagte sie.
    Er schlug ein rohes Ei in ein RC-Cola und trank es.
    »Noch hab ich gar nix gemacht«, sagte er.
    »Du bist ein großer Dummkopf, der niemand hat, der sich um ihn kümmert. Ich geh nicht weg.«
    Sein Mundwinkel war mit Eigelb verschmiert, als er sie angrinste, und sie musste in diesem Moment an ihren Mann denken, der mit all seiner Tolldreistigkeit, seinem Mut und Leichtsinn zwar der Schrecken seiner Feinde war, aber auch immer wieder deren Opfer.
    Ladrine schlug das Telefonbuch von New Orleans auf und blätterte die weißen Seiten durch, bis er auf die Namen stieß, die mit dem Buchstaben »G« anfingen.
    Er griff unter die Bar, holte das Telefon hervor, stellte es vor sich auf den

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