Straße ins Nichts (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
hinter dem Haus ein federndes Sprungbrett und ein lautes Platschen hörte.
Ich ging am Haus vorbei, unter einer langen, mit Klettertrompeten überwucherten Pergola hindurch. Ich öffnete das Tor zum hinteren Garten und sah, wie Connie Deshotel in einem roten Bikini die gekachelte Treppe auf der seichten Seite ihres Swimming-Pools hochstieg.
Sie nahm ein Handtuch vom Liegestuhl, schüttelte die Haare aus, trocknete sich Gesicht und Hals und tupfte sich die Schenkel und die Rückseite ihrer Beine ab. Sie schlüpfte in ihre Sandalen, griff zu einem großen Krug und goss einen Schuss Bloody Mary in ein rot gestreiftes, mit Eis gefülltes Glas, aus dem eine Selleriestange ragte.
Ich wollte etwas sagen, dann wurde mir klar, dass sie mich aus dem Augenwinkel wahrgenommen hatte.
»Haben Sie Bootsie diesmal mitgebracht?«, fragte sie.
»Nein, es geht nach wie vor um eine dienstliche Sache«, erwiderte ich.
»Nun ja«, sagte sie, hielt sich das Handtuch an die Stirn und reckte das Kinn, als fände sie diese Störung zwar unerhört, dächte aber nicht daran, sich davon aus der Fassung bringen zu lassen. »Um welch wichtiges Anliegen geht es denn an diesem schönen Sonntagnachmittag?«
»Darf ich Platz nehmen?«
»Bitte sehr. Selbstverständlich.«
Sie setzte sich mir gegenüber an den Glastisch, der unter einem Sonnenschirm aus breiten, bunt lackierten Blechstreifen stand.
»Letzten Freitag habe ich mit dem Sheriff ein Gespräch über Leute unseres Alters geführt, und wir haben festgestellt, dass es eine interessante Gemeinsamkeit gibt«, sagte ich.
»Ach?«, sagte sie, während ihr Blick in den Garten schweifte.
»Was haben Sie gemacht, als Sie gehört haben, dass John Kennedy erschossen wurde?«
»Ich kam gerade aus dem Turnunterricht. Einige Mädchen standen weinend auf dem Flur.«
»Sehen Sie?«, sagte ich lächelnd. »Jeder kann sich ganz genau an diesen Moment erinnern. Niemand zögert auch nur eine Sekunde, wenn man ihn danach fragt.«
»Worauf wollen Sie hinaus?«
»Es geht um das Foto, das von Ihnen und den Eltern der beiden Labiche-Töchter aufgenommen wurde. Es lässt mir einfach keine Ruhe. Hier, ich hab’s mitgebracht«, sagte ich und zog einen braunen Briefumschlag aus der Innentasche meiner Jacke.
Doch bevor ich das Bild herausholen konnte, beugte sie sich vor, ergriff meine Hände, drückte mit beiden Daumen fest zu und heftete den Blick auf mich.
»Dave, lassen Sie es gut sein. Sie sind ein tüchtiger Mann. Aber Sie haben sich da in irgendetwas verrannt, das nicht das Geringste zu bedeuten hat«, sagte sie.
Ich entzog ihr meine Hände, fischte das Foto heraus und legte es auf den Tisch.
»Können Sie sich noch an das gesellige Beisammensein mit den Labiches erinnern?«, fragte ich.
»Nein, ganz und gar nicht.«
»Sehen Sie, hier in die Ecke hat jemand ›Weihnachten 1967‹ geschrieben. Sie sind also in einem Nachtclub, zur Zeit der Bürgerrechtsbewegung, Sie tragen ein Abendkleid mit Mieder, es ist um die Weihnachtszeit, und Sie befinden sich in der Gesellschaft eines berüchtigten Mulattenpaares, das von Zuhälterei lebt, aber Sie können sich nicht dran erinnern. Kommt Ihnen das nicht seltsam vor?«
Sie nahm eine große, mit einer Zugschnur verschlossene Ledertasche von den Steinplatten, kramte eine Schachtel Zigaretten und ein Feuerzeug heraus und legte sie auf den Tisch.
»Mir fällt zu dieser Sache wirklich nichts mehr ein. Möchten Sie vielleicht ein Diet Coke, eine Limonade, einen koffeinfreien Kaffee, ein Eiswasser oder irgendwas anderes, das Sie sonst noch trinken?«
»Siebenundsechzig hatten Sie gerade die Polizeiakademie hinter sich. Können Sie es denn nachvollziehen, dass eine junge Polizistin mit den Labiches zusammen ist, möglicherweise sogar an Heiligabend, und sich nicht mehr daran erinnern kann? Schauen Sie mich an und sagen Sie es mir?«
»Tun Sie mir einen Gefallen, Dave. Gehen Sie heim zu Ihrer Frau. Verkaufen Sie Ihren Freunden Würmer. Spielen Sie mit dem Sheriff Rätselraten. Aber ... gehen Sie.«
»Da draußen geht ein übler Typ namens Johnny Remeta um. Er ist derjenige, der Axel Jennings um die Ecke gebracht hat, falls Sie es noch nicht gehört haben sollten. Er hat einen schweren Schlag weg, hält sich für meinen Schutzengel. Ich möchte Remeta nicht auf dem Hals haben. Kapieren Sie, worauf ich hinauswill, Connie?«
Sie antwortete nicht. Stattdessen schien eine sonderbare Verwandlung in ihr vorzugehen. Sie stand auf, hatte eine kalte Zigarette
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